Fabian Hammler, Nicole Stumm
1.1 Überblick über die Vorschrift
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 18k UStG, der zum 01.04.2021 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 50 Abs. 5 JStG 2020 vom 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096), regelt die Besteuerung von Fernverkäufen von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR (verbrauchsteuerpflichtige Waren sind von der Anwendung der Sonderregelung ausgeschlossen, vgl. § 18k Abs. 1 S. 4 UStG).
Rz. 2
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Er ist erstmals auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 30.06.2021 ausgeführt wurden (§ 27 Abs. 33 S. 1 UStG).
Rz. 3
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Dieses Besteuerungsverfahren findet sowohl auf in der Gemeinschaft ansässige Unternehmer Anwendung als auch auf im Drittland ansässige Unternehmer, wobei § 18k Abs. 1 S. 3 UStG die Anwendung der Sonderregelung für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer von weiteren Voraussetzungen abhängig macht (vgl. auch Rz. 4).
Rz. 4
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die folgenden Unternehmer können das IOSS-Verfahren gem. § 18k UStG in Anspruch nehmen:
- in der Gemeinschaft ansässige Unternehmer (vgl. § 18k Abs. 1 S. 1 UStG),
- im Drittland ansässige Unternehmer, wenn das Drittland, in dem sie ansässig sind, in der Durchführungsverordnung entsprechend Art. 369m Abs. 3 der Richtlinie 2006/112/EG aufgeführt ist (vgl. § 18k Abs. 1 S. 1 i. V. m. S. 3 1. HS UStG; nach Art. 369m Unterabs. 2 Abs. 3 MwStSystRL erlässt die Kommission einen Durchführungsrechtsakt, um die Liste der für Zwecke des IOSS-Verfahrens anerkannten Drittländer festzulegen. Derzeit ist dies nur Norwegen (vgl. Kombert/Kratz/Stumm, Rz. 136, Fußnote 92), und
- im Drittland ansässige Unternehmer, die durch einen in der Gemeinschaft ansässigen Vertreter vertreten werden und die Vertretung dem FA entsprechend angezeigt wird (§ 18k Abs. 1 S. 1 i. V. m. S. 3 2. HS UStG; der Unternehmer kann in dem Fall nicht mehr als einen Vermittler (Vertreter) gleichzeitig benennen, vgl. Art. 369m MwStSystRL).
HINWEIS
Die Sonderregelung des § 18k UStG ist als Wahlrecht ausgestaltet. Alternativ kann auch die Sonderregelung gem. § 21a UStG genutzt werden oder aber die Ware im Standardverfahren importiert werden.
Im Rahmen der aktuellen Diskussionen auf EU-Ebene (Stichwort: "ViDA" – VAT in the Digital Age bzw. Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter) wird eine verpflichtende Anwendung des Besteuerungsverfahrens IOSS für bestimmte Lieferkonstellationen diskutiert (vgl. zur weiteren Entwicklung Rz. 9).
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 5
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit dem sog. Mehrwertsteuer-Paket für den elektronischen Handel hat die Europäische Union ein Bündel an verschiedenen Maßnahmen zusammengestellt, um den europäischen Binnenmarkt zeitgemäß auszugestalten und insbesondere durch eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der mehrwertsteuerlichen Regeln gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen zu schaffen. Ziel war und ist es, eine faire und wirksame Besteuerung zu erreichen (vgl. Kombert/Kratz/Stumm, Rz. 3 f.).
Rz. 6
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Mit den weitreichenden Änderungen zum 01.07.2021 wurde neben neuen materiellrechtlichen Regelungen
- das Verfahren "VAT on e-Services" zum sog. One-Stop-Shop, Nicht-EU-Regelung (kurz Non-EU-OSS-Verfahren, § 18i UStG) eingeführt,
- der Mini-One-Stop-Shop zum sog. One-Stop-Shop, EU-Regelung (kurz EU-OSS-Verfahren, § 18j UStG) erweitert sowie
- ein weiteres besonderes Besteuerungsverfahren, das sog. Import-One-Stop-Shop-Verfahren (kurz IOSS-Verfahren, § 18k UStG),
eingeführt. Die Regelungen zum (I)OSS-Verfahren wurden bereits zum 01.04.2021 eingeführt, um eine rechtzeitige Registrierung sowie Teilnahme der betreffenden Unternehmer an den Verfahren ab dem 01.07.2021 zu ermöglichen (Kombert/Kratz/Stumm, Rz. 108).
Rz. 7
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit Datum vom 08.12.2022 hat die EU Kommission ihren Legislativvorschlag zur "Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter" (VAT in the Digital Age, ViDA) vorgelegt (vgl. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Mehrwertsteuervorschriften für das digitale Zeitalter, abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52022PC0701). Dieser Vorschlag gliedert sich in die folgenden drei Säulen: Mehrwertsteuermeldepflichten und elektronische Rechnungsstellung, mehrwertsteuerliche Behandlung der Plattformwirtschaft sowie einzige Mehrwertsteuerregistrierung in der EU (https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/13186-Mehrwertsteuer-im-digitalen-Zeitalter_de).
Rz. 8
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit den in Säule drei ("einzige Mehrwertsteuerregistrierung in der EU") vorgeschlagenen Änderungen wird das Ziel verfolgt, (zusätzliche) Registrierungspflichten von Unternehmern im EU-Ausland zu vermeiden und somit den administrativen Aufwand und die entsprechenden Erklärungspflichten zu reduzieren (vgl. beispielsweise S. 3 Punkt 3 im Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Mehrwertsteuervorschriften für das digitale Zeitalter). In diesem...