1.3.1 Sachlicher Geltungsbereich
Rz. 7
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die pauschalierte Besteuerung kann nur auf die land- und forstwirtschaftlichen Umsätze eines Berufsangehörigen angewandt werden. Den Umsätzen müssen selbst erzeugte land- und forstwirtschaftliche Produkte oder landwirtschaftliche Dienstleistungen zugrunde liegen (Abschn. 24.1. Abs. 1 S. 2 UStAE). Dies gilt auch für Umsätze i. R. eines land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebs i. S. d. § 24 Abs. 2 S. 2 UStG.
Andere Umsätze, die i. R. d. land- und forstwirtschaftlichen Unternehmens ausgeführt werden, unterliegen der Besteuerung nach den allgemeinen Grundsätzen (Abschn. 24.1. Abs. 1 S. 3 UStAE). Gewerbebetriebe, die neben der Land- und Forstwirtschaft unterhalten werden, können die Pauschalierung ebenfalls nicht in Anspruch nehmen – ausgenommen in den Fällen eines landwirtschaftlichen Absatzbetriebs i. S. d. Abschn. 24.1. Abs. 1 S. 5 UStAE.
1.3.2 Persönlicher Geltungsbereich
Rz. 8
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Die Begünstigung des § 24 UStG ist für alle Unternehmer anwendbar, die mit ihrem Betrieb entsprechend begünstigte land- und forstwirtschaftliche Umsätze ausführen (landwirtschaftliche Erzeuger) und deren Gesamtumsatz i. S. d. § 19 Abs. 3 UStG im vorangegangenen Kj. nicht mehr als 600.000 EUR betragen hat.
Unter den Anwendungsbereich fallen auch Gewerbebetriebe kraft Rechtsform. Zwar waren diese in früheren Fassungen des § 24 UStG ausgeschlossen, dem widersprach der BFH jedoch mit Urteil vom 16.04.2008, XI R 73/07, BStBl II 2009, 1024. Nach Ansicht des BFH verletzte diese Einschränkung Gemeinschaftsrecht und war daher nicht mehr anzuwenden.
1.3.3 Zeitlicher Geltungsbereich
Rz. 9
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Sonderbestimmungen für die Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Unternehmer existierten bereits vor dem heutigen USt-Recht. Mit Wirkung ab dem 01.01.1968 wurde die Durchschnittssatzbesteuerung in einer der heutigen Regelung ähnlichen Form eingeführt. Die Norm erfuhr seither zwar einige Änderungen, doch ist sie in ihrem wesentlichen Kern bis heute erhalten.
1.3.4 Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen und Verhältnis zu anderen Vorschriften
Rz. 10
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Die Grundsätze für Pauschalregelungen für landwirtschaftliche Erzeuger sind in Art. 295–305 der MwStSystRL vorgegeben. Danach können die EU-Mitgliedstaaten für landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung auf Schwierigkeiten stoßen würde, eine Pauschalregelung vorsehen. Jedoch kann jeder Mitgliedstaat bestimmte Gruppen landwirtschaftlicher Erzeuger sowie diejenigen landwirtschaftlichen Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung keine verwaltungstechnischen Schwierigkeiten mit sich bringt, von der Pauschalregelung ausnehmen.
Rz. 11
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In der Vergangenheit wurde der deutsche Gesetzgeber immer wieder kritisiert, einige Vorgaben aus der MWStSystRL nicht europarechtskonform umgesetzt zu haben. So wurde u. a. bemängelt, dass bis zum 31.12.2021 jedes Agrarunternehmen die Pauschalierung anwenden konnte, unabhängig von seiner Größe. Gerade bei großen Betrieben ist jedoch davon auszugehen, dass sie bei der Anwendung der Regelbesteuerung nicht auf Schwierigkeiten stoßen, weil sie ohnehin umfangreiche Aufzeichnungen zu ihren Umsätzen führen und eine entsprechende EDV einsetzen.
Darüber hinaus hatte die EU-Kommission gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren geführt (EuGH, C-57/20), das die Höhe der Pauschalsätze betraf. Der seit dem 01.01.2007 unverändert geltende Pauschalierungssatz gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG wurde als zu hoch angesehen. Nach Art. 299 MWStSystRL dürfen die Pauschalausgleich-Prozentsätze nicht dazu führen, dass die Pauschallandwirte insgesamt Erstattungen erhalten, die über die Mehrwertsteuer-Vorbelastung hinausgehen.
Um auf die Bedenken zu reagieren und das Vertragsverletzungsverfahren zu beenden, wurde zum 01.01.2022 eine Umsatzgrenze in § 24 Abs. 1 S. 1 UStG eingefügt, der Pauschalierungssatz in § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG erhöht sowie eine jährliche Kontrolle der Angemessenheit der Steuersätze eingeführt (vgl. Rz. 4).
Rz. 12
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Die in § 67 UStDV geregelten Vereinfachungen der Aufzeichnungspflichten für pauschalierende Land- und Forstwirte stellen eine Ausnahme von den allgemein gültigen Aufzeichnungsregeln des § 22 UStG dar. § 71 UStDV enthält darüber hinaus eine Verkürzung der zeitlichen Bindung bei der Option zur Regelbesteuerung für Unternehmen, die die Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 1 UStG anwenden.