Dipl.-Betriebsw. Karl Birgel
1.1 Überblick über die Vorschrift
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die USt ist eine Verbrauchsteuer. Sie unterwirft als eine der ältesten Steuerarten den ganz überwiegenden Teil der Liefer- und Leistungsvorgänge im Wirtschaftsleben der Besteuerung. Die Gesetzgebungskompetenz liegt beim Bund, das UStG ist zustimmungspflichtiges Bundesgesetz (Art. 105 Abs. 2 GG). Das Aufkommen aus der USt steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Art. 106 Abs. 3 GG), die Verwaltung der USt obliegt den FA als Landesfinanzbehörden (Art. 108 Abs. 2 und 3 GG).
Rz. 2
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Nach der Umstellung von der kumulativen Allphasen-Brutto-Umsatzsteuer auf das System der Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug zum 01.01.1968 war die USt über zwei Jahrzehnte, in denen die Steuersätze schrittweise von anfangs 10 % auf nunmehr 19 % angehoben wurden, ein vergleichsweise ruhiger Bereich des Steuerrechts. Mit der Angleichung des nationalen Umsatzsteuerrechts an Gemeinschaftsrecht im Zuge der Verwirklichung des Binnenmarkts, spätestens seit dem Wegfall der i. g. Grenzen zwischen den damaligen EG-Mitgliedstaaten zum 01.01.1993, hat sich auch dies geändert. Das Umsatzsteuerrecht ist zu einem der komplexesten Steuerthemen geworden.
Rz. 3
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Die Vorschrift des § 1 UStG normiert die Voraussetzungen der Steuerbarkeit, nennt die konkreten Besteuerungstatbestände (Lieferung, sonstige Leistung, Einfuhr, i. g. Erwerb) und regelt bestimmte Sonderfälle (Geschäftsveräußerung im Ganzen, Freihafenumsätze, Veredelungsverkehr). Darüber hinaus enthält § 1 UStG Begriffsdefinitionen (Inland, Ausland, Gemeinschaftsgebiet, Drittland).
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 4
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Die Vorschrift hat ihre Wurzeln bereits im UStG 1918 und ist im Laufe der Zeit mehrfach geändert worden. Zum zeitlichen Anwendungsbereich nachfolgend vgl. Rz. 7 ff.
1.3 Geltungsbereich
1.3.1 Sachlicher Geltungsbereich
Rz. 5
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§ 1 UStG regelt als eine der grundlegenden Vorschriften des UStG dessen Steuergegenstand und Geltungsbereich.
1.3.2 Persönlicher Geltungsbereich
Rz. 6
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§ 1 UStG sieht hinsichtlich des persönlichen Geltungsbereichs keine Beschränkungen vor und gilt daher zunächst für alle Unternehmer i. S. d. § 2 UStG. Einschränkungen ergeben sich jedoch aus anderen Vorschriften des UStG (vgl. § 19 Abs. 1 S. 4 UStG für Kleinunternehmer, § 25a Abs. 6 S. 1 UStG für die Differenzbesteuerung). Das Gesetz legt jedoch ggf. auch Nichtunternehmern Pflichten auf (vgl. § 1b UStG).
1.3.3 Zeitlicher Geltungsbereich
Rz. 7
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Wesentliche Änderungen zum UStG sind durch das StEntlG 1999/2000/2002 eingebracht worden, das zum 01.04.1999 im Hinblick auf die Vorgaben der 6. EG-RL zum Wegfall der bisherigen Eigenverbrauchstatbestände (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b Nr. 2, Nr. 3 UStG a. F.) führte und die weiterhin zu besteuernden Sachverhalte nunmehr in § 3 Abs. 1a, Abs. 9a UStG den entsprechenden entgeltlichen Leistungen gleichstellt.
Rz. 8
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Durch das StÄndG 2003 sind die Begriffe Einfuhr (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG) und Inland (§ 1 Abs. 2 S. 1 UStG) neu definiert worden.
Rz. 9
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Weitere Änderungen des UStG erfolgten zum 01.01.2005 durch das Gesetz zur Umsetzung von EU-RL in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG vom 09.12.2004, BStBl I 2004, 1158 [1166]), jedoch ohne Auswirkungen auf § 1 UStG.
Rz. 10
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Zur Harmonisierung der umsatzsteuerlichen Bestimmungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen hat die EU die Regelungen zum Leistungsort durch das "Mehrwertsteuerpaket 2010" in der europäischen "Mehrwertsteuersystemrichtlinie" (MwStSystRL) als Nachfolgevorschrift der 6. EG-RL neu gefasst. Das deutsche UStG wurde durch das Jahressteuergesetz 2009 (Gesetz vom 19.12.2008, BStBl I 2009, 74) angepasst; die Neuerungen gelten ab dem 01.01.2010.
1.4 Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen und Verhältnis zu anderen Vorschriften
Rz. 11
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§ 1 UStG beruht auf den Vorgaben der Art. 1 ff., Art. 9 ff. MwStSystRL, die im Ergebnis auch zum Wegfall der bisherigen Eigenverbrauchstatbestände (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2, Nr. 3 UStG a. F.) führten (vgl. Rz. 7).