Dipl.-Finanzwirt (FH) Carsten Timm
Rz. 1
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG unterliegt der i. g. Erwerb im Inland gegen Entgelt der Besteuerung durch das UStG. Die Tatbestandsmerkmale (Legaldefinition) eines i. g. Erwerbs regelt § 1a UStG. Der Grundfall eines i. g. Erwerbs besteht darin, dass der Gegenstand einer Lieferung von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat gelangt (vgl. § 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Dabei erfolgt die Lieferung durch einen Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens (vgl. § 1a Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a UStG) und erfolgt der Erwerb durch einen Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erwirbt (vgl. § 1a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG). Insofern stellt der Tatbestand eines i. g. Erwerbs das Spiegelbild einer i. g. Lieferung nach § 6a Abs. 1 UStG dar (vgl. § 6a Rz. 1 ff. und vgl. EuGH vom 06.04.2006, Rs. C-245/04, EMAG Handel Eder OHG/Österreich, DStR 2006, 699). Bei einer i. g. Lieferung eines Gegenstands und dem diesbezüglichen i. g. Erwerb handelt es sich nach der Rechtsprechung des EuGH um ein und denselben wirtschaftlichen Vorgang; d. h., mit dem i. g. Erwerb muss eine i. g. Lieferung einhergehen, die im Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung steuerfrei ist (EuGH vom 27.09.2007, Rs. C-409/04 – Teleos, BStBl II 2009, 70).
Ebenso wie in § 6a Abs. 2 UStG das i. g. Verbringen als fiktive i. g. Lieferung definiert wird, behandelt § 1a Abs. 2 UStG das i. g. Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens zur eigenen Verfügung als Erwerbstatbestand. Ausnahmeregelungen enthält § 1a Abs. 3 UStG für bestimmte Erwerber (sog. Schwellenerwerber), bei denen das Vorliegen eines i. g. Erwerbs vom Überschreiten einer Erwerbsschwelle abhängig gemacht wird. § 1a Abs. 4 UStG räumt insoweit jedoch ein Optionsrecht ein. Zudem gelten die Beschränkungen des § 1a Abs. 3 UStG nicht für den Fall des Erwerbs neuer Fahrzeuge sowie verbrauchsteuerpflichtiger Waren durch diesen Erwerberkreis.
Rz. 2
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der Ort des i. g. Erwerbs bestimmt sich nach § 3d S. 1 UStG grundsätzlich als in dem Gebiet des Mitgliedstaates, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Wegen weiterer Einzelheiten und der Verwendung einer ggf. hiervon abweichenden USt-IdNr. vgl. die Kommentierung zu § 3d.
Rz. 3
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Steuerbefreiungen des i. g. Erwerbs sind in § 4b UStG (vgl. die Kommentierung zu § 4b) und in § 25c UStG geregelt (vgl. die Kommentierung zu § 25c).
Rz. 4
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der Umsatz wird in Fällen des i. g. Erwerbs nach dem Entgelt bemessen (§ 10 Abs. 1 S. 1 UStG); § 10 Abs. 1 S. 4 UStG ist zu beachten. Für die Fälle des Verbringens regelt § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG die Bemessungsgrundlage. Der Steuersatz ergibt sich aus § 12 UStG. Ein i. g. Erwerb kann sowohl dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG unterliegen als auch dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG.
Rz. 5
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Steuerentstehung der Erwerbsteuer für einen i. g. Erwerb nach § 1a UStG richtet sich gem. § 13 Abs. 1 Nr. 6 UStG nach der Ausstellung der Rechnung, die Steuer entsteht jedoch spätestens mit Ablauf des dem Erwerb folgenden Kalendermonats. Die Erwerbsteuer wird in der Praxis i. d. R. erst auf Grundlage der Rechnung und damit oftmals zu spät angemeldet. Steuerschuldner der Erwerbsteuer ist nach § 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG der Erwerber.
Rz. 6
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Dem Erwerber steht nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG grundsätzlich der Vorsteuerabzug aus der Erwerbsteuer zu. Für den Vorsteuerabzug sind die allgemeinen Beschränkungen in § 15 Abs. 2 und Abs. 3 UStG zu beachten.
Rz. 7
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
I. g. Erwerbe werden grundsätzlich in der Umsatzsteuer-Voranmeldung erklärt (vgl. § 16 Abs. 1 UStG i. V. m. § 18 Abs. 1 UStG; Vordruck USt 1 A). Ebenso gehen die i. g. Erwerbe in die Umsatzsteuer-Jahreserklärung ein (§ 18 Abs. 3 UStG/Vordruck USt 2 A [bis 2018 Anlage UR – diese wurde ab 2019 in den Vordruck USt 2 A integriert]). Auch Unternehmer und juristische Personen, die ausschließlich Steuern für Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG zu entrichten haben, müssen Voranmeldungen und eine Jahreserklärung abgeben (vgl. § 18 Abs. 4a S. 1 UStG). In der Anleitung zur Umsatzsteuer-Voranmeldung 2023 (Vordruck USt 1 E) weist die Verwaltung darauf hin, dass für i. g. Erwerbe eine grundsätzliche Meldepflicht i. R. d. Intrahandelsstatistik besteht (Befreiung von Meldepflicht, wenn Eingänge aus anderen EU-Mitgliedstaaten den statistischen Wert von 800.000 EUR im Vorjahr nicht überschritten haben). Weitere Besonderheiten gelten i. Z. m. dem Erwerb neuer Fahrzeuge durch "Nichtunternehmer" i. R. d. Fahrzeugeinzelbesteuerung (vgl. § 16 Abs. 5a UStG i. V. m. § 18 Abs. 5a UStG; Vordruck USt 1 B).
Das i. g. Kontrollverfahren über das MwSt-Informationsaustauschsystem (MIAS) erlaubt den Mitgliedstaaten u. a. einen Abgleich zwischen den aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet (in den ZM) gemeldeten i. g. Lieferungen an eine deutsche USt-IdNr. sowie den...