2.1 Tatbestandsmerkmale des § 4 Nr. 27 Buchst. a UStG
Rz. 13
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Unter den Begriff religiöse und weltanschauliche Einrichtungen fallen alle Einrichtungen, die den Schutz des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und des Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 der deutschen Verfassung vom 11.08.1919 (Weimarer Verfassung) in Anspruch zu nehmen berechtigt sind. Unionsrechtlich ist der Begriff nicht näher erläutert. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 27 Buchst. a UStG umfasst die Gestellung von selbstständigem, nicht beim leistenden Unternehmer abhängig beschäftigtem Personal, wie z. B. die Gestellung von Mitgliedern oder Angehörigen der Einrichtungen sowie die Gestellung abhängig beschäftigter Arbeitnehmer.
Rz. 14
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Voraussetzung, dass die Personalgestellung für bestimmte unter § 4 Nr. 27 Buchst. a UStG genannte Tätigkeiten erfolgt, ist erfüllt, wenn die Einrichtung, der das Personal gestellt wird, steuerfreie Leistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. b, Nr. 16, 18, 21, 22 Buchst. a sowie Nr. 23 und 25 UStG erbringt und wenn die überlassene Person in diesem steuerbegünstigten Bereich tätig wird. In Betracht kommt insbesondere die Gestellung von Gesundheits- und Krankenpflegern oder Altenpflegern an Krankenhäuser oder Altenheime sowie die Gestellung von Lehrern an Schulen zur Erteilung von Unterricht. Dies gilt für die Erteilung von Unterricht jeder Art, also nicht nur für die Erteilung von Religionsunterricht. Wird Personal für Zwecke geistlichen Beistands, z. B. für Zwecke des Abhaltens von Gottesdiensten, gestellt, muss die aufnehmende Einrichtung keine weiteren Voraussetzungen erfüllen (vgl. Abschn. 4.27.1. Abs. 2 UStAE).
Rz. 15
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mittlerweile wird Art. 132 Abs. 1 Buchst. k MwStSystRL, wonach die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die unter die Buchst. b, g, h und i des Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL genannten Tätigkeiten und für Zwecke des geistlichen Beistands von der Steuer befreit ist, auch im deutschen Umsatzsteuerrecht umgesetzt. Die Befreiung gilt danach insbesondere für die Personalgestellung der begünstigten Einrichtungen für Zwecke der Krankenhausbehandlung und ärztlichen Heilbehandlungen in Krankenanstalten, der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit, der Kinder- und Jugendbetreuung, der Erziehung, des Schul- und Hochschulunterrichts sowie der Aus- und Fortbildung. Die "Gestellung von Personal" umfasst dabei wie bisher die Gestellung von selbstständigem, nicht beim leistenden Unternehmer abhängig beschäftigtem Personal (vgl. EuGH-Urteil vom 26.01.2012, C-218/10 (ADV-Allround)), wie z. B. die Gestellung von Mitgliedern oder Angehörigen der Einrichtungen sowie die Gestellung abhängig beschäftigter Arbeitnehmer.
2.2 Tatbestandsmerkmale des § 4 Nr. 27 Buchst. b UStG
Rz. 16
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Steuerbefreit ist nach dem Gesetzeswortlaut erste Alternative die Gestellung land- und forstwirtschaftlicher Arbeitskräfte durch juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts. Dabei müssen folgende Bedingungen eingehalten werden:
- der begünstigte Betrieb muss ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft sein, inklusive der Nebenbetriebe (§ 24 Abs. 2 UStG);
- der begünstigte Betrieb darf nicht mehr als drei Vollzeitarbeitskräfte beschäftigen;
- die Gestellung muss zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen erfolgen;
- der Ausfall muss auf Krankheit, Unfall, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Tod beruhen.
Rz. 17
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Da in der deutschen Regelung der Kreis der Begünstigten auf juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts beschränkt wird, ist diese Regelung nach Auffassung des FG Niedersachsen vom 09.01.2014, Az: 16 K 295/1, mit dem EU-Recht (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL) nicht vereinbar. Der Kläger kann sich danach als Einzelunternehmer insoweit direkt auf die vorteilhaftere Regelung des EU-Rechts berufen (vgl. BFH vom 19.03.2013, Az: XI R 47/07, BFH/NV 2013, 1204, Rn. 28 ff.). Die Verwaltung folgt dieser Auffassung nicht (vgl. Abschn. 4.27.2. Abs. 2 S. 1 UStAE). Der gleichen Frage ist erneut das FG Niedersachsen nachgegangen, Urteil vom 26.11.2015, Az:16 K 58/15. Dieses ist allerdings nicht rkr., Az des BFH: V R 31/16.
Rz. 18
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Steuerbefreit ist nach dem Gesetzeswortlaut zweite Alternative die Gestellung land- und forstwirtschaftlicher Arbeitskräfte an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung. Hier kommt es bereits nach dem Gesetzeswortlaut nicht auf die Rechtsform des Gestellenden an. Unter die Steuerbefreiung fällt auch die "Selbstgestellung" eines Einzelunternehmers, der seine Betriebshelferleistungen gegenüber einem Träger der Sozialversicherung erbringt (vgl. Abschn. 4.27.2. Abs. 4 S. 6 UStAE). Die Steuerbefreiung ist nicht anwendbar, wenn es die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung ihren Mitgliedern überlassen, die Ersatzkräfte selbst zu beschaffen, und ihnen lediglich die dadurch entstandenen Kosten erstatten. In diesen Fällen kann aber die Steuerbefreiung für unmit...