1.1 Überblick über die Vorschrift
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 4 Nr. 1 Buchst. a 1. Alt. UStG stellt die Ausfuhrlieferung steuerfrei, ohne den Begriff tatbestandsmäßig zu definieren. Die Tatbestandsmerkmale der Ausfuhrlieferung werden daher gesondert in § 6 UStG geregelt (Legaldefinition). Die Vorschrift untergliedert den Ausfuhrtatbestand dabei sowohl in geografischer Hinsicht (Drittlandsgebiet/Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG) als auch nach der Person des Ausführers (Ausfuhr durch den Lieferer/Ausfuhr durch den Abnehmer). Zusätzlich enthält die Vorschrift ergänzende Regelungen für die Lieferung von Gegenständen, die zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind (§ 6 Abs. 3 UStG) und die Ausfuhrlieferung im nichtkommerziellen Reiseverkehr (§ 6 Abs. 3a UStG). § 6 Abs. 5 UStG schließt die Lieferungen nach § 3 Abs. 1b UStG (den Lieferungen gegen Entgelt gleichgestellte Sachverhalte) von der Steuerbefreiung aus. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausfuhrlieferung unterliegen zudem der Nachweispflicht durch den Unternehmer (§ 6 Abs. 4 UStG), Einzelheiten regeln die §§ 8–13, 17 UStDV. Wegen der Abgrenzung zur i. g. Lieferung vgl. die Kommentierung zu § 6a.
Rz. 2
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Durch § 4 Nr. 1 UStG, § 6 UStG i. V. m. § 15 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG werden die "Export"-Umsätze von der USt entlastet; die Lieferung ist steuerfrei, der Vorsteuerabzug bleibt dennoch erhalten (sog. echte Steuerbefreiung, vgl. § 4 Rz. 5 und 6). Diese Verfahrensweise entspricht dem sog. Bestimmungslandprinzip, nach dem die Waren mit den Steuern des Landes belastet in den Endverbrauch gelangen sollen, in dem der Endverbrauch stattfindet. Diesem Grundsatz entsprechen für den umgekehrten Fall des Imports die Vorschriften über die Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet als steuerbarer Umsatz (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG) und des i. g. Erwerbs (§§ 1 Abs. 1 Nr. 5, 1a–c UStG).
Rz. 3
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Besondere Regelungen wurden getroffen für
- die Lieferungen von Gegenständen der Schiffsausrüstung an ausländische Binnenschiffer (vgl. BMF vom 19.06.1974, Az: IV A 3 – S 7131 – 30/74, BStBl I 1974, 438) und
- für Fälle, in denen Formen, Modelle oder Werkzeuge zur Herstellung steuerfrei ausgeführter Gegenstände benötigt wurden (vgl. BMF vom 27.11.1975, Az: IV A 3 – S 7134 – 18/75, BStBl I 1975, 1126). Entsprechende Werkzeuge können bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen trotz Verbleibens im Inland Gegenstand einer steuerfreien Ausfuhrlieferung sein.
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 4
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 6 UStG gehört – wie die entsprechende Regelung des § 7 UStG, der Lohnveredelung an Gegenständen der Ausfuhr – zum "Inventar" des deutschen Umsatzsteuerrechts und galt in ähnlicher Form bereits im UStG 1980 und den Vorgängergesetzen. Die Entlastung des Ausfuhrgegenstandes bzw. der daran vorgenommenen Dienstleistungen von der deutschen USt dient der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Exportwirtschaft und der Arbeitsplatzsicherung. Diese Ziele werden insbesondere auch durch die Ausgestaltung als "echte Steuerbefreiung" erreicht (vgl. Rz. 18 ff. und vgl. § 4 Rz. 5 und 6).
Rz. 5
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Eine wesentliche Änderung erfuhr die Vorschrift zum 01.01.1993. Mit der Einführung des USt-Binnenmarktes betrifft die Steuerbefreiung nicht mehr alle Lieferungen in das Ausland, sondern ausschließlich Lieferungen in das Drittlandsgebiet.
Rz. 6
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Eine Änderung erfuhr die Vorschrift durch das StEntlG 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 (BStBl I 1999, 304), das § 6 UStG m. W. v. 01.04.1999 um einen neuen Abs. 5 ergänzt hat. Nicht steuerbefreit sind danach unentgeltliche Wertabgaben i. S. d. § 3 Abs. 1b UStG (ausführlich zur Historie Schwarz in S/W/R, § 6 Rn. 6 ff.).
Rz. 7
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Durch Art. 7 Nr. 5 des JStG 2009 (Gesetz vom 19.12.2008, BGBl I 2008, 2794) wurde § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Buchst. a UStG neu formuliert.
Rz. 7a
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BGBl I 2019, 2451) wurde m. W. z. 01.01.2020 in § 6 Abs. 3a eine Nr. 3 hinzugefügt. Voraussetzung für die Steuerbefreiung im nichtkommerziellen Reiseverkehr ist seitdem, dass der Gesamtwert der Lieferung einschließlich Umsatzsteuer 50 EUR übersteigt. Diese "Nummer 3 tritt zum Ende des Jahres außer Kraft, in dem die Ausfuhr- und Abnehmernachweise in Deutschland erstmals elektronisch erteilt werden".
Rz. 8
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Durch Art. 1 Nr. 1, 2 und 3 der Zweiten Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen vom 02.12.2011 (BGBl I 2011, 2416) wurden die §§ 9–11, 13 und 17 UStDV, die die Ausgestaltung der nach § 6 Abs. 4 S. 1 UStG erforderlichen Nachweise regeln, neu gefasst. Die Neufassung trat am 01.01.2012 in Kraft (Art. 3 Abs. 2 der Verordnung). Die Verwaltung beanstandete es nicht, wenn für bis zum 31.03.2012 ausgeführte Ausfuhrlieferungen der beleg- und buchmäßige Nachweis der Voraussetzungen der Steuerbefreiung noch auf de...