Fabian Hammler, Nicole Stumm
Rz. 2
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die drastische Zunahme des E-Commerce führte zu einer Ausweitung der Möglichkeit für Endverbraucher, Waren aus dem Ausland zu beziehen. Insbesondere bei Warenbezug aus Drittlandsgebieten bzw. von im Drittland ansässigen Unternehmern war die Besteuerung nicht immer sichergestellt. Dies veranlasste die EU, auch die bisherigen Regelungen zum Versandhandel i. R. d. sog. Mehrwertsteuer-Digitalpakets durch Regelungen zum Fernverkauf zu erneuern und zu erweitern. Die Umsetzung in nationales Recht erfolgte durch das Jahressteuergesetz 2020 (BGBl I 2020, 3096) m. W. z. 01.07.2021 (vgl. BMF vom 01.04.2021, BStBl I 2021, 629).
Bereits kurze Zeit nach der Einführung dieser Regelungen zeigte sich in der Praxis, dass der Richtliniengeber die wirtschaftliche Realität des E-Commerce nicht hinreichend berücksichtigt hat, um eine Verwaltungsvereinfachung im gewünschten Umfang zu erreichen. Vor diesem Hintergrund wird auf EU-Ebene bereits eine Überarbeitung, Ausweitung und Ergänzung unter dem Stichwort "VAT in the Digital Age" diskutiert (ein entsprechender Richtlinienentwurf der EU-Kommission wurde am 08.12.2022 veröffentlicht).
Aus Sicht der Praxis wünschenswert wäre – neben der Ausweitung der in den entsprechenden Verfahren zu meldenden Umsätze – v. a. die Möglichkeit einer rückwirkenden Registrierung im OSS- oder IOSS-Verfahren, da die Komplexität der neuen Regelungen einerseits und die Dynamik des E-Commerce andererseits oftmals dazu führen, dass Unternehmer mit dem Registrierungsersuchen "zu spät" kommen, d. h. zu diesem Zeitpunkt bereits relevante Leistungen erbracht haben. Dies führt dann aus dem Blickwinkel der Verwaltungsvereinfachung zu dem unerwünschten Ergebnis, dass parallel zu der Registrierung im OSS- oder IOSS-Verfahren häufig diverse lokale Registrierungen im regulären Veranlagungsverfahren der jeweiligen Bestimmungsmitgliedstaaten für einen Zwischenzeitraum vorzunehmen sind. Auch die Beschränkung des IOSS-Verfahrens auf Sendungen im Wert von bis zu 150 EUR hat sich in der Praxis als unglücklich erwiesen.