Dipl.-Finanzwirt (FH) Carsten Timm
2.1 Die einzelnen Befreiungstatbestände
2.1.1 Leistungen der Eisenbahnen des Bundes (§ 4 Nr. 6 Buchst. a UStG)
Rz. 11
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 4 Nr. 6 Buchst. a UStG betrifft Lieferungen und sonstige Leistungen mit grenzüberschreitendem Bezug. Unter Eisenbahnen des Bundes ist v. a. die Deutsche Bahn AG zu verstehen (ausführlich zu den Untergliederungen der Bundesbahn AG Huschens in S/W/R, § 4 Nr. 6 Buchst. a UStG, Rn. 13 ff.). Sofern entsprechende Leistungen durch nicht bundeseigene Unternehmen (z. B. Privatbetreiber) erbracht werden, fallen diese aufgrund des insoweit eindeutigen Wortlauts der Vorschrift nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Nr. 6 Buchst. a UStG (vgl. BFH vom 04.07.2013, Az: V R 33/11, BStBl II 2013, 937 – offengeblieben, ob die Einschränkung auf Eisenbahnen des Bundes einen Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz darstellt). Der grenzüberschreitende Bezug ergibt sich daraus, dass die Leistungen auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken (Strecken zwischen einem Gemeinschafts- und Betriebswechselbahnhof und der Grenze, vgl. BT-Drucks. 8/1779, 32) und Durchgangsstrecken erbracht werden müssen (zur Auslegung dieser Tatbestandsmerkmale vgl. BFH vom 04.07.2013, Az: V R 33/11, BStBl II 2013, 937, Rz. 36 f.) und der Leistungsempfänger eine Eisenbahnverwaltung mit Sitz im Ausland sein muss. Eine Eisenbahnverwaltung hat ihren Sitz im Ausland, wenn ihr Sitz außerhalb des Inlandes liegt, es gilt die Definition des § 1 Abs. 2 S. 2 UStG (vgl. Abschn. 1.9. UStAE). Eine weitergehende Einschränkung auf bestimmte Staaten ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, insofern zählen auch Eisenbahnverwaltungen mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft (= üGG, vgl. § 1 Abs. 2a UStG und Abschn. 1.10. UStAE) mit zu den begünstigten Leistungsempfängern.
Rz. 12
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Vorschrift enthält keine Beschränkung hinsichtlich der Art der zu erbringenden Leistung. Steuerfrei sind demnach alle Lieferungen und sonstigen Leistungen, deren Leistungsort sich im Inland befindet (vgl. die Kommentierung zu §§ 3 ff.) und die als Leistungsempfänger eine Eisenbahnverwaltung mit Sitz im Ausland haben. Dabei handelt es sich insbesondere um die Überlassung von Anlagen und Räumen, die Personalgestellung und um die Lieferung von Betriebsstoffen, Schmierstoffen und Energie (vgl. Abschn. 4.6.1. UStAE). Der Ort der jeweiligen Leistung muss im Inland liegen (Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG; vgl. die Kommentierungen zu §§ 3 ff.).
2.1.2 Lieferungen von eingeführten Gegenständen (§ 4 Nr. 6 Buchst. c UStG)
Rz. 13
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach § 4 Nr. 6 Buchst. c UStG ist die Lieferung von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet ansässige Abnehmer steuerfrei, soweit für die Gegenstände eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG bezeichneten Gebieten (zollamtlich) bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Von der Befreiung ausgeschlossen sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln (zum Begriff vgl. Abschn. 3a.5. Abs. 2 UStAE), Paletten und Containern.
Rz. 14
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zunächst müssen die Gegenstände der späteren Lieferung in das in § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG genannte Gebiet eingeführt worden sein. Dabei handelt es sich um das Inland und die österreichischen Gemeinden Jungholz und Mittelberg (= Zollgebiet – Zollanschlussgebiete –, vgl. Abschn. 1.9. Abs. 2 UStAE). Eine Einfuhr liegt begrifflich vor, wenn der Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet ins Inland bzw. das Gebiet der EU verbracht wird (Abgrenzung zum i. g. Erwerb nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG i. V. m. § 1a UStG; vgl. die Kommentierung zu § 5). In diesem Zusammenhang wurde durch die Zollbehörden eine vorübergehende Verwendung in diesem Gebiet bewilligt. Aus der vorübergehenden Verwendung ergibt sich, dass die eingeführten Gegenstände nach Ablauf der eingeräumten Frist wieder ausgeführt werden müssen, sich also nur zeitlich begrenzt im Inland befinden. Die Zollbehörden überwachen während der Verbleibenszeit die Voraussetzungen (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 5 UStG i. V. m. § 11 EUStBV). Die Bewilligung muss auch nach der Lieferung gelten, damit gilt für die Gegenstände auch der Zwang zur anschließenden Ausfuhr weiter.
Rz. 15
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Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 6 Buchst. c UStG betrifft nur Lieferungen, zur Steuerbefreiung für sonstige Leistungen, die i. Z.m der Einfuhr stehen, vgl. die Kommentierung zu § 4 Nr. 3 Buchst. c.
Rz. 16
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Der Gegenstand wird während der Verwendungsfrist im Inland geliefert, die Lieferung ist steuerbar (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), aber nach § 4 Nr. 6 Buchst. c UStG steuerfrei. Voraussetzung ist jedoch, dass der Abnehmer der Lieferung ein im Drittlandsgebiet ansässiger Abnehmer ist, ausgenommen der Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG (= Freizonen des Kontrolltyps I/Freihäfen [vgl. Abschn. 1.9. Abs. 1 UStAE], Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie). Im Drittland ist der Abnehmer ansässig (vgl. § 6 Abs. 2 UStG für den ausländischen Abnehmer), wenn er seinen Wohnort oder Sitz im Drittlandsgebiet hat (zur Begriffsabgrenzung vgl. § 1 Abs. 2, 2a UStG ...