1.1 Überblick über die Vorschrift
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Für land- und forstwirtschaftliche Betriebe können unter bestimmten Voraussetzungen Umsatz- und Vorsteuerpauschalierungen vorgenommen werden, um den Verwaltungsaufwand des Landwirts zu vereinfachen. Die Pauschalbesteuerung erleichtert die Aufzeichnungs- und Steuererklärungspflichten des Landwirts erheblich.
Die Durchschnittssatzbesteuerung erstreckt sich auf alle berufstypischen Umsätze aus der Erzeugertätigkeit eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs (z. B. Viehhaltung oder Ackerbau). Andere Umsätze des Unternehmers unterliegen daneben der Regelbesteuerung.
Für den Landwirt ergibt sich bei vollständiger Anwendung der Pauschalierung im Ergebnis eine Zahllast von null, es sei denn, er verkauft spezielle, nicht pauschalierbare Waren wie beispielsweise alkoholische Flüssigkeiten oder bestimmte Getränke oder erbringt sonstige Leistungen.
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 2
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Schon in der Zeit des Bruttoallphasensystems waren die Landwirte von der Umsatzbesteuerung ausgenommen. Mit dieser Maßnahme wollte man die Landwirtschaft unterstützen und stärken.
Diesem Ansinnen gab auch das 1966 geschaffene Allphasen-Netto-Mehrwertsteuersystem nach und schuf die Pauschalierungsregelung. Eine bloße Steuerbefreiung würde den Landwirt zwar von der USt auf seiner Leistungsseite entlasten, doch auf der Eingangsseite müsste man möglicherweise auf den Vorsteuerabzug verzichten. Mit dem Pauschalierungssystem hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass der Landwirt von der Vorsteuer entlastet wird und am freien Markt berechtigt ist, die USt gesondert auszuweisen, ohne selbst auf einer Zahllast "sitzen zu bleiben".
Mit Einführung des Mehrwertsteuersystems operierte man im Pauschalierungsbereich mit 3 % und 5 % Umsatz- und Vorsteuer. Im Laufe der Zeit wurden diese Sätze analog zu den Regelsteuersätzen angepasst. Aus der alleinigen Betrachtung der Zahllast des Landwirts wäre das nicht unbedingt notwendig. Doch der Verkauf der landwirtschaftlichen Produkte an Händler wäre benachteiligt, wenn der Landwirt keinen "marktüblichen" USt-Satz ausweisen dürfte, den der Händler als Vorsteuer abziehen kann.
Rz. 3
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Weitere Änderung erfuhr die Vorschrift durch Art. 18 Nr. 15 des StÄndG 2001 (BGBl I 2001, 3794). In Abs. 1 wurde die Nr. 2 ergänzt. Neu aufgenommen wurden die sonstigen Leistungen i. S. d. § 3 Abs. 9 S. 4 UStG (Abgabe von Speisen und Getränken als sonstige Leistungen) soweit es sich um Getränke handelt, die nicht in der Anlage aufgeführt sind.
Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2006 vom 29.06.2006 (BGBl I 2006, 1042) wurden die Steuersätze des § 24 UStG der allgemeinen Steuersatzerhöhung angepasst. Das Jahressteuergesetz 2008 vom 20.12.2007 tilgte in § 24 Abs. 1 Nr. 2 UStG die Worte "nach § 3 Abs. 9 Satz 4". Die Streichung beinhaltete jedoch keinerlei Änderung der Rechtsauslegung.
Rz. 4
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Durch Art. 11 Nr. 6 des JStG 2020 sowie Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben im USt-Recht ergaben sich zwei wesentliche Neuerungen in der Vorschrift.
Mit Wirkung vom 29.12.2020 wurde durch das JStG 2020 der bisherige § 24 Abs. 2 S. 3 UStG zum Gewerbebetrieb kraft Rechtsform gestrichen. Nach Ansicht des BFH verletzte diese Norm Gemeinschaftsrecht und war daher schon seit 2008 nicht mehr anzuwenden.
Mit Wirkung ab dem 01.01.2022 wurde außerdem eine Jahresumsatzgrenze von 600.000 EUR eingeführt, bei deren Überschreiten die Pauschalierung nicht mehr angewendet werden kann. Dadurch wird der Anwendungsbereich der Durchschnittssatzbesteuerung auf kleine und mittelgroße Unternehmen eingeschränkt.
Ebenfalls ab dem 01.01.2022 reduzierte sich der Pauschalierungssatz gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und S. 3 UStG von 10,7 % auf 9,5 %. Der deutsche Gesetzgeber gab hiermit dem Druck der EU Kommission nach, die ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland geführt hatte, da der bisherige Pauschalierungssatz als zu hoch und damit als ungerechtfertigte Beihilfe für die deutschen Landwirte angesehen wurde. Darüber hinaus wurde in § 24 Abs. 5 UStG eine neue Regelung aufgenommen, nach der das BMF jährlich die Höhe des Durchschnittssatzes auf Angemessenheit überprüfen und das Ergebnis dem Deutschen Bundestag mitteilen muss.
Rz. 5
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Die derzeit jüngste Änderung erfuhr § 24 UStG durch Art. 12 Nr. 3 des Achten Verbrauchsteueränderungsgesetzes. Durch erneute Anpassung des § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und S. 3 UStG wurde der Durchschnittssatz ab dem 01.01.2023 noch weiter auf 9,0 % abgesenkt.
Rz. 6
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nachdem das bisherige deutsche Bewertungsrecht vom Bundesverfassungsgericht im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärt wurde, muss der Gesetzgeber Änderungen am BewG vornehmen. Dies wird u. a. dazu führen, dass die §§ 51 und 51a BewG, auf die sich § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG noch bezieht, wegfallen werden. Im Vorgriff darauf wurde schon mit dem Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (GrStRefG) vom 26.11.2019 eine Änderung des § 24 A...