Fabian Hammler, Nicole Stumm
Rz. 7
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 4 Nr. 4c UStG befreit "die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Abs. 3a S. 1 [UStG] im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert", von der Umsatzsteuer. Nach § 3 Abs. 3a S. 1 UStG wird ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Abs. 5 S. 1 unterstützt, so behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte (vgl. § 3 Abs. 3a Rz. 63b ff.).
Rz. 8
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Steuerbefreiung erfordert eine im Inland steuerbare Lieferung eines Gegenstands an einen Unternehmer für sein Unternehmen. Die Steuerbarkeit der Lieferung setzt voraus, dass sich der zu liefernde Gegenstand im Zeitpunkt der Lieferung bereits im Inland befindet, sei es, dass er zuvor vom liefernden Unternehmer eingeführt oder im Gemeinschaftsgebiet erworben wurde.
Rz. 9
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Steuerbefreiung findet unter den weiteren Voraussetzungen des § 3 Abs. 3a S. 1 UStG nur auf Lieferungen von im Drittland ansässigen Unternehmern Anwendung. Es kann sich um Lieferungen an Empfänger i. S. d. § 3a Abs. 5 S. 1 UStG (Nichtunternehmer) im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet handeln – in beiden Fällen "beginnt und endet" die Beförderung oder Versendung des Gegenstands im Gemeinschaftsgebiet.
Rz. 10
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Infolge des Verweises auf § 3 Abs. 3a S. 1 UStG dürfte dem Tatbestandsmerkmal, dass die Lieferung an einen Unternehmer "für sein Unternehmen" ausgeführt werden muss, keine eigenständige Bedeutung zukommen, da diese Voraussetzung Bestandteil der gesetzlichen Fiktion in § 3 Abs. 3a S. 1 UStG ist.
Im Grundsatz fingiert § 3 Abs. 3a S. 1 UStG die Einschaltung eines Betreibers einer elektronischen Schnittstelle in eine Leistungskette, wenn er einen i. g. Fernverkauf oder eine Inlandslieferung eines nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers an einen Empfänger i. S. d. § 3a Abs. 5 S. 1 UStG (Nichtunternehmer) mittels elektronischer Schnittstelle unterstützt. Die Fiktion führt zu einem Reihengeschäft, dessen ruhende Lieferung diejenige an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle ist (§ 3 Abs. 6b i. V. m. § 3 Abs. 7 S. 2 Nr. 1 UStG) und für die § 4 Nr. 4c UStG Anwendung findet.
Zu den Begriffen "elektronische Schnittstelle" und "unterstützen" vgl. § 25e, Rz. 30 f.
Steuerbefreiung für Lieferung an Betreiber einer elektronischen Schnittstelle
Der in Norwegen ansässige Unternehmer N bietet Endverbrauchern in Deutschland und Frankreich Waren über den von D betriebenen Online-Marktplatz zum Kauf an. N unterhält in Deutschland ein Warenlager, aus dessen Warenbestand er die eingehenden Bestellungen bedient. N beauftragt den Spediteur S mit dem Transport der Waren.
Lösung:
D hat mittels seines Online-Marktplatzes (elektronische Schnittstelle) die Lieferung von Gegenständen durch den im Drittlandsgebiet (Norwegen) ansässigen N an Empfänger i. S. d. § 3a Abs. 5 S. 1 UStG (Endverbraucher) in Deutschland und Frankreich unterstützt (§ 3 Abs. 3a S. 1 UStG). Die Warenbewegung beginnt und endet jeweils im Gemeinschaftsgebiet. D wird so behandelt, als ob er die Gegenstände für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte. Es werden zwei Lieferungen fingiert, nämlich die Lieferung der Waren von N an D und von D an die Endverbraucher in Deutschland und Frankreich. Aufgrund der Warenbewegung direkt von D zu den Endverbrauchern liegt ein Reihengeschäft vor. Die von D an die Endverbraucher ausgeführte Lieferung ist aufgrund der gesetzlichen Anordnung in § 3 Abs. 6b UStG als bewegte Lieferung einzuordnen. Die Lieferungen an deutsche Endverbraucher sind in Deutschland steuerbar; ob die Lieferungen an die Endverbraucher in Frankreich in Deutschland oder Frankreich steuerbar sind, hängt davon ab, ob die Voraussetzungen eines i. g. Fernverkaufs gem. § 3c Abs. 1 UStG, z. B. ein Überschreiten der Lieferschwelle, in der Person des D gegeben sind.
Die Lieferungen von N an D sind die ruhenden Lieferungen des Reihengeschäfts; sie sind in Deutschland steuerbar, wo die Warenbewegung beginnt (§ 3 Abs. 7 S. 2 Nr. 1 UStG). Sie sind jedoch gem. § 4 Nr. 4c UStG steuerfrei.