Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Vorschrift ist eine die Quick fixes für EU-Lieferungen (dazu Einf. vor § 1, Rz. 62) flankierende deutsche Sofortmaßnahme: Die Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt zur Versagung von Vorsteuerabzug und Steuerbefreiung.
Rz. 2
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Für § 25f UStG gibt es keine explizite Rechtgrundlage in der MwStSystRL (Rz. 16 ff.). Vielmehr wird in Anwendung der EuGH‐Rechtsprechung geregelt, dass einem Unternehmer
- der wusste oder hätte wissen müssen,
- dass er sich mit seinem Leistungsbezug oder dem erbrachten Umsatz an einem Umsatz beteiligt,
- bei dem ein Beteiligter auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe in eine begangene Umsatzsteuerhinterziehung oder Erlangung eines nicht gerechtfertigten Vorsteuerabzugs i. S. v. § 370 AO oder einer Schädigung des Umsatzsteueraufkommens i. S. d. §§ 26b und 26c UStG einbezogen war,
der Vorsteuerabzug bzw. die Steuerbefreiung für den entsprechenden Umsatz verwehrt werden kann.
Rz. 3
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Vorschrift dient der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges insbesondere in Form von Ketten- oder Karussellgeschäften (Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 23.09.2019, BT-Drucks. 19/13436, zu Art. 9 Nr. 18):
- Die Regelung sieht vor, dass der den Vorsteuerabzug beziehungsweise die Steuerbefreiung begehrende Unternehmer grundsätzlich zunächst in tatsächlicher Hinsicht die Feststellungslast für das Vorliegen der Begünstigung (Vorsteuerabzug/Steuerbefreiung) trägt.
- Im Weiteren sind die objektiven Umstände, die für eine wissentliche Einbindung des Unternehmers sprechen, seitens der Finanzverwaltung darzulegen.
Rz. 4
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Regelung ist wesentlich besser zu handhaben als die bisher in § 25d UStG bestehende Haftungsregelung, weil ein möglicher Steuerausfall dadurch vermieden werden kann, dass der Vorsteuerabzug beziehungsweise die Steuerbefreiung erst gar nicht gewährt werden und damit der Zweck der Hinterziehung – nämlich eine Auszahlung durch das Finanzamt – nicht erreicht wird (Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 23.09.2019, a. a. O.).
Rz. 5
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Im Interesse einer einheitlichen und praxisgerechten Rechtsanwendung wird mit der Regelung die vorliegende EuGH‐Rechtsprechung in nationales Recht umgesetzt und damit auch dem Bestimmtheitsgrundsatz und den Anforderungen der Praxis entsprochen.
Rz. 6
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Durch § 25f Abs. 2 UStG wird die Anwendung von Sondertatbeständen im Rahmen von innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften in den entsprechenden Fällen ausgeschlossen.
Rz. 7
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Damit erhält die diesbezügliche bisherige Rechtsprechung Einzug in das UStG:
Ein Kfz-Händler (K) in Deutschland erwarb 1996 u. a. Fahrzeuge, die aus Italien reimportiert worden waren.
Das FA und diesem folgend das Finanzgericht versagten u. a. den Vorsteuerabzug aus Rechnungen der Firma W in N (Deutschland). Beide gingen davon aus, dass die Adresse in N lediglich eine Scheinadresse sei, da der Rechnungsaussteller dort keine eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet hatte.
KW (der Inhaber von W) war vielmehr in Italien ansässig und hatte auch das bei einer Bank in Deutschland eingerichtete Geschäftskonto nicht genutzt. Unter der Anschrift in N war nur ein Büroservice der Firma D ansässig.
Der BFH bestätigte FA und Finanzgericht. Der Händler war nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, weil die Adresse in den Rechnungen nicht die Adresse des leistenden Unternehmers gewesen ist. Aufgrund der Obliegenheit des Leistungsempfängers, sich über die Richtigkeit der Angaben in der Rechnung zu vergewissern, hätte K den ihm bekannten Anhaltspunkten, die Anlass zu einer erhöhten Sorgfalt bei der Prüfung der Richtigkeit der Rechnungsdaten gegeben haben, nachgehen müssen (BFH, Urteil vom 06.12.2007, V R 61/05, BStBl II 2008, 605).
TIPP
Der Umsatzsteuerbetrug kostet die Bundesrepublik Deutschland weiter jährlich rund 15 Milliarden EUR. Den Betrug zu bekämpfen bleibt damit ein vorrangiges Ziel der Finanzverwaltung. Daran gibt es wenig zu kritisieren. Kritisch zu sehen ist aber die Art und Weise, wie die Verwaltung die Problematik neuerdings angeht. Da sie der wahren Täter eher selten habhaft wird, geht die Tendenz dahin, deren redliche Geschäftspartner ins Unrecht zu setzen und Umsatzsteuereinbußen dadurch auszugleichen, dass Letzteren der Vorsteuerabzug versagt wird. Zu offensichtlich diesem Ziel hat die Finanzverwaltung ein Papier entwickelt, das sie ausgewählten Unternehmern zunächst "erläutert" und danach "aushändigt"; die Unternehmer sollen dies durch ihre Unterschrift bestätigen (Merkblatt zur Umsatzsteuer / Beachtung des gemeinschaftsrechtlichen Missbrauchsverbots; dazu ausführlich Weimann, Umsatzsteuer in der Praxis, a. a. O., Kapitel 12 u. 12a). Informieren Sie unbedingt Ihren Steuerberater, wenn das Merkblatt – etwa während einer Betriebsprüfung oder Umsatzsteuer-Sonderprüfung – bei Ihnen zum Einsatz kommt!
Rz. 8–10
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Einstweilen ...