Fabian Hammler, Nicole Stumm
1.1 Überblick über die Vorschrift
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die starke Zunahme des E-Commerce, dessen treibende Kraft elektronische Schnittstellen wie z. B. die Online-Marktplätze ebay oder Amazon sind, führte zu einem vereinfachten Zugang ausländischer Händler zum europäischen bzw. inländischen Markt. Insbesondere bei Umsätzen mit Drittlandsbezug war die Besteuerung nicht immer sichergestellt; gleichzeitig waren die Möglichkeiten der Finanzverwaltung zur Prüfung und Durchsetzung der Besteuerung gegenüber diesen ausländischen Nutzern von Online-Marktplätzen sehr begrenzt.
§ 25e UStG verfolgt die Idee, die Betreiber elektronischer Schnittstellen, die von dem E-Commerce-Geschäftsmodell besonders profitieren, zur Sammlung und Bereitstellung der für die Besteuerung der auf der elektronischen Schnittstelle registrierten Marktteilnehmer erforderlichen Daten anzuhalten und für Steuerausfälle haftbar zu machen, wenn sie diesen Verpflichtungen nicht nachkommen bzw. Lieferungen von Unternehmern auf ihren Schnittstellen unterstützen, die ihre umsatzsteuerlichen Verpflichtungen nicht erfüllen. Zu diesem Zweck wurden besondere Pflichten der Betreiber elektronischer Schnittstellen in § 22f UStG festgeschrieben. Die Aufzeichnungspflichten nach § 22f UStG gehen allerdings über die vom Haftungstatbestand des § 25e UStG umfassten Fälle hinaus, da die Haftung auf inländische Umsatzsteuer beschränkt ist (vgl. Grambeck in Weymüller, BeckOK § 25e Rn. 32).
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 2
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Eingeführt wurde der Haftungstatbestand des § 25e UStG mit dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BGBl I 2018, 2338) vom 11.12.2018. Das Gesetz trat zum 01.01.2019 in Kraft. In Bezug auf § 25e UStG wurde jedoch eine Anwendungsregelung in § 27 Abs. 25 UStG geschaffen, die vorsieht, dass eine Haftung für im Drittland ansässige Unternehmer nach § 25e Abs. 1–4 UStG erstmals ab dem 01.03.2019, für alle übrigen Unternehmer erstmals ab dem 01.10.2019 in Betracht kommt.
Durch das Jahressteuergesetz 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) erfuhr die Norm einerseits Anpassungen an die neu eingeführte Begrifflichkeit der "elektronischen Schnittstelle" (zuvor "elektronischer Marktplatz"), wie sie z. B. in § 3 Abs. 3a UStG in Umsetzung des Art. 14a MwStSystRL für die i. g. Fernverkäufe übernommen wurde. Andererseits wurde ihr Anwendungsbereich auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen der Betreiber einer elektronischen Schnittstelle nicht bereits gem. § 3 Abs. 3a UStG in eine fiktive Leistungskette einbezogen ist (vgl. § 25e Abs. 1 S. 1 2. HS UStG) und die Umsatzsteuer auf die Lieferung an den Endverbraucher ohnehin in eigener Person schuldet, sodass für eine Haftung kein Raum mehr bleibt (vgl. Heuermann in Sölch/Ringleb, UStG, § 25e Rn. 4).
Ergänzende Meldepflichten für digitale Plattformen (DAC-7-Richtlinie)
Neue EU-Steuertransparenzvorschriften für digitale Plattformen sehen seit dem 1. Januar 2023 umfangreiche Melde- und Sorgfaltspflichten vor. Sie verpflichten Anbieter digitaler Plattformen, den europäischen Steuerbehörden unter gewissen Voraussetzungen Informationen über Transaktionen ihrer registrierten Verkäufer offenzulegen. Der erste Meldetermin war der 31. Januar 2024 für den Meldezeitraum des Kj. 2023 (vgl. aber Übergangsregelung gem. Newsletter des BZSt vom 05.01.2024, veröffentlicht unter: https://www.bzst.de/SharedDocs/Newsletter/DAC7/20240104_dac7_01_2024.html?nn=123960). Die Richtlinie (EU) 2021/514 vom 22. März 2022 war zum 1. Januar 2023 in nationales Recht umzusetzen. Dies erfolgte in Deutschland durch das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG) vom 20. Dezember 2022 (BGBl I 2022, 2730) – vgl. hierzu BMF-Schreiben vom 2. Februar 2023 (IV B 6 -S 1316/21/10019 :025).
1.3 Geltungsbereich
1.3.1 Sachlicher Geltungsbereich
Rz. 3
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 25e UStG regelt die Haftung für die inländische Umsatzsteuer, die aus Lieferungen geschuldet wird, die von dem Betreiber einer elektronischen Schnittstelle unterstützt wurden. Es muss sich daher um im Inland steuerbare Lieferungen handeln. Eine entsprechende Haftungsnorm für die Unterstützung der Erbringung sonstiger Leistungen durch Betreiber elektronischer Schnittstellen existiert bisher nicht. Nach § 3 Abs. 11a UStG kommt jedoch auch im Bereich sonstiger Leistungen die Fiktion einer Leistungskette in Betracht, wenn ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet wird, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird (vgl. § 3 Rn. 196 ff.). Darüber hinaus wurde am 08.12.2022 ein Richtlinienentwurf der EU-Kommission veröffentlicht, der eine Ausweitung der Leistungskettenfiktion auf bestimmte sonstige Leistungen (kurzfristige Vermietung sowie Personenbeförderungen) vorschlägt.
1.3.2 Persönlicher Geltungsbereich
Rz. 4
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 25e UStG gilt für jeden, der mittels einer elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands unterstützt, also sog. Betreiber ist (§ 25e Abs. 1 S. 1 UStG). Ob der Betreiber im In- oder Ausland ansäs...