1.1 Überblick über die Vorschrift
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 4 Nr. 8 UStG stellt bestimmte Finanzumsätze umsatzsteuerfrei. Dabei gehört die Vorschrift zum "Inventar" des Umsatzsteuerrechts und geht bereits auf das UStG 1929 zurück (vgl. Rz. 4 ff.).
Rz. 2
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Dabei erfasste die Vorschrift schon immer
- nur ausgewählte Finanzumsätze (vgl. Rz. 9),
- diese dafür aber von allen Unternehmern (vgl. Rz. 10).
Rz. 3
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§ 4 Nr. 8 UStG enthält eine unechte Steuerbefreiung (vgl. § 4 Rz. 3 f.), für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG grundsätzlich ausgeschlossen ist (die Finanzverwaltung spricht hier auch von sog. Ausschlussumsätzen, vgl. Abschn. 9.2. Abs. 3 S. 1 UStAE; im Gegensatz dazu zeichnen sich sog. Abzugsumsätze dadurch aus, dass sie das Recht zum Vorsteuerabzug eröffnen). Allerdings bleibt der Vorsteuerabzug bei bestimmten nach § 4 Nr. 8 Buchst. a–g UStG dem Grunde nach steuerfreien Umsätzen mit Drittlandsbezug bestehen (vgl. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. b UStG und vgl. Rz. 18). Ausgenommen hiervon ist damit u. a. die Befreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG für die Verwaltung bestimmter Sondervermögen (vgl. Rz. 133 ff.). Hier kann auch im Falle von Umsätzen mit Drittlandsbezug keine Vorsteuer gezogen werden (vgl. BFH vom 22.11.2018, V R 21/17, BStBl II 2020, 520, Rn. 18). Die Steuerbefreiung kann sich damit bei Geschäften zwischen grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmern nachteilig auswirken. Um Letzteres zu vermeiden, sieht § 9 Abs. 1 UStG für die in § 4 Nr. 8 Buchst. a–g UStG genannten Umsätze die Möglichkeit des Verzichts auf die Steuerbefreiung vor (vgl. § 4 Rz. 7). Dieser Verzicht wird auch als "Option zur Umsatzsteuer" bezeichnet). Keine Optionsmöglichkeit besteht für Umsätze i. S. v. § 4 Nr. 8 Buchst. h und i UStG.
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 4
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§ 4 Nr. 8 UStG gehört zum "Inventar" des deutschen Umsatzsteuerrechts. Finanzgeschäfte der in der Vorschrift bezeichneten Art waren von Anfang an steuerfrei (vgl. § 2 Abs. 2 UStG 1919, § 2 Abs. 2 UStG 1926, § 2 Abs. 5 UStG 1932, § 4 Nr. 8 UStG 1951).
Rz. 5
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Bis zum 31.12.1999 befreite § 4 Nr. 8 Buchst. k UStG Geschäfte mit Gold von der USt. Die Steuerbefreiung schloss den Vorsteuerabzug grundsätzlich aus (vgl. § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG), gab dem leistenden Unternehmer jedoch bei Umsätzen an Unternehmer die Möglichkeit der Option zur Umsatzsteuerpflicht (vgl. § 9 Abs. 1 UStG). Das Steuerbereinigungsgesetz 1999 hatte die bisherige Steuerbefreiung für Goldgeschäfte des § 4 Nr. 8 Buchst. k UStG aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen aufgehoben und die Besteuerung von Umsätzen mit Anlagegold im extra eingeführten § 25c UStG ab dem 01.01.2000 vollkommen neu geregelt (vgl. § 25c Rz. 1 f. und vgl. § 25c Rz. 3).
Rz. 6
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M. W. v. 01.01.2002 hatte das Steueränderungsgesetz 2001 (StÄndG 2001 vom 20.12.2001 BGBl I 2001, 3794) in § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG den Begriff der Geldforderungen durch den der Forderungen ersetzt und den sachlichen Geltungsbereich auf Umsätze im Geschäft mit Schecks und anderen Handelspapieren ausgedehnt.
Steuerfrei gehandelt werden können damit seit dem 01.01.2002 alle Forderungen ohne Rücksicht auf den Schuldgrund oder -gegenstand, mithin auch Sach- oder Warenforderungen (vgl. aber Rz. 63).
Rz. 7
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Durch das Gesetz zur Reform der Investmentbesteuerung (Investmentsteuerreformgesetz – InvStRefG) vom 19.07.2016 (BGBl I 2016, 1730) wurde eine grundlegende Reform der Investmentbesteuerung beschlossen. Hierzu wurde durch Art. 1 InvStRefG das InvStG m. W. z. 01.01.2018 neu gefasst. Diese Neufassung erforderte auch eine Änderung der Gesetze, die Bezug auf das InvStG nehmen. Daher wurde durch Art. 5 InvStRefG der Wortlaut der Steuerbefreiung für die "Verwaltung von Investmentfonds i. S. d. Investmentsteuergesetzes" des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ebenso m. W. z. 01.01.2018 neu gefasst. Mit dem Gesetz zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1160 zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG und 2011/61/EU im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Vertrieb von Organismen für gemeinsame Anlagen (Fondsstandortgesetz – FoStoG) vom 03.06.2021 (BGBl I 2021, 1498) wurde die Regelung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG erneut angepasst und um eine Befreiung für die Verwaltung von Wagniskapitalfonds ergänzt. Mit der letzten Anpassung des Wortlauts von § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG durch das Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz – ZFG) vom 14.12.2023 (BGBl I 2023, Nr. 354) wurden diese Änderungen mit Wirkung zum 01.01.2024 wieder zurückgenommen und der Befreiungstatbestand insgesamt signifikant erweitert.
Rz. 8
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zur Rechtsentwicklung ausführlich Huschens in V/S, § 4 Nr. 8 Rz. 1 ff.; Philipowski in R/D, § 4 Nr. 8 Vorbemerkung A1 und Anm. 2 ff.; Prätzler in B/W, Abschnitt II, Kapitel II, A. Bank- und Finanzumsätze, § 4 Nr. 8 UStG, I. Einführung, 2. His...