1.1 Überblick über die Vorschrift/Gesetzeszweck
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Vorschrift des § 26c UStG stellt eine Strafvorschrift dar, mit der die organisierte Kriminalität – insbesondere Umsatzsteuerbetrug durch sog. Karussellgeschäfte – eingedämmt werden soll. So sollen auch Haushaltsausfälle und Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden. Im Ergebnis soll § 26c UStG daher ebenso wie § 26a Abs. 1 UStG das Umsatzsteuer-Aufkommen sichern, indem beide die Unternehmer zur rechtzeitigen und vollständigen Erfüllung der gesetzlichen Zahlungsverpflichtungen anhalten (Kostecka in Weymüller, UStG, 2. Aufl. 2019, § 26c Rn. 3). Die Fälle der Schädigung des Umsatzsteuer-Aufkommens von geringerer Bedeutung belegt § 26a Abs. 1 UStG als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße. Nach § 26c macht sich der Täter hingegen strafbar, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens wegen der Art seines Vorgehens besonders groß ist. Die gewerbs- oder bandenmäßige Schädigung des Umsatzsteueraufkommens ist daher mit einer Freiheits- oder Geldstrafe bedroht. Mit dieser Vorschrift wird eine Regelungslücke für die Fälle geschlossen, in denen eine Bestrafung gem. § 370 AO mangels Erfüllung der objektiven Tatbestandsmerkmale nicht möglich ist.
§ 26c UStG wurde durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz vom 19.12.2001 (BGBl I 2001, 3922) erstmals mit Wirkung ab dem 01.01.2002 in das Gesetz aufgenommen. § 26c ist in jüngerer Vergangenheit inhaltlich nicht geändert worden. Da es sich um sog. nachkonstitutionelles Recht handelt, ist das Zitiergebot aus Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG zu beachten. Wird dem Zitiergebot nicht genügt, verletzt das Gesetz das entsprechende Grundrecht und ist nichtig (BVerfG vom 25.05.1956 – 1 BvR 190/55, NJW 1956, 986; BVerfG vom 27.02.2008 – 1 BvR 370/07, NJW 2012, 833). Ob § 26c UStG gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG verstößt oder ob ein Grundrechtseingriff bei einer Strafrechtsnorm evident ist und das Zitiergebot gar nicht greift, ist umstritten, vgl. Dr. Gehm, USt direkt digital Nr. 17 vom 08.09.2016, 4. Zuletzt mit Beschluss vom 25.05.2016 – V B 107/15, BFH/NV 2016, 1310, hat der BFH offengelassen, ob § 26c UStG gegen das Zitiergebot verstößt. Jedenfalls folge aus einem möglichen Verstoß gegen das Zitiergebot keine Nichtigkeit des gesamten Umsatzsteuergesetzes. Der Gesetzgeber hat es bislang unterlassen, Rechtssicherheit zu schaffen.
1.2 Geltungsbereich
1.2.1 Persönlicher Geltungsbereich
Rz. 2
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Es gelten nach § 369 Abs. 2 AO die allgemeinen Gesetze über das Strafrecht, d. h., die Verwirklichung des Straftatbestandes des § 26c i. V. m. § 26 Abs. 1 UStG ist als Täter (vgl. § 25 StGB) oder Teilnehmer (Anstiftung, § 26 StGB bzw. Beihilfe § 27 StGB) möglich.
Da die bandenmäßige Begehung allerdings ein sog. besonderes persönliches Tatbestandsmerkmal gem. § 28 StGB darstellt, kann der Gehilfe, der nicht selbst den Vorsatz zur bandenmäßigen Begehung der Tat hat, nur nach § 26 Abs. 1 UStG sanktioniert werden. Gleiches gilt für den Anstifter i. S. d. § 26 StGB.
1.2.2 Sachlicher Anwendungsbereich
Rz. 3
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Erfasst werden die Fälle der gewerbsmäßigen oder bandenmäßigen Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens durch nicht (rechtzeitige) Entrichtung der in Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer. Auch hier ist Anlass der gesetzgeberischen Bemühungen die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs, insbesondere diejenige der Karussellgeschäfte.
1.2.3 Zeitlicher Anwendungsbereich
Rz. 4
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§ 26c UStG wurde durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz vom 19.12.2001 (BGBl I 2001, 3922) mit Wirkung ab dem 01.01.2002 in das Gesetz aufgenommen.
1.3 Verhältnis zu anderen Vorschriften
Rz. 5
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Bei § 26c UStG handelt es sich um Steuerstraftaten i. S. d. § 369 Abs. 1 Nr. 1 AO, d. h. um Taten, die nach den Steuergesetzen strafbar sind. Es gelten damit nach § 369 Abs. 2 AO die allgemeinen Gesetze über das Strafrecht, soweit die Strafvorschriften der Steuergesetze nichts anderes bestimmen.
Rz. 6
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Die Begehungsformen der gewerbs- bzw. bandenmäßigen Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens können nebeneinander verwirklicht werden. Im Regelfall wird eine Bande auch gewerbsmäßig handeln.
Rz. 7
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Gegenüber § 26a Abs. 2 UStG geht § 26c UStG als die Strafvorschrift der Bußgeldvorschrift vor; diese tritt zurück (§ 21 OWiG i. V. m. § 377 Abs. 2 AO).
Rz. 8
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Wird die Straftat gem. § 153a StPO eingestellt, wirkt diese Einstellung auch bezüglich der Ordnungswidrigkeit.
Rz. 9
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Die §§ 370 (Steuerhinterziehung) und 370a AO (gewerbs- oder bandenmäßige Steuerhinterziehung) einerseits und § 26c UStG (gewerbs- oder bandenmäßige Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens) andererseits schließen sich aus, wenn ein Unternehmer die Umsatzsteuer nicht oder falsch anmeldet. Die Hinterziehung der Umsatzsteuer nach § 370 AO führt in diesen Fällen dazu, dass die hinterzogene Steuer i. S. d. § 26a Abs. 1 UStG nicht fällig wird, sodass schon der Tatbestand des § 26a Abs. 1 UStG bzw. 26c UStG nicht verwirklicht ist. § 370 AO findet demnach neben § 26c UStG in diesem Fall keine Anwendung (so im Ergebnis auch Schül...