Rz. 2
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Bereits im UStG 1919 war eine Steuerbefreiung für bestimmte Leistungen gemeinnütziger und wohltätiger Unternehmen enthalten. Seit 1967 blieb die Befreiungsvorschrift im Wesentlichen unverändert. In seiner bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung befreite § 4 Nr. 18 UStG die Tätigkeiten der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrt, die sich aus § 23 UStDV ergaben.
Rz. 3
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
In seinen Entscheidungen vom 07.09.1999 (Rs. C-216/97, Gregg, UR 1999, 419) und vom 15.11.2012 (Rs. C-174/11, Zimmermann, DStR 2013, 443) hatte der EuGH allerdings entschieden, dass der unionsrechtliche Neutralitätsgrundsatz erfordert, dass die Steuerbefreiung der Umsätze der in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL genannten Einrichtungen nicht von deren Rechtform abhängen dürfe. Auch privatrechtliche Einrichtungen müssen bei Erbringung vergleichbarer Leistungen der in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL genannten Kategorien umsatzsteuerbefreit sein. Der BFH sah daher die unionsrechtlichen Vorgaben als unvollständig durch die nationalen Vorschriften umgesetzt an und ließ ein unmittelbares Berufen auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL zu (vgl. Urteile vom 18.08.2005, Az: V R 71/03, BStBl II 2006, 143 und vom 01.12.2010, Az: XI R 46/08, UR 2011, 348). In der Folge hatten die Steuerpflichtigen daher ein sog. faktischen Wahlrecht: Sie konnten sich unmittelbar auf Art 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen und die Steuerfreiheit ihrer Ausgangsumsätze erreichen oder das engere nationale Recht in Anspruch nehmen, ihre Umsätze steuerpflichtig lassen und den Vorsteuerabzug für ihre Eingangsleistungen beanspruchen.
Rz. 4
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Bereits das Jahressteuergesetz 2013 sah in Reaktion auf die o. g. EuGH-Urteile Anpassungen im Bereich des § 4 Nr. 16 und Nr. 18 UStG vor, scheiterte jedoch, nachdem der Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses (BT-Drucks. 17/11844) am 17.01.2013 keine Mehrheit im Bundestag fand.
Rz. 5
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Durch das JStG 2020 wurde § 4 Nr. 18 UStG mit Wirkung ab 01.01.2020 in eine subsidiäre Befreiungsnorm für Sozialleistungen umgewandelt. Die Neuregelung des § 4 Nr. 18 UStG hat zur Folge, dass sich Steuerpflichtige nicht mehr unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst g MwStSystRL berufen können, wenn ihre sozialen Leistungen nach den Befreiungsvorschriften des UStG für Sozialleistungen nicht umsatzsteuerfrei sind (vgl. Gomes, UR 2022, 241).
Im Zuge der Neufassung von § 4 Nr. 18 UStG fiel auch § 23 UStDV, der die amtlich anerkannten Verbände der Wohlfahrtspflege aufführte, weg. Durch die Neufassung von § 4 Nr. 18 UStG und den Wegfall von § 23 UStDV verloren die bislang darin erfassten anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und ihre Mitglieder die mit ihrem Sonderstatus verbundene umfassende Umsatzsteuerbefreiung. Der Gesetzgeber geht jedoch davon aus, dass "die Hauptaufgaben der anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und deren Mitglieder unverändert von der Umsatzsteuer befreit sind" (BT-Drucks. 19/13436, 147).
Rz. 6
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Durch das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrecht vom 4. Mai 2021 (BGBl 2021, 882) kam es zum 01.01.2023 zu erheblichen Änderungen im BGB, die auch redaktionelle Änderungen des § 4 Nr. 18 UStG im Hinblick auf die dort angeführten Normen des BGB zur Folge hatte (vgl. Art. 15 des Gesetzes – BStBl I 2023, 403).