2.1 Abgrenzung zwischen Werkleistung und Werklieferung
Rz. 19
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der Begriff der Lohnveredelung ist im Umsatzsteuerrecht nicht näher beschrieben. Für die Auslegung maßgeblich ist nicht das nationale Recht, sondern das Unionsrecht. Dieses verwendet in Art. 146 Abs. 1 c) MwStSystRL die Formulierung der "Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen". Allgemein wird unter einer Lohnveredelung eine Werkleistung verstanden (vgl. Abschn. 7.4. UStAE). Sofern § 7 UStG auf den Unternehmer verweist, ist somit der Werkunternehmer gemeint, ein Unternehmer, der eine sonstige Leistung (§ 3 Abs. 9 UStG) an einem Gegenstand der Ausfuhr durch Be- oder Verarbeitung dieses Gegenstandes erbringt. Nicht in den Anwendungsbereich der Norm fällt hingegen die Werklieferung, diese kann unter den Voraussetzungen des § 6 UStG steuerfrei sein. Im Unterschied zu § 6 UStG beinhaltet § 7 Abs. 1 S. 1 UStG das weitere Tatbestandsmerkmal, dass der Gegenstand, an dem die Lohnveredelung ausgeführt wird, zu diesem Zweck durch den Auftraggeber der Lohnveredelung im Gemeinschaftsgebiet erworben oder in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt worden sein muss. Der Abgrenzung der Werkleistung von der Werklieferung (§ 3 Abs. 4 UStG) kommt daher Bedeutung für die Anwendung der Norm zu. Verwendet der Werkunternehmer für das Werk selbstbeschaffte Stoffe, die nicht nur Zutaten oder sonstige Nebensachen sind, erbringt er eine Werklieferung (vgl. Abschn. 3.8. UStAE) und fällt mit dieser nicht mehr in den Anwendungsbereich des § 7 UStG (zu den Abgrenzungsgrundsätzen vgl. BFH vom 25.03.1965, Az: V 253/63 U, BStBl III 1965, 338 und Abschn. 3.8. UStAE). Die Steuerfreiheit einer Werklieferung ist nach § 6 Abs. 1 UStG i. V. m. § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG zu prüfen. In seiner Rechtsprechung (vgl. z. B. BFH vom 09.06.2005, Az: V R 50/02, BStBl II 2006, 98 [orthopädische Zurichtung von Konfektionsschuhen als Werkleistung], ergangen zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG) definiert der BFH Werklieferungen und Werkleistungen als einheitliche Leistungen, die sowohl Elemente der Lieferung als auch der sonstigen Leistung enthalten, bei denen diese Elemente jedoch aufgrund ihrer wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit nicht künstlich in mehrere selbstständige Hauptleistungen getrennt werden können (vgl. Abschn. 3.8. Abs. 1 S. 4, 5 UStAE, Sicht des Durchschnittsverbrauchers). Zur Abgrenzung zwischen Lieferung und Leistung anhand des Wesens einer Leistung vgl. auch BFH vom 26.10.2006, Az: V R 58, 59/04, BStBl II 2007, 487; ergangen zu § 3 Abs. 9 UStG, § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG – Lieferung von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle. Daher stuft die Rechtsprechung (vgl. BFH vom 30.09.1999, Az: V R 77/98, BStBl II 2000, 14) beispielsweise den reinen Ölwechsel als Lieferung ein, den Ölwechsel im Rahmen einer Inspektion hingegen als Werkleistung und somit als Lohnveredelung. Insbesondere bei Reparaturen ist die Abgrenzung zwischen Werklieferung und Werkleistung häufig schwierig.
Mit BMF-Schreiben vom 12.12.2012 (Az: IV D 2 – S 7112/11/10001, BStBl I 2012, 1259) wurde in Abschn. 3.8. Abs. 6 UStAE eine Nichtbeanstandungsregelung zur Abgrenzung bei Reparaturen beweglicher körperlicher Gegenstände eingefügt (Werklieferung bei Entgeltanteil für Material über 50 %), die auch für die Abgrenzung der Lohnveredelung bei der Reparatur von Beförderungsmitteln gelten soll.
2.2 Die Begriffe Be- oder Verarbeitung
Rz. 20
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Begriffe der Be- oder Verarbeitung werden im Umsatzsteuerrecht ebenfalls nicht näher beschrieben. Mangels einer einengenden Definition im Umsatzsteuerrecht sind die Begriffe weit auszulegen und umfassen alle Tätigkeiten, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung ein Be- oder Verarbeiten bedeuten (vgl. BFH vom 30.09.1999, Az: V R 77/98, BStBl II 2000, 14: "Für die Bearbeitung eines Gegenstandes im Rahmen einer Lohnveredelung an Gegenständen der Ausfuhr reichen Dienstleistungen aller Art aus. Sie brauchen keinen bestimmten Umfang und keinen bestimmten Erfolg zu erreichen"). Darunter fallen beispielsweise auch Wartung, Reinigung und Instandsetzung (vgl. Abschn. 7.1. Abs. 4 S. 1 UStAE, Abschn. 3a.6. Abs. 11 UStAE]). Aufgrund des unionsrechtlichen Rahmens ist die Formulierung in Art. 146 Abs. 1 c) MwStSystRL maßgeblich: "Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen".
Nach der Definition des BFH kann die reine Begutachtung eines Gegenstands nicht unter § 7 UStG fallen, da hierbei der Gegenstand nicht be- oder verarbeitet wird, diese Begriffe aber ein Einwirken auf den Gegenstand im Sinne einer wenn auch noch so geringen Veränderung beinhalten. Für diese Einschätzung spricht auch der Umstand, dass in der Ortsvorschrift des § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c UStG ebenso wie in deren unionsrechtlicher Grundlage, Art. 54 Abs. 2 b) MwStSystRL, zwischen Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen (einschließlich Werkleistungen an diesen Gegenständen) und deren Begutachtung differenziert wird.
Rz. 21
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der Begriff "Bearbeitung" in § 7 Abs. 1 S. 1 UStG umfasst nicht die Heilbehandlung von Tieren, sondern orientiert sich an der A...