1.1 Überblick über die Vorschrift
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Vorsteuerberichtigung (§ 15a UStG), stellt eine den Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) ergänzende Vorschrift dar. Sie betrifft alle Leistungsbezüge für das Unternehmen und kommt zur Anwendung, sofern sich ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung (ggf. innerhalb der -Verwendungsabsicht im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Stimmt die tatsächliche Verwendung nicht mit der beabsichtigten Verwendung überein, erfolgt eine Vorsteuerberichtigung, es sei denn, die Bagatellgrenzen des § 44 UStDV sind nicht überschritten. Eine Änderung der Verhältnisse liegt vor, wenn der Unternehmer in einem oder mehreren Jahren des Berichtigungszeitraums Umsätze ausführt, die für den Vorsteuerabzug aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen anders beurteilt werden als die Umsätze, die der Unternehmer zunächst ausführen will (vgl. z. B. BFH vom 16.05.2002, V R 56/00, UR 2002, 470, vom 22.02.2001, V R 77/96, BStBl II 2003, 426, vom 12.06.1997, V R 49/92, HFR 1998, 220). Die Vorsteuerberichtigung wird nicht rückwirkend, sondern erst ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse (ex nunc) durchgeführt. Für rückwirkende Vorsteuerberichtigungen sind die verfahrensrechtlichen Vorschriften der AO bezüglich der Aufhebung und Änderung von Steuerfestsetzungen (insbesondere §§ 129, 164, 165, 172 ff. AO) anzuwenden.
Rz. 2
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§ 15a UStG soll in erster Linie die missbräuchliche Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs verhindern. Der volle Vorsteuerabzug steht dem Unternehmer nur unter der Voraussetzung zu, dass mit dem Leistungsbezug (Wirtschaftsgut des Anlage- oder Umlaufvermögens, ausgeführte Arbeiten an Gegenständen, ausgeführte sonstige Leistungen) innerhalb des maßgeblichen Berichtigungszeitraumes Umsätze ausgeführt werden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Andernfalls muss eine den Nutzungsverhältnissen entsprechende Korrektur erfolgen. Desgleichen ist eine Berichtigung zugunsten des Unternehmers erforderlich, wenn der bisher nicht zulässige Vorsteuerabzug infolge der Änderung der Verhältnisse ganz oder teilweise geltend gemacht werden kann. Die allgemeinen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug müssen vor der Durchführung der Vorsteuerberichtigung erfüllt sein (vgl. Abschn. 15a.1. Abs. 5 UStAE). Fehlt es an der ordnungsgemäßen Rechnung oder am zollamtlichen Einfuhrbeleg, werden die betreffenden Vorsteuerbeträge nicht in die Berichtigung einbezogen. Werden die erforderlichen Dokumente später nachgereicht und haben sich die Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt bereits geändert, kommt es in dem Jahr, in dem die Dokumente vorliegen, zum Vorsteuerabzug und zugleich zur Vorsteuerberichtigung.
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 3
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Die Berichtigungsvorschrift des § 15a UStG kam durch das SteuerÄndG 1973 in das UStG 1967 und trat an die Stelle des § 15 Abs. 7 UStG 1967. Sie basierte auf Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 3 der 2. EG-RL (67228/EWG), der eine Vorsteuerberichtigung für Investitionsgüter vorsah, wenn sich die Nutzungsverhältnisse (Nutzung für Umsätze, die den Vorsteuerabzug ermöglichen oder ausschließen) innerhalb des Berichtigungszeitraumes änderten. Der Berichtigungszeitraum des § 15 Abs. 7 UStG belief sich für alle Wirtschaftsgüter auf fünf Jahre. Der neue § 15a UStG führte bei Grundstücken, ihren wesentlichen Bestandteilen und grundstücksgleichen Rechten sowie bei Binnenschiffen zu einer Verlängerung des Berichtigungszeitraums von fünf auf zehn Jahre, weil man erkannt hatte, dass die kurze Frist von nur fünf Jahren bei langlebigen Anlagegütern zu ungerechtfertigten Steuervorteilen führen konnte. Bei Wirtschaftsgütern, deren tatsächliche Verwendungsdauer kürzer als die typisierten Berichtigungszeiträume war, konnte die tatsächliche Verwendungsdauer als Berichtigungszeitraum berücksichtigt werden. Ferner wurde die Vorsteuerberichtigung auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten ausgedehnt. Schließlich sah der neue § 15a UStG auch eine Berichtigung in den Fällen der Veräußerung oder Entnahme des Wirtschaftsgutes vor Ablauf des Berichtigungszeitraums vor. Mit dem Inkrafttreten des UStG 1980 wurde die 6. EG-RL (77/388/EWG) ins deutsche Recht umgesetzt. Der Berichtigungszeitraum für Binnenschiffe wurde wieder auf fünf Jahre verkürzt. Weitere Änderungen betrafen die Verordnungsermächtigungen. Das StMBG 1994 führte zur Erweiterung des § 15a UStG um den Abs. 6a, der die Vorsteuerberichtigung im Falle einer nicht mehr steuerbaren Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG) betrifft und die Nichtbesteuerung der letztmaligen Verwendung des Wirtschaftsgutes verhindern soll. Mit dem StBereinG 1999 erfolgte eine Änderung des § 44 Abs. 1 UStDV bezüglich des Zeitpunkts der Vorsteuerberichtigung. Während die Berichtigung bislang nur am Ende eines K. erklärt zu werden brauchte, musste die Vorsteuerberichtigung seit dem 01.01.2000 bereits im Voranmeldungszeitraum der Nutzungsänderung durchgeführt werden, sofern der Berichtigungsbetrag 6000 EUR/12000 DM übersteigt.
Rz. 4
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Erneute Änderu...