2.1 Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin (§ 4 Nr. 14 Buchst. a UStG)
Rz. 15
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1 UStG befreit Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die von einem hierzu befähigten Leistungserbringer ausgeübt werden. Dies gilt unabhängig davon, um welche konkrete heilberufliche Leistung es sich handelt (Untersuchung, Attest, Gutachten usw.), für wen sie erbracht wird und wer sie erbringt. Heilberufliche Leistungen sind aber nur steuerfrei, wenn bei der Tätigkeit medizinische Betreuung, d. h. ein therapeutisches Ziel, im Vordergrund steht. Nicht von der Steuerbefreiung erfasst ist eine bloße Maßnahme zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens, etwa Wellnessprogramme, auch wenn sie von Angehörigen eines Heilberufs ausgeführt werden (vgl. BFH vom 28.09.2007, Az: V B 7/06, BFH/NV 2008, 122).
Rz. 16
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Umfasst von § 4 Nr. 14 UStG sind auch vorbeugende Untersuchungen, die dem Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit dienen.
Rz. 17
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Für Tätigkeiten im Rahmen von Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin muss neben dem Kriterium Heilbehandlung eine Befähigung des Unternehmers vorliegen. Der Gesetzgeber verweist hierzu auf die im Gesetz normierten Katalogberufe oder eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit (vgl. Huschens in Vogel/Schwarz, § 4 Nr. 14 UStG Rz. 1). Die beruflichen Tätigkeiten müssen typisch und charakteristisch sein.
2.1.1 Begriff der Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin
Rz. 18
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Sowohl im nationalen Recht als auch im Unionsrecht findet sich keine Definition von "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin". Nach der Rechtsprechung des EuGH fallen unter den Begriff der "ärztlichen Heilbehandlungen" ebenso wie der "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" Tätigkeiten, die zum Zwecke der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden (EuGH vom 04.03.2021, Rs. C-581/19, Frenetikexito, MwStR 2021, 390; EuGH vom 06.11.2003, Rs. C-45/01, Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie, UR 2003, 584; EuGH vom 27.04.2006, Rs. C-443/04 und C-444/04, Solleveld u. a., UR 2003, 587; EuGH vom 08.06.2006, Rs. C-106/05, L. u. P. GmbH, UR 2006, 464; vgl. auch BMF-Schreiben vom 26.06.2009, BStBl I 2009, S. 756).
Rz. 19
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Entscheidend ist, dass die befreiten Leistungen dem Schutz der Gesundheit des Betroffenen dienen (EuGH vom 14.09.2000, Rs. C-384/98 – D., UR 2000, 432; EuGH vom 20.10.2003, Rs. C-307/01). Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, um welche konkrete heilberufliche Leistung es sich handelt, für wen sie erbracht wird und wer sie erbringt. Bei der erbrachten Leistung muss ein therapeutisches Ziel im Vordergrund stehen.
Rz. 20
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Von der Steuerbefreiung umfasst sind auch vorbeugende Untersuchungen, die zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden (EuGH vom 08.07.2006, Rs. C-106/05, L. u. P. GmbH, UR 2006, 464).
Rz. 21
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Nach § 4 Nr. 14 Buchst a S. 1 UStG steuerfrei sind auch Leistungen der sog. Behandlungspflege, die von staatlich examinierten Altenpfleger(inne)n erbracht werden (vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 20.07.2022, Az: 7 K 2089/22, juris mit Verweis auf BFH vom 22.04.2004, Az: V R 1/98, BStBl II 2004, 849; vom 18.01.2005, Az: V R 99/01, BFH/NV 2005, 1392 und vom 21.04.2021, Az: XI R 12/19, UR 2021, 945; vgl. auch Trinks, UR 2022, 688). Zur Behandlungspflege gehören z. B. Injektionen, Verbandswechsel, die Dekubitusversorgung, das An- und Ausziehen von Kompressionstrümpfen ab Klasse 2, eine orotracheale Sekretabsaugung, das Einreiben mit Dermatika, das Verabreichen eines Klistiers bzw. eines Einlaufs, die Einmalkatheterisierung, das Wechseln einer Sprechkanüle gegen eine Dauerkanüle bei einem Tracheostomapatienten zur Ermöglichung des Schluckens, Maßnahmen zur Sekretlimitation bei Mukoviszidose oder Erkrankungen vergleichbaren Hilfebedarfs (BFH vom 18.01.2005, Az: V R 99/01, BFH/NV 2005, 1392). Nicht nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei ist dagegen die sog. Grundpflege (die aber nach Maßgabe des § 4 Nr. 16 Buchst. m UStG steuerfrei sein kann, vgl. die Kommentierung zu § 4 Nr. 16 Rz. 39 ff.) und die hauswirtschaftlichen Versorgung.
Rz. 22
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Die Steuerbefreiung für Heilbehandlungen setzt nicht zwingend ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Heilberufler und dem Patienten voraus, sodass auch die Leistungen klinische Chemiker und Laborärzte steuerfrei sein können (vgl. EuGH vom 18.09.2019, Rs. C-700/17, Peters, DStR 2019, 1972 sowie BFH vom 18.12.2019, Az: XI R 23/18, DStR 2020, 553; a. A. noch Abschn. 4.14.1. Abs. 1 S. 2 und Abschn. 4.14.5. Abs. 9 UStAE; vgl. hierzu Lippross, Umsatzsteuer, 25. Aufl. 2022, 733 und 740). Das BMF hat mittlerweile hierauf mit Schreiben vom 10.10.2023 (BStBl I 2023, 1794) reagiert und den UStAE an die geänderte Rechtsprechung angepasst.
Rz. 23
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Keine Heilbehandl...