2.1 Überblick über die Vorschrift
Rz. 1a
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 3 UStG regelt in
- Abs. 1–5 sowie Abs. 9–12 den Steuergegenstand der USt für die Fälle des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG,
- Abs. 5a–8 den Leistungsort für Lieferumsätze,
- Abs. 13 ff. die Gutscheine.
Rz. 2
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Vorschrift hat damit zentrale Bedeutung für die Prüfung der Steuerbarkeit unternehmerischen Verhaltens.
2.2 Rechtsentwicklung
Rz. 3
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§ 3 UStG geht in seiner jetzigen Form auf § 3 UStG 1967 zurück. Die Regelungen wurden in ihrem Kernbereich unverändert in das UStG 1980 übernommen und erfuhren in der Folgezeit insbesondere aufgrund der Einführung des USt-Binnenmarktes zum 01.01.1993 und der Anpassung an die Vorgaben der 6. EG-RL zahlreiche Änderungen, die in den Einzelkommentierungen (vgl. Rz. 12 ff.) dargestellt sind. Zur Rechtsentwicklung ausführlich Flückiger in S/W/R, § 3 Rz. 1 ff.; Martin in S/R, § 3 Rz. 1 ff.; Nieskens in R/D, Anm. 1 ff.).
Rz. 4
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Überblick über die wichtigsten letzten materiellen Änderungen des § 3 UStG:
- Das "Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" vom 25.07.2014 (BGBl I 2014, 1266) hat § 3 UStG m. W. v. 01.01.2015 ergänzt um den neuen Absatz 11a bzgl. der Abrechnung von Leistungen, die über öffentliche Telekommunikationsnetze, Portale und Schnittstellen erbracht werden (Rz. 192 ff.).
- Das "Jahressteuergesetz 2020" (JStG 2020, BGBl I 2020, 3096) vom 21.12.2020 hat m. W. v. 01.01.2020 im neuen § 3a Abs. 6a UStG den Lieferort bei Reihengeschäften an die EU-Vorgaben angepasst (Rz. 124 ff.).
- Das "Jahressteuergesetz 2020" (JStG 2020, BGBl I 2020, 3096) vom 21.12.2020 hat m. W. v. 01.07.2021 in den neuen § 3 Abs. 3a u. Abs. 6b UStG die Betreiber elektronischer Schnittstellen in fiktive Lieferketten einbezogen (Rz. 63a ff. und Rz. 148). Entsprechend redaktionell angepasst wurde § 3 Abs. 7 S. 2 UStG einleitender Satzteil; zur Anwendung s. § 27 Abs. 14 S. 1 UStG.
Zu den vorhergehenden Änderungen des § 3 UStG – zuletzt durch das Jahressteuergesetz 2010 (BGBl I 2010, 1768, BStBl I 2010, 1394) – vgl. Vorauflage (5. Auflage 2018, § 3 Rz. 4).
2.3 Geltungsbereich
2.3.1 Sachlicher Geltungsbereich
Rz. 5
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§ 3 UStG regelt den Steuergegenstand der USt in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Steuergegenstand sind danach Lieferungen und sonstige Leistungen, entsprechend auch Tausch und tauschähnliche Umsätze sowie denen gleichgestellte Leistungen.
2.3.2 Persönlicher Geltungsbereich
Rz. 6
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§ 3 UStG sieht hinsichtlich des persönlichen Geltungsbereichs keine Beschränkungen vor und gilt daher für alle Unternehmer i. S. d. § 2 UStG.
2.3.3 Zeitlicher Geltungsbereich
Rz. 7
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§ 3 UStG galt vom 01.04.1999 bis zum 31.12.2003 unverändert und wurde in der Folgezeit lediglich durch das StÄndG 2003 m. W. v. 01.01.2004, das EURLUmsG m. W. v. 01.01.2005 sowie das JStG 2008 m. W. v. 29.12.2007 geändert (vgl. Rz. 3 f.). Für ältere Zeiträume vor dem 01.04.1999 vgl. Nieskens in R/D, Anm. 1 ff.
Rz. 7a
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zum 01.01.2019 wurden dem § 3 die Abs. 13 – 15 angefügt. Die Änderung soll eine einheitliche steuerliche Behandlung von im EU-Binnenmarkt gehandelten Gutscheinen gewährleisten. Sie dient der Umsetzung von Artikel 30a, 30b und 73a MwStSystRL in der Fassung der sog. Gutschein‐Richtlinie in nationales Recht. Die Umsetzung musste bis zum 31.12.2018 erfolgen.
2.4 Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen und Verhältnis zu anderen Vorschriften
2.4.1 Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen
Rz. 8
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die einzelnen Regelungen des § 3 UStG stimmen nicht wörtlich mit den entsprechenden Vorschriften der MwStSystRL bzw. der 6. EG-RL als deren Vorgängerin überein. Soweit sich dadurch inhaltliche Unterschiede ergeben, sind die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen im Wege der richtlinienkonformen Auslegung zu berücksichtigen (Martin in S/R, § 3 Rz. 24; vgl. § 1 Rz. 10 f.).
§ 3 Abs. … UStG |
Art. … der MwStSystRL |
Art. … der 6. EG-RL (bis 31.12.2006) |
1 |
14 f. |
5 Abs. 1, 2 und 4 |
1a |
17 |
28a Abs. 5 |
1b |
16 |
5 Abs. 6 |
3 |
14 Abs. 2 Buchst. c |
5 Abs. 4c |
3a |
14a |
|
4 |
14 Abs. 3 |
5 Abs. 5 |
5a |
31 ff. |
8 |
6 |
32 Abs. 1 |
8 Abs. 1 Buchst. a |
6a |
36a und 36b |
|
6b |
14a |
|
7 |
31, 33 |
8 Abs. 1 Buchst. a |
8 |
32 Abs. 2 |
8 Abs. 2 |
9 |
24 f. |
6 Abs. 1 |
9a |
26 |
6 Abs. 2 |
10 |
24 f. |
6 Abs. 1 (vgl. Rz. 175 ff.) |
11 |
28 |
6 Abs. 4 |
11a |
58 i. V. m. Art. 9 MwStVO |
|
12 |
14 Abs. 1 und Abs. 2, 15 Abs. 1 |
5 Abs. 1, 2 und 4 |
13 |
30a, 30b, 73a, 410a |
|
14 |
30a, 30b, 73a, 410a |
|
15 |
30a, 30b, 73a, 410a |
|
Rz. 9
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der EuGH hat festgestellt, dass die deutschen Lieferortsbestimmungen des § 3 Abs. 6 S. 5, Abs. 7 S. 2 UStG richtlinienkonform sind (EuGH-Urteil vom 06.04.2006, Rs. C-245/04, EMAG Handel Eder OHG, BFH/NV Beilage 2006, 294). Der österreichische Verwaltungsgerichtshof (kurz "öVwGH" = höchstes österreichisches Gericht in Steuersachen) hatte dem EuGH mit Beschlüssen vom 26.05.2004 vier Fragen zur umsatzsteuerlichen Beurteilung grenzüberschreitender Reihengeschäften zur Vorabentscheidung vorgelegt. Österreichische und deutsche Verwaltungspraxis, Gesetzgeber und herrschende Lehre ordnen die Warenbewegung (Beförderung oder Versendung) abhängig von der Veranlassung des Tr...