Rz. 9
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 8 UStG entspricht weitgehend den Vorgaben der Art. 148, Art. 150 und Art. 371 MwStSystRL (Art. 15 Nr. 4–9, Art. 28 Abs. 3 Buchst. a i. V. m. Anhang E Nr. 13, Art. 28 Abs. 3 Buchst. b i. V. m. Anhang F Nr. 23 und 25 der 6. EG-RL). Zur Auslegung von Art. 148 Buchst. a, c und d MwStSystRL durch den Mehrwertsteuerausschuss vgl. die Leitlinien aus der 103. Sitzung vom 20.04.2015 – Dokument A – taxud.c.1(2015)3366194-868, UR 2016, 185. Zu diesbezüglichen Abweichungen von § 8 Abs. 1 UStG vgl. UR 2016, 309. Zum Recht auf Vorsteuerabzug vgl. Art. 169 Buchst. b MwStSystRL.
Rz. 10
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Zur Auslegung des Art. 15 Nr. 4–9 der 6. EG-RL sind bereits zahlreiche Entscheidungen des EuGH ergangen. Mit Urteil vom 26.06.1990 (vgl. EuGH vom 26.06.1990, Rs. C-185/89 Velker International Oil Company Ltd. NV, UR 1991, 349) hat der EuGH entschieden, dass die Lieferung von Gegenständen zur Versorgung (im Urteilsfall Lieferung von Bunkeröl) eines Schiffes im Sinne dieser Vorschrift nur dann unter die Steuerbefreiung fällt, wenn sie unmittelbar an den Betreiber des Schiffes erfolgt, der die Gegenstände zur Versorgung des Schiffes verwendet. Die Lieferung auf einer vorangehenden Handelsstufe ist demnach nicht nach Art. 15 Nr. 4 der 6. EG-RL steuerbefreit.
Rz. 11
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Mit Urteil vom 14.09.2006 (vgl. EuGH vom 14.09.2006, Rs. C-181/04, C-182/04, C-183/04 Elmeka NE, BFH/NV Beilage 1/2007, 61) hat der EuGH Art. 15 Nr. 4 Buchst. a der 6. EG-RL dahin gehend ausgelegt, dass das Kriterium des Einsatzes auf hoher See für alle in dieser Vorschrift erwähnten Arten von Schiffen gilt. Weiterhin hat der EuGH zur Auslegung des Art. 15 Nr. 8 der 6. EG-RL festgestellt, dass Dienstleistungen (im Urteilsfall Transport von Kraftstoffen mit einem Tankschiff zu Schiffen die anschließend "Auslandsfahrten" durchführen) nur dann unter die Vorschrift fallen, wenn sie unmittelbar an den Reeder erbracht werden. Eine Befreiung auf einer vorangegangenen Handelsstufe kommt nicht in Betracht. Diese Auslegung dient der Gewährleistung einer kohärenten Anwendung der 6. EG-RL, da die Erwägungen zur Behandlung von Versorgungslieferungen (= der Ausfuhr gleichgestellt; unmittelbare Bewirkung) auf Dienstleistungen übertragbar sind.
Rz. 12
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In seinem Urteil vom 18.10.2007 (Rs. C-97/06, "Navicon" Spanien, IStR 2007, 820) setzt sich der EuGH mit dem Begriff der "Vercharterung" in Art. 15 Nr. 5 der 6. EG-RL auseinander (Art. 148 Buchst. c MwStSystRL). Streitgegenständlich war die Frage, ob unter die Steuerbefreiung nur die Vollvercharterung oder auch die Teilvercharterung fällt. Nach Auffassung des EuGH ist der Begriff der Vercharterung nicht auf die Vollvercharterung beschränkt. Dabei muss allerdings auch überprüft werden, ob die zwischen den Beteiligten vereinbarte Leistung ihren Merkmalen nach einer Vercharterung entspricht, oder ob es sich ggf. um eine Güterbeförderung handelt, die unter Art. 15 Nr. 13 der 6. EG-RL (Art. 146 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL) fallen kann.
Rz. 13
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Das Urteil des EuGH vom 22.12.2010 (Rs. C-116/10, "Bacino/Feltgen", BFH/NV 2011, 399) setzt sich mit der Frage auseinander, ob auch die Überlassung eines Schiffes mit Besatzung gegen Entgelt an natürliche Personen für Hochseevergnügungsreisen unter Art. 15 Nr. 5 der 6. EG-RL fällt und verneint dies. Damit die Vermietung in den Anwendungsbereich dieser Norm fallen kann, muss auch der Mieter das Schiff zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit verwenden. Die Nutzung durch den Mieter ausschließlich zu Vergnügungszwecken erfüllt diese Voraussetzung nicht.
Rz. 14
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Mit Urteil vom 19.07.2012 (Rs. C-33/11, "A Oy I", UR 2012, 873) hat der EuGH entschieden, dass der Begriff "entgeltlicher internationaler Verkehr" in Art. 15 Nr. 6 der 6. EG-RL auch internationale Charterflüge zur Befriedigung der Nachfrage von Unternehmen oder Privatpersonen einschließt. Der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer schließt die Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen ein. Eine Unterscheidung zwischen Linienflugverkehr und Charterflugverkehr ist daher nicht geboten. Weiterhin stellt der EuGH fest, dass die Steuerbefreiung nicht voraussetzt, dass das Luftfahrzeug unmittelbar an eine Luftfahrtgesellschaft geliefert wird, die es selbst im internationalen Verkehr einsetzt (im Urteilsfall Nutzungsüberlassung an eine solche). Hieraus ergibt sich eine Abweichung von den Grundsätzen der Urteile Velker/Elmeka (a. a. O., Rn. 10 f.) für die Auslegung von Art. 15 Nr. 6 der 6. EG-RL. Diese Urteile betrafen allerdings nicht die Fahrzeuge selbst, sondern Versorgungsleistungen für sie. Der EuGH betont in seinem Urteil abermals, dass er zusätzliche Kontroll- und Überwachungsmechanismen für die Steuerbefreiung ablehnt, dass allerdings z. B. im Sachverhalt des Ausgangsverfahrens die "Art des hier in Rede stehenden Gegenstands und insbesondere der Registrierungs- und Zulassungsverfahren, denen seine Nutzung un...