Fabian Hammler, Nicole Stumm
Rz. 5
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit dem sog. Mehrwertsteuer-Paket für den elektronischen Handel hat die Europäische Union ein Bündel an verschiedenen Maßnahmen zusammengestellt, um den europäischen Binnenmarkt zeitgemäß auszugestalten und insbesondere durch eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der mehrwertsteuerlichen Regeln gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen zu schaffen. Ziel war und ist es, eine faire und wirksame Besteuerung zu erreichen (vgl. Kombert/Kratz/Stumm, Rz. 3 f.).
Rz. 6
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit den weitreichenden Änderungen zum 01.07.2021 wurde neben neuen materiellrechtlichen Regelungen
- das Verfahren "VAT on e-Services" zum sog. One-Stop-Shop, Nicht-EU-Regelung (kurz Non-EU-OSS-Verfahren, § 18i UStG) eingeführt,
- der Mini-One-Stop-Shop zum sog. One-Stop-Shop, EU-Regelung (kurz EU-OSS-Verfahren, § 18j UStG) erweitert sowie
- ein weiteres besonderes Besteuerungsverfahren, das sog. Import-One-Stop-Shop-Verfahren (kurz IOSS-Verfahren, § 18k UStG),
eingeführt. Die Regelungen zum (I)OSS-Verfahren wurden bereits zum 01.04.2021 eingeführt, um eine rechtzeitige Registrierung sowie Teilnahme der betreffenden Unternehmer an den Verfahren ab dem 01.07.2021 zu ermöglichen (Kombert/Kratz/Stumm, Rz. 108).
Rz. 7
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit Datum vom 08.12.2022 hat die EU Kommission ihren Legislativvorschlag zur "Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter" (VAT in the Digital Age, ViDA) vorgelegt (vgl. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Mehrwertsteuervorschriften für das digitale Zeitalter, abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52022PC0701). Dieser Vorschlag gliedert sich in die folgenden drei Säulen: Mehrwertsteuermeldepflichten und elektronische Rechnungsstellung, mehrwertsteuerliche Behandlung der Plattformwirtschaft sowie einzige Mehrwertsteuerregistrierung in der EU (https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/13186-Mehrwertsteuer-im-digitalen-Zeitalter_de).
Rz. 8
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit den in Säule drei ("einzige Mehrwertsteuerregistrierung in der EU") vorgeschlagenen Änderungen wird das Ziel verfolgt, (zusätzliche) Registrierungspflichten von Unternehmern im EU-Ausland zu vermeiden und somit den administrativen Aufwand und die entsprechenden Erklärungspflichten zu reduzieren (vgl. beispielsweise S. 3 Punkt 3 im Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Mehrwertsteuervorschriften für das digitale Zeitalter). In diesem Rahmen sollte ursprünglich mit Wirkung ab dem 01.01.2025 die Sonderregelung des § 18k UStG für elektronische Schnittstellen, die bestimmte Fernverkäufe eingeführter Gegenstände als fiktive Lieferer unterstützen, verpflichtend eingeführt werden (vgl. S. 29 des Vorschlags für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Mehrwertsteuervorschriften für das digitale Zeitalter sowie Art. 369m i. d. F. des vorgenannten Richtlinienvorschlags), sofern die weiteren Voraussetzungen des Verfahrens erfüllt werden (keine Überschreitung des Sendungswertes von aktuell 150 EUR). Im Jahr 2023 konnte keine politische Einigung über die EU-Reform der Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter (ViDA) erzielt werden. Eine politische Einigung soll am 14.05.2024 auf der monatlichen ECOFIN-Sitzung erzielt werden. Der ursprüngliche Zeitplan wird sich um mindestens 1 Jahr verschieben. Im Rahmen des Legislativvorschlags der Europäischen Kommission beschränkt sich die Verbesserung des IOSS-Systems auf die obligatorische Bereitstellung dieser Sonderregelung für Plattformen. Jedwede andere Verbesserung oder Ausweitung, wie z. B. die Abschaffung des Sendungswerts von 150 EUR, erfolgt nunmehr i. R. d. Zollreform. Weitere Informationen zu der geplanten "EU-Zollreform" finden sich unter https://taxation-customs.ec.europa.eu/customs-4/eu-customs-reform_en. Die etwaige Anpassung bzw. Aufhebung des Sendungswertes wurde in der Richtlinie nicht entschieden, sondern einer Entscheidung i. R. d. EU-Zollreform vorbehalten. Am 17.05.2023 hat die Kommission Vorschläge für eine umfassende Reform der EU-Zollunion vorgelegt (vgl. Pressemitteilung der EU-Kommission "EU-Zollreform: Eine datengesteuerte Vision für eine einfachere, intelligentere und sicherere Zollunion" vom 17. Mai 2023, abrufbar unter "EU-Zollreform" auf der Webseite https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_23_2643), die die Aufhebung des derzeitigen Schwellenwerts vorsieht.