1.1 Überblick über die Vorschrift
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Rechtsnorm berechtigte das BMF mit Zustimmung des Bundesrates für bestimmte Berufsgruppen eine Vereinfachungsregelung hinsichtlich deren Umsatzbesteuerung zu schaffen. Allerdings war hierfür Bedingung, dass annähernd gleiche Verhältnisse innerhalb der jeweiligen Branche vorliegen und die anwendenden Unternehmer nicht verpflichtet sind, Bücher zu führen bzw. aufgrund jährlicher Bestandsaufnahme Abschlüsse zu fertigen. Die Durchschnittssätze mussten zu einer Steuer führen, die nicht wesentlich von dem Betrag abweicht, der sich bei Anwendung der Regelbesteuerung ergeben hätte. Von dieser Ermächtigung hatte das BMF in den §§ 66, 69, 70 UStDV Gebrauch gemacht. Die für die einzelnen Berufsgruppen festgelegten Durchschnittssätze fanden sich in der Anlage zu den §§ 69, 70 der UStDV.
Die Durchschnittssätze können nur bis einschließlich VZ 2022 angewandt werden. Durch das JStG 2022 wurden § 23 UStG sowie §§ 69, 70 UStDV mit Wirkung ab 01.01.2023 aufgehoben.
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 2
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Die Umsatzsteuerpauschalierung wurde schon vor der Einführung des heutigen Mehrwertsteuersystems i. R. d. Durchschnittssätze (z. B. für Bäckereien oder Tankstellen) praktiziert. In das UStG 1967 wurde die Pauschalierung m. W. v. 01.01.1968 im Rahmen einer allgemeinen Durchschnittssatzbesteuerung (§ 23 UStG) sowie einer Pauschalierungsmöglichkeit für die Landwirtschaft (§ 24 UStG) übernommen.
Ursprünglich umfasste die Durchschnittssatzbesteuerung 18 Berufs- und Gewerbezweige. Zuletzt konnten mehr als 50 Berufs- und Gewerbezweige die Durchschnittssatzbesteuerung als Voll- bzw. Teilpauschalierung auf Antrag anwenden.
Rz. 3
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Die Durchschnittssätze wurden in der Vergangenheit analog dem allgemeinen Steuersatz immer wieder erhöhend angepasst.
Die letzte materielle Änderung erfolgte darüber hinaus durch das Steueränderungsgesetz vom 25.02.1992 mit Wirkung ab dem 01.01.1993. Damals wurde die Umsatzgrenze für die Anwendung der Durchschnittssätze von 100.000 DM auf 120.000 DM angehoben. Durch das Steuer-Euroglättungsgesetz (StEuglG) wurde die Umsatzgrenze auf 61.356 EUR umgerechnet.
Rz. 4
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Durch Art. 9 Nr. 5 des JStG 2022 wurde § 23 UStG und durch Art. 11 Nr. 2 JStG 2022 wurden die §§ 69, 70 UStDV sowie die Anlagen zur Verordnung jeweils mit Wirkung ab 01.01.2023 aufgehoben. Laut der Gesetzesbegründung wurden die Normen aufgrund ihrer geringen steuerlichen Bedeutung abgeschafft. Die allgemeinen Durchschnittsätze sollen in der Praxis nur noch von rd. 11,1 Tsd. Unternehmern angewandt worden sein.
1.3 Geltungsbereich
1.3.1 Sachlicher Geltungsbereich
Rz. 5
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Die Vereinfachung der Voll- oder Teilpauschalierung kann von Unternehmern aus den begünstigten Berufs- und Gewerbezweigen dann in Anspruch genommen werden, wenn der Umsatz des jeweiligen Unternehmers im vorangegangenen Kj. 61.356 EUR nicht überschritten hat. Dabei wird der maßgebliche Umsatz nach den im Inland tatsächlich erzielten Umsätzen im entsprechenden Berufs- oder Gewerbezweig, jedoch ohne Einfuhr, ohne i. g. Erwerb und ohne die in § 4 Nr. 8, 9a, 10 und 21 bezeichneten Umsätze (§ 69 Abs. 2 UStDV) ermittelt.
1.3.2 Persönlicher Geltungsbereich
Rz. 6
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Umsatzsteuerpauschalierung kann nur von Unternehmern in Anspruch genommen werden, die den in der Anlage zu §§ 69 und 70 UStDV aufgeführten Berufs- oder Gewerbezweigen angehören. Für Personen anderer Berufs- oder Gewerbezweige (ausgenommen Land- und Forstwirte nach der besonderen Regelung des § 24 UStG) ist eine Pauschalierung nicht möglich.
1.3.3 Zeitlicher Geltungsbereich
Rz. 7
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Die Anwendung der Durchschnittssätze war seit dem Bestehen des UStG 1967 möglich. Allerdings hat sich die Anzahl der begünstigten Berufs- und Gewerbezweige von damals 18 auf zuletzt 58 erhöht.
Die Durchschnittssätze können nur bis einschließlich VZ 2022 angewandt werden. Durch das JStG 2022 wurden § 23 UStG sowie §§ 69, 70 UStDV mit Wirkung ab 01.01.2023 aufgehoben.
1.4 Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen und Verhältnis zu anderen Vorschriften
Rz. 8
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Die Vorschrift des § 23 UStG wurde auf der Basis der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe in Art. 281 der MwStSystRL umgesetzt. Mitgliedstaaten, in denen die Regelbesteuerung von kleinen Unternehmen wegen deren Tätigkeit oder Struktur Probleme bereitet, können unter von ihnen festgelegten Voraussetzungen und Beschränkungen nach Konsultation des Mehrwertsteuerausschusses Pauschalregelungen schaffen, die jedoch im Ergebnis nicht zu einer Steuerermäßigung führen dürfen.
Rz. 9
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die in § 66 UStDV geregelte Befreiung von Aufzeichnungsvorschriften für Anwender der Durchschnittssätze stellt eine Ausnahme von den allgemein gültigen Aufzeichnungsregeln des § 22 UStG dar.