Dipl.-Finanzwirt (FH) Carsten Timm
Rz. 23
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG setzt Art. 135 Abs. 1 Buchst. j und k MwStSystRL (früher Art. 13 Teil B Buchst. g und h der 6. EG-RL) in nationales Recht um. Dabei wird die in Art. 371 i. V. m. Anhang X Teil B Nr. 9 MwStSystRL (früher Art. 28 Abs. 3 Buchst. b i. V. m. Anhang F Nr. 16 der 6. EG-RL) enthaltene Sonderregelung hinsichtlich von Neubauten und Baugrundstücken in Anspruch genommen.
Rz. 24
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die unter § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG fallenden Umsätze sind nach § 9 Abs. 1 UStG optionsfähig (mit weiteren Voraussetzungen in § 9 Abs. 2 und 3 UStG; vgl. die Kommentierung zu § 9 UStG). Wegen eines unrichtigen Steuerausweises in Fällen der Rücknahme einer Option vgl. § 14c Rz. 34 ff. Nach § 4 Nr. 9 UStG steuerfreie Ausgangsleistungen führen zum Vorsteuerausschluss für Eingangsleistungen (vgl. § 15 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 UStG und vgl. § 4 Rz. 3 – unechte Steuerbefreiung). Für steuerpflichtige Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG.
Rz. 25
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 4 Nr. 9 Buchst. b UStG setzt Art 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-RL) in nationales Recht um. Die Richtlinienregelung gestattet den Mitgliedstaaten, Bedingungen und Beschränkungen der Steuerbefreiung vorzusehen.
Rz. 26
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit Urteil vom 17.02.2005 (Rs. C-453/02 und C-462/02 Linneweber und Akritidis, DStRE 2005, 368; Vorlagebeschluss des BFH vom 06.11.2002, Az: V R 7/02) hat der EuGH entschieden, dass Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-RL einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Veranstaltung oder der Betrieb von Glücksspielen und Glücksspielgeräten aller Art in zugelassenen öffentlichen Spielbanken steuerfrei ist, während diese Steuerbefreiung für die Ausübung der gleichen Tätigkeit durch Wirtschaftsteilnehmer (private Betreiber), die nicht Spielbankbetreiber sind, nicht gilt und diese in der Steuerpflicht beließ. Der EuGH hat daher darauf erkannt, dass sich die privaten Betreiber vor den nationalen Gerichten direkt auf die Steuerbefreiung des Unionsrecht (damals 6. EG-RL) berufen können. Dieser Rechtsprechung hat sich der BFH angeschlossen und entschieden (vgl. BFH vom 12.05.2005, Az: V R 7/02, BStBl II 2005, 617 und BFH vom 19.05.2005, Az: V R 50/01 (NV), BFH/NV 2005, 1881), dass sich der Unternehmer auf die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-RL berufen kann, dass § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG keine Anwendung findet, da die nationale Norm die Steuerbefreiung von der Identität des Veranstalters oder Betreibers abhängig macht und deshalb nach Auffassung des EuGH mit der Richtlinienregelung unvereinbar ist (zur bilanzsteuerrechtlichen Behandlung vgl. BMF vom 05.07.2006, Az: IV B 2 – S 2141 – 7/06, BStBl I 2006, 418).
Rz. 27
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Zur Vermeidung der Steuerbefreiung von privaten Betreibern, die sich nur aus der den öffentlichen Spielbanken gewährten Steuerbefreiung ableitete, hat der Gesetzgeber durch Art. 2 des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen m. W. v. 06.05.2006 die Steuerbefreiung der Umsätze öffentlicher Spielbanken aufgehoben und behandelt insofern auch diese Umsätze nunmehr gleich, nämlich steuerpflichtig (Gesetz vom 28.04.2006, BGBl I 2006, 1095; Art. 4 Änderungsgesetz: Tag nach der Verkündung des Gesetzes im BGBl I Ausgabe 222006, ausgegeben am 05.06.2007). Durch die neue Fassung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG werden nur noch Wetten und Lotterien von der Umsatzsteuer befreit. "Sonstige Glückspiele mit Geldeinsatz" sind in vollem Umfang steuerpflichtig. Die Gesetzesbegründung hebt auf den durch Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-RL eingeräumten Spielraum ab, der es den Mitgliedstaaten erlaube, für die grundsätzlich vorgesehene Steuerbefreiung Bedingungen und Beschränkungen vorzusehen. Es ist daher als Reaktion auf die Rechtsprechung des EuGH ausreichend, die Umsätze der öffentlichen Spielbanken ebenfalls der Besteuerung zu unterwerfen (vgl. BT-Drucks. 16634 vom 13.02.2006, 11). Durch die Einbeziehung der vormals umsatzsteuerfreien Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken in die Umsatzsteuerpflicht wollte der Gesetzgeber die umsatzsteuerliche Neutralität wiederherstellen und die durch die Rechtsprechung eröffnete Berufungsmöglichkeit gewerblicher Glücksspielanbieter auf die Steuerbefreiung aufheben. Den u. E. ebenfalls möglichen umgekehrten Weg zur Problemlösung, nämlich alle Umsätze von der Umsatzsteuer zu befreien, wollte der Gesetzgeber offenbar nicht beschreiten.
Rz. 28
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Das Recht, Glückspiele zu veranstalten, hat in Deutschland der Staat. Dieses Monopolrecht ist im Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) vom 29.10.2020 geregelt (in seiner ursprünglichen Fassung trat der GlüStV bereits zum 01.01.2008 in Kraft). Dieser Staatsvertrag wurde zwischen allen 16 deutschen Bundesländern geschlossen und schafft bundeseinheitliche Rahmenbedingungen für die Ve...