1.1 Überblick über die Vorschrift/Gesetzeszweck
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Vorschrift befreit bestimmte Leistungen der Wohnungseigentümergemeinschaften an die Wohnungs- und Teileigentümer. Vorrangig dient die Vorschrift dazu, die Wohnungs- und Teileigentümer hinsichtlich der Umsatzsteuerbelastung den Mietern und Eigentümern von Einfamilienhäusern soweit wie möglich gleichzustellen: ohne die Steuerbefreiung unterlägen die von der Gemeinschaft erbrachten Leistungen der Umsatzsteuer; diese wäre auf die Mitglieder umzulegen und von diesen – i. d. R. ohne die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug – zu tragen. Weiterer Zweck der Vorschrift ist es, Schwierigkeiten bei der Abgrenzung steuerbarer und nichtsteuerbarer Leistungen der Gemeinschaft zu vermeiden. Befreit werden sollen also Leistungen, die bei einer Erbringung gegenüber Mietern nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei wären, weil sie als unselbstständige Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung (Vermietungsleistung) teilen würden.
Rz. 1a
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Auf die Steuerbefreiung kann gem. § 9 UStG verzichtet werden (vgl. Rz. 26 ff.)
1.2 Geltungsbereich
1.2.1 Persönlicher Geltungsbereich
Rz. 2
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§ 4 Nr. 13 UStG begünstigt ausschließlich Leistungen von Wohnungseigentümergemeinschaften i. S. d. Wohnungseigentumsgesetzes (§§ 1ff. WoEigG; vgl. Weimann/Raudszus, UR 1997, 462).
1.2.2 Sachlicher Geltungsbereich
Rz. 3
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Sachlich beschränkt § 4 Nr. 13 UStG die Steuerbefreiung in zweifacher Hinsicht:
- Begünstigt sind ausschließlich die im Katalog des § 4 Nr. 13 HS 2 UStG bezeichneten Leistungen.
- Empfänger der Leistungen müssen die einzelnen Wohnungs- oder Teileigentümer sein.
1.2.3 Zeitlicher Geltungsbereich
Rz. 4
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Die Steuerbefreiung der Leistungen von Wohnungseigentümergemeinschaften wurde bereits im Jahre 1964 als § 4 Nr. 27 UStG in das damals gültige UStG 1951 eingefügt und bei der Umstellung auf das Mehrwertsteuersystem als unverändert als § 4 Nr. 13 UStG 1967 übernommen. Die Befreiung der Wohnungseigentümergemeinschaften ist ab 1980 ausdrücklich auch auf Leistungen an Teileigentümer ausgedehnt worden; die h. M. sieht hierin lediglich eine Klarstellung.
1.3 Zivilrechtliche Grundlagen
Rz. 5
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Das Verständnis der Steuerbefreiung setzt die Kenntnis der zivilrechtlichen Grundlagen voraus; diese ergeben sich aus §§ 1ff. WoEigG (vgl. auch Weimann/Raudszus, UR 1997, 462).
1.4 EuGH: Wohnungseigentümergemeinschaften nicht umsatzsteuerfrei!
Rz. 5a
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Die Lieferung von Wärme durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft an die Eigentümer, die Mitglieder dieser Gemeinschaft sind, unterliegt der Mehrwertsteuer. Eine solche Wirtschaftstätigkeit fällt nicht unter die in der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Befreiung für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken (EuGH, Urteil vom 17.12.2020, Rs. C 449/19, WEG Tevesstraße).
Rz. 5b
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Sachverhalt:
Die WEG Tevesstraße, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, bestehend aus einer GmbH, einer Behörde sowie einer Gemeinde, betreibt auf dem Grundstück, das den Eigentümern gehört, die Mitglieder dieser Gemeinschaft sind, ein Blockheizkraftwerk. Den erzeugten Strom liefert die WEG Tevesstraße an ein Energieversorgungsunternehmen, die erzeugte Wärme dagegen an die Eigentümer, die Mitglieder der Gemeinschaft sind.
Das FA verweigerte den Vorsteuerabzug für den auf die Wärmeerzeugung entfallenden Anteil aus den Kosten für die Anschaffung und den Betrieb des Blockheizkraftwerks und begründete dies damit, dass es sich bei der Lieferung von Wärme durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft an die Eigentümer, die Mitglieder dieser Gemeinschaft sind, um einen nach dem deutschen UStG steuerfreien Umsatz handele. Dagegen ließ das FA Villingen-Schwenningen den Vorsteuerabzug für den auf die Stromerzeugung entfallenden Anteil zu.
Das von der WEG Tevesstraße angerufene FinGer hat den EuGH mit der Frage befasst, ob die MwStSystRL der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der die Lieferung von Wärme durch Wohnungseigentümergemeinschaften an ihre Wohnungseigentümer von der Mehrwertsteuer befreit ist.
Rz. 5c
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Der EuGH bejaht die Frage des FinGer und weist zunächst darauf hin, dass die MwStSystRL im vorliegenden Fall Anwendung findet und dass es sich bei der in Rede stehenden Wärmelieferung um die Lieferung eines Gegenstandes handelt, die grundsätzlich der Mehrwertsteuer unterliegt.
Rz. 5d
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Insbesondere handelt es sich bei der Lieferung von Wärme durch die WEG Tevesstraße um eine wirtschaftliche Tätigkeit:
- Zum einen scheinen die Eigentümer, die Mitglieder der Gemeinschaft sind, dieser als Gegenleistung für die gelieferte Wärme ein dem konkreten Verbrauch entsprechendes Entgelt zu zahlen.
- Zum anderen spielt es keine Rolle, ob diese Tätigkeit auf die Erzielung von Gewinnen gerichtet ist, und selbst wenn man annähme, dass es sich bei dieser Tätigkeit um die Ausübung von der WEG durch das nationale Recht zugewiesenen Aufgaben handelte, wäre dieser Umstand als solcher irrelevant für die Einstufung dieser Leistung als Erbringung einer wirtschaftlichen Tätigkeit.
Rz. 5e
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Weiter stellt der EuGH fest, dass e...