Dipl.-Finanzwirt (FH) Carsten Timm
2.1 Erwerbsort im Regelfall (§ 3d S. 1 UStG)
Rz. 7
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ein i. g. Erwerb bedingt i. g. Lieferungen (§ 1a Abs. 1 UStG) oder ein i. g. Verbringen (§ 1a Abs. 2 UStG) und damit eine Warenbewegung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates. Hieran anknüpfend legt § 3d S. 1 UStG den Erwerbsort für den Regelfall in das Gebiet des Mitgliedstaates, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Dies führt zur Steuerbarkeit des i. g. Erwerbs im Bestimmungsland (Bestimmungslandprinzip).
TIPP
- Enden i. g. Lieferungen oder Verbringungen in Deutschland, sind diese in Deutschland zu besteuern. Ein ausländischer Erwerber muss sich ggf. in Deutschland neu umsatzsteuerlich registrieren lassen. Dabei wird sich die Registrierungspflicht im Zweifel auch schon aus Folgeumsätzen in Deutschland ergeben.
- BFH vom 20.12.2006, Az: V R 11/06, i. g. Erwerb einer neuen Yacht, BStBl II 2007, 424: (1.) Die Beförderung einer Yacht nach deren Erwerb ist beendet, wenn die Yacht ihren Bestimmungsort erreicht hat. Die sich an das Ende der Beförderung anschließende erstmalige Verwendung durch den Abnehmer hat auf den Bestimmungsort grundsätzlich keinen Einfluss. (2.) Die Beurteilung, wo eine Beförderung endet, ist im Wesentlichen das Ergebnis einer Würdigung, die dem FG als Tatsacheninstanz obliegt.
Die Gestaltung des Falls ist "eigenwillig und nicht alltäglich" (Wagner, HI 1712460 und 1718513). Sie führt letztlich zu der Frage, ob
- der Erwerber eines "neuen Fahrzeugs" (aus einem anderen Mitgliedstaat)
- umsatzsteuerrechtlich wirksam eine Beförderung des Fahrzeugs anweisen kann, die
- durch Unbestimmtheit des Bestimmungsorts
- über längere Zeit dazu führt, dass
- bei späterem Ansteuern eines (z. B. deutschen) Hafens als jetzt erklärtem (End-)Bestimmungsort kein neues Fahrzeug mehr angenommen werden kann.
Das dürfte dem Erfassungssystem bei grenzüberschreitenden Warenlieferungen aller Art widersprechen. Den Angaben des Erwerbers muss zu entnehmen sein, dass eine Ausfuhr in einen "Drittstaat" gegeben ist oder dass ein i. g. Erwerb vorliegt. Die Angaben müssen bei Lieferung grundsätzlich Nachweisqualität haben (Wagner, HI 1712460 und 1718513).
2.2 Verwendung der USt-IdNr.: Konkrete Benennung erforderlich!
Rz. 8
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Häufig besteht Unklarheit darüber, was es heißt, dass eine USt-IdNr. gegenüber einem Lieferer "verwendet" (oder in einer Rechnung "angegeben") wird; Sachverhaltschilderungen wie die folgende sind an der Tagesordnung (vgl. Weimann, UStB 2006, 234):
Sachverhalt:
„... Wir sind ein schweizerisches Unternehmen (Stammsitz) mit Niederlassungen in Deutschland, Italien und Polen. In allen Ländern werden wir steuerlich geführt und haben dementsprechend Identifikations- bzw. Steuernummern. Für die Auftragserteilung und die Rechnungsstellung werden in unserem Haus zwei verschiedene Auffassungen zur Ausgabe der Nummern vertreten:
- Es können alle Steuernummern/Identifikationsnummern im Rechnungspapier vermerkt sein, egal für welche Niederlassung die Abrechnung erfolgt.
- Es darf immer nur eine Steuernummer/Identifikationsnummer im Rechnungspapier vermerkt sein, da klar zu erkennen sein muss, unter welcher Niederlassung man auftritt, also in welchem Land der leistende Unternehmer seiner Umsatzsteuerpflicht nachkommt.”
Rz. 9
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Beide Auffassungen sind irgendwie richtig – und irgendwie auch falsch. Papier ist "geduldig"; daher sind sowohl bei der Auftragserteilung als auch bei der Rechnungsstellung alle gewillkürten Angaben zulässig wie Bankleitzahlen, Kontonummern, Telefonnummern, E-Mail-Anschriften, Web-Adressen etc. und eben auch Hinweise auf alle zugeteilten Steuernummern und USt-IdNr. Gerade auf die Aufzählung aller USt-IdNr. legen manche Unternehmen schon deshalb Wert, weil sie damit ihre Internationalität unterstreichen wollen. Man spricht insoweit vom "Briefeindruck".
Rz. 10
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Im eigentlichen Auftrags- oder Rechnungstext muss dann aber ausdrücklich auf die im Einzelfall konkret verwandte StNr. oder USt-IdNr. hingewiesen werden. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Text die konkrete Ziffernfolge der verwandten StNr. oder USt-IdNr. wiederholt; textliche Verweise auf den Eindruck genügen.
Rz. 11
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Folgende Musterformulierungen sind denkbar:
- bei Auftragserteilung: "Wir erteilen den Lieferauftrag unter unserer oben angeführten deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer."
- bei Rechnungsstellung: "Wir rechnen diese Lieferung unter unserer oben angeführten deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ab."
Vgl. Abschn. 3.1. Abs. 3 i. V. m. Abschn. 3a.2. Abs. 10 UStAE.
2.3 Erwerbsort bei Verwendung der "falschen" USt-IdNr. (§ 3d S. 2 1. Alt. UStG)
2.3.1 Grundsätzliches
Rz. 12
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Hat der Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung endet, die vom Erwerber verwendete USt-IdNr. erteilt, richtet sich der Ort des i. g. Erwerbs ausschließlich nach § 3d S. 1 UStG.
Rz. 13
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Sind jedoch der Mitgliedstaat, der die USt-IdNr. erteilt hat, und der Mitgliedstaat, in dessen Gebiet die Beförderung oder Versendung des Liefergegenstandes endet, nicht identisc...