1.1 Überblick über die Vorschrift
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Grundsätzlich sind die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten in den §§ 140ff. der AO geregelt. Je nach Betriebsart und Unternehmensgröße werden an die Aufzeichnungen mehr oder weniger umfangreiche bzw. qualitativ hochwertige Anforderungen gestellt. Die Aufzeichnungen müssen jedoch stets so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten (z. B. Betriebsprüfer) innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln können. Zudem müssen sich die Geschäfte in ihrer Entstehung und Abwicklung nachverfolgen lassen.
Die Aufzeichnungen sind so vorzunehmen, dass der Zweck, den sie für die Besteuerung erfüllen sollen, erreicht wird. Dies ist vorrangig die Überprüfbarkeit der korrekten Besteuerung durch das FA.
Rz. 2
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zusätzlich zu den abgabenrechtlichen Grundregeln enthält § 22 UStG eigenständige, speziell für die Belange der USt zugeschnittene Aufzeichnungsverpflichtungen. Diese Aufzeichnungspflichten sind grundsätzlich unabhängig von den anderen Aufzeichnungspflichten des Steuer- und Handelsrechts.
- Abs. 1 der Rechtsnorm zeigt auf, dass die Zielsetzung der besonderen umsatzsteuerlichen Aufzeichnungsvorschriften die Feststellung sowohl der Steuer als auch der Bemessungsgrundlagen ist. Definiert werden auch Sonderfälle, in denen Personen, die nicht als Unternehmer gelten oder steuerliche Verpflichtungen für andere Unternehmer erfüllen, aufzeichnungspflichtig i. S. d. § 22 UStG sind. Ferner wird geregelt, welche Aufzeichnungen zwingend elektronisch zur Verfügung gestellt werden müssen und wie lange diese aufzubewahren sind.
- In Abs. 2 sind die einzelnen Aufzeichnungspflichten nach Art und Umfang benannt.
- In Abs. 3 werden Aufzeichnungspflichten für die Fälle beschrieben, in denen der Unternehmer nicht oder nur teilweise vorsteuerabzugsberechtigt ist.
- Nach Abs. 4 muss der Unternehmer die Berechnungsgrundlagen für eine Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG aufzeichnen.
- Abs. 4a enthält Aufzeichnungspflichten für das i. g. Verbringen von Waren zu Lohnveredelungszwecken. Geregelt werden hierin auch die Aufzeichnungspflichten für das Verbringen von Gegenständen, mit denen im anderen EU-Staat sonstige Leistungen ausgeführt werden.
- Abs. 4b regelt Aufzeichnungspflichten im Zusammenhang mit beweglichen körperlichen Gegenständen, die der Unternehmer von einem anderen Unternehmer aus einem anderen EU-Mitgliedstaat zur Ausführung einer sonstigen Leistung erhält.
- In Abs. 4c werden die Aufzeichnungspflichten hinsichtlich eines Umsatzsteuerlagers beschrieben.
- Abs. 4d beschreibt, wer im Falle einer Abtretung, Pfändung oder Verpfändung eines Anspruchs auf Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz an einen anderen Unternehmer welche Aufzeichnungen führen muss.
- In Abs. 4e wird geregelt, dass derjenige, der Zahlungen in den Fällen des § 13c nach § 48 AO zu leisten hat, darüber Aufzeichnungen führen muss. Mit aufgezeichnet werden müssen auch Name, Anschrift und Steuernummer des Umsatzsteuerschuldners.
- Die Abs. 4f und 4g enthalten Aufzeichnungspflichten für den liefernden Unternehmer und den Abnehmer im Falle der Abwicklung über ein Konsignationslager i. S. d. § 6b UStG.
- Abs. 5 gibt Aufschluss darüber, welche Unternehmer ein sog. Umsatzsteuerheft zu führen haben.
- In Abs. 6 ist die Ermächtigung des BMF für die entsprechenden Regelungen der UStDV (§§ 63–68) zu finden.
Neben den umsatzsteuerlichen Aufzeichnungsvorschriften gelten die allgemeinen steuerlichen Aufzeichnungsvorschriften der §§ 140–148 AO ebenso.
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 3
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Im alten Allphasen-Bruttosystem, das bis 1967 galt, waren spezielle Aufzeichnungen für die Umsatzsteuer nicht vorgesehen. Die Aufzeichnungspflichten waren – wie auch für andere Steuerarten – in der (Reichs-)Abgabenordnung geregelt.
Rz. 4
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Erst die Einführung des Allphasen-Netto-Systems 1968 machte weitergehende, speziell auf das Mehrwertsteuerrecht ausgelegte Aufzeichnungsvorschriften notwendig. Diese wurden von Anfang an im § 22 UStG zusammengefasst. Änderungen an dieser Norm beruhten im Wesentlichen jeweils auf einer Anpassung infolge geänderter Einzelvorschriften aus dem UStG, z. B. Abschaffung des Abzugsverfahrens, Neueinführung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers, Neuregelung der USt-Haftung und Einführung des Steuerfreilagers.
Die Aufzeichnungsverpflichtung wurde auf Nichtunternehmer erweitert, die als Leistungsempfänger nach § 13b UStG die USt schulden können. Zusätzlich wurde im Abs. 2 die Nr. 8 eingefügt, um den steuerschuldenden Leistungsempfänger klar in die Aufzeichnungsverpflichtung zu nehmen.
Rz. 5
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Innerhalb der letzten Jahre erfuhr die Rechtsnorm Anpassungen u. a. durch das "KroatienAnpG". Die Änderungen darin waren im Wesentlichen Folgeänderungen hinsichtlich des Vorsteuerabzugs, der sich durch das Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetzes für die EUSt geändert hat (abzugsberechtigt ist anstelle der beza...