Rüdiger Weimann, Robert C. Prätzler
1.1 EU-Rechtsetzungsvorschlag "VAT in the digital age" (ViDA)
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Bei Rechnungen von Unternehmern an andere Unternehmer (B2B-Rechnungen) wird die elektronische Rechnung (E-Rechnung) künftig zur Pflicht. Der Bundesrat hat dieser Neuregelung durch das "Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz)" vom 27.03.2024 (BGBl. I 2024 Nr. 108) – bekanntermaßen erst am 22.03.2024 nach einem Vermittlungsverfahren – zugestimmt.
Rz. 2
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Europäische Kommission hat eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen das Mehrwertsteuersystem der EU modernisiert werden soll (Weimann, AStW 2023, 131).
Rz. 3
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Das System soll für Unternehmen vereinfacht werden und widerstandsfähiger gegen Betrug sein. Das soll vor allem durch stärkere Digitalisierung, wie zum Beispiel durch elektronische Rechnungsstellung erreicht werden. Der EU sind im Jahr 2020 Mehrwertsteuereinnahmen i. H. v. 93 Milliarden Euro entgangen – ein Viertel davon sind konservativen Schätzungen zufolge auf Mehrwertsteuerbetrug innerhalb der EU zurückzuführen; Deutschland sind im Jahr 2020 Steuereinnahmen i. H. v. mehr als 11 Milliarden Euro entgangen (Europäische Kommission/Vertretung in Deutschland, Pressemitteilung v. 08.12.2022, https://ec.europa.eu).
Rz. 4
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit dem neuen System wird die
- digitale Meldung in Echtzeit für Mehrwertsteuerzwecke
- auf der Grundlage der elektronischen Rechnungsstellung
eingeführt. Dadurch erhalten die Mitgliedstaaten wertvolle Informationen, die für die bessere Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug, insbesondere Karussellbetrug, notwendig sind.
Rz. 5
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ursprünglich sollten die Änderungen 2028 in Kraft treten; mittlerweile ist davon auszugehen, dass die Änderungen erst zu Beginn des nächsten Jahrzehnts (2030–2033) umgesetzt werden.
1.2 Einführung in Deutschland wird vorgezogen
Rz. 6
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ein Inkrafttreten erst in den Jahren 20230/2033 wollten die Koalitionsparteien der derzeitigen Bundesregierung nicht abwarten und haben sich daher auf eine vorzeitige Einführung eines deutschen bundesweiten einheitlichen Meldesystems zur Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen verständigt.
Rz. 7
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Dazu hatte zunächst das BMF dem Gesetzgeber als ersten Schritt hin zu der späteren Einführung eines entsprechenden transaktionsbezogenen Meldesystems die obligatorische Verwendung von elektronischen Rechnungen (E-Rechnungen) für inländische B2B-Umsätze vorgeschlagen (vgl. Weimann, AStW 2023, 552).
Rz. 8
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Da eine Änderung des UStG auf Grundlage der insoweit verpflichtenden Regelungen in der MwStSystRL zunächst nicht möglich war, bedurfte es dazu einer Ermächtigung nach Art. 395 MwStSystRL.
Rz. 9
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Ermächtigung wird nunmehr durch das Wachstumschancengesetz vom 27.03.2024 umgesetzt. Damit wird in Deutschland die E-Rechnung im B2B-Bereich obligatorisch werden.