1.1 Überblick über die Vorschrift/Gesetzeszweck
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 4 Nr. 22 UStG beruht auf sozialpolitischen und kulturellen Erwägungen. Zweck der Vorschrift ist es, Einrichtungen, die der Erwachsenenbildung dienen, wegen ihrer kulturellen Bedeutung steuerlich zu entlasten und dadurch die allgemeine Bildungsarbeit zu fördern. Die Befreiungsvorschrift steht in ihrer Zielrichtung i. Z. m. §§ 4 Nr. 21 und 4 Nr. 23 UStG, durch die ebenfalls der Bildungsbereich begünstigt wird. Während § 4 Nr. 21 UStG die Steuerfreiheit für bestimmte Schul- und Berufsbildungsmaßnahmen gewährt, begünstigt § 4 Nr. 22 UStG außerschulische Bildungsleistungen, vornehmlich bei der Erwachsenbildung. Bei den Befreiungsvorschriften kann es zu Überschneidungen kommen.
Rz. 2
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Durch die zum 01.01.1980 neu aufgenommene Regelung in § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG (kulturelle und sportliche Veranstaltungen) soll verhindert werden, dass aktive Teilnehmer an kulturellen und sportlichen Veranstaltungen mit USt belastet werden.
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 3
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Durch das Elfte UStÄndG vom 16.08.1961 war § 47 Nr. 2 der UStDB in § 4 Nr. 24 UStG 1951 übernommen worden. Die bis dahin geltende Steuerbefreiung für die von öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder von Volkshochschulen veranstalteten Vorträge wissenschaftlicher und belehrender Art war gleichzeitig auf Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien ausgedehnt worden. Außerdem wurden neben den Vorträgen auch Kurse und sonstige Veranstaltungen wissenschaftlicher und belehrender Art von der USt befreit. Durch die Einfügung der Kurse und sonstigen Veranstaltungen sollte klargestellt werden, dass außer den Veranstaltungen, bei denen das gesprochene Wort im Vordergrund steht, auch Arbeitsgemeinschaften, Seminare, Exkursionen und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher und belehrender Art unter die Steuerbefreiung fallen können.
Rz. 4
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Durch das UStG 1967/1973 wurde § 4 Nr. 24 UStG 1951 in § 4 Nr. 22 UStG überführt und der Anwendungsbereich der Vorschrift nochmals erweitert. Begünstigt wurden auch die entsprechenden Leistungen von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder den Zwecken eines Berufsverbands dienen. An die Stelle des Begriffs der öffentlich-rechtlichen Körperschaften trat der Begriff der "juristischen Personen des öffentlichen Rechts". Außerdem mussten die begünstigten Leistungen nicht mehr "wissenschaftlicher und belehrender Art", sondern "wissenschaftlicher oder belehrender Art" sein.
Rz. 5
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§ 4 Nr. 22 Buchst. a UStG wurde durch das UStG 1980 zum 01.01.1980 unverändert aus § 4 Nr. 22 UStG 1967/1973 übernommen. Gleichzeitig wurde § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG neu in das Gesetz eingefügt. Die Steuerbefreiung wurde damit auf (andere) kulturelle und sportliche Veranstaltungen ausgedehnt, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht. Dadurch sollte verhindert werden, dass aktive Teilnehmer an kulturellen und sportlichen Veranstaltungen mit USt belastet werden. Die Steuerbefreiung erstreckt sich damit z. B. auf Startgelder bei einer Sportveranstaltung. Sie gilt nicht, wenn das Entgelt in Eintrittsgeldern der Zuschauer besteht.
Rz. 6
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Durch das Steueränderungsgesetz 2001 (StÄndG 2001) wurde in § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG das Wort "Unkosten" durch "Kosten" ersetzt.
Rz. 7
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Im Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2013 war vorgesehen, § 4 Nr. 21 UStG neu zu fassen und § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG zu streichen. Durch diese Neufassungen sollte die Terminologie des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL umfassend umgesetzt werden und es wurde kein Bedarf für Buchst. a mehr gesehen (BT-Drucks. 17/10000, 89). Im Gesetzgebungsverfahrens wurde aber die geplante Neuregelung aus dem Entwurf herausgenommen, denn man sah unionsrechtlichen Klärungsbedarf und wollte das Urteil des EuGH in der schwebenden Rechtssache C-319/12 abwarten (Finanzausschuss, Beschlussempfehlung vom 24.10.2012, BT-Drucks. 17/11190).
Rz. 8
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Auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 09.08.2019 (BR-Drucks. 356/19) sah eine umfassende Neuregelung der Bildungsleistungen vor und wollte § 4 Nr. 21 und Nr. 22 Buchst. a UStG an das Unionsrecht und die EuGH-Rechtsprechung anpassen. Die Neuregelung stieß jedoch auf großen Gegenwind der betroffenen Anbieter und deren Verbände und wurde letztlich ersatzlos gestrichen (vgl. Müller, UR 2019, 836).
1.3 Unionsrechtliche Grundlagen
Rz. 9
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§ 4 Nr. 22 Buchst. a UStG beruht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL.
Danach befreien die Mitgliedstaaten von der USt:
- Erziehung von Kindern und Jugendlichen,
- Schul- und Hochschulunterricht,
- Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat an...