Dipl.-Finanzwirt (FH) Carsten Timm
2.1 Die Tatbestandsmerkmale (Übersicht)
Rz. 11
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach § 9 Abs. 1 UStG kann
- ein Unternehmer,
- einen Umsatz, soweit er steuerbar ist,
- und unter eine der in der Vorschrift genannten Steuerbefreiungen fällt,
- als steuerpflichtig behandeln, wenn
- der Umsatz an einen anderen Unternehmer
- für dessen Unternehmen ausgeführt wird.
2.2 Option für steuerbare Umsätze
Rz. 12
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Auf eine Steuerfreiheit nach Abs. 1 kann für die im § 4 UStG genannten Umsätze nur verzichtet werden, wenn es sich um steuerbare Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG handelt. So können Umsätze, die im Ausland ausgeführt werden, selbst wenn ein Verzicht nach § 9 UStG bei ihrer Ausführung im Inland möglich wäre, nicht als steuerpflichtig behandelt werden. Davon sind die Fälle der unentgeltlichen Wertabgabe (die fiktiven Lieferungen i. S. d. § 3 Abs. 1b UStG und die sonstigen Leistungen i. S. d. § 3 Abs. 9a UStG, ehemals Eigenverbrauch), zu unterscheiden. Hier scheitert der Verzicht auf Steuerfreiheit schon deswegen, weil dieser Umsatz nicht wie in § 9 Abs. 1 UStG gefordert an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wurde. Es ist also zu prüfen, ob der Umsatz an einen Unternehmer ausgeführt wurde.
2.3 Der Unternehmer als Leistender
Rz. 13
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Grundsätzlich steht die Optionsmöglichkeit i. S. d. § 9 Abs. 1 UStG jedem Unternehmer zu, also auch Unternehmern, die im Ausland ansässig sind.
Rz. 14
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Ausnahmen gelten nur für Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 S. 4 UStG; Abschn. 9.1. Abs. 2 S. 1 UStAE) und pauschalierende Land- und Forstwirte (§ 24 Abs. 1 S. 2 HS 2 UStG; Abschn. 9.1. Abs. 2 S. 2 UStAE), die nur bei Verzicht und damit mit Übergang zur Regelbesteuerung von § 9 Abs. 1 UStG Gebrauch machen können (§ 19 Abs. 2 bzw. § 24 Abs. 4 UStG). Vor- und Nachteile einer Option sollten immer geprüft werden; ein Steuerbelastungsvergleich ist unabdingbar (vgl. Weimann, Umsatzsteuer in der Praxis, 8. Aufl. 2010, Kap. 9). Bei hohen Anfangsinvestitionen oder bei Vertragsbeziehungen ausschließlich mit Firmenkunden kann eine Option sinnvoll sein, während bei überwiegender Kundenbeziehung mit Endverbrauchern eine Option eher nachteilig ist. Entscheidet sich der Kleinunternehmer oder der pauschalierende Land- und Forstwirt für eine Option, so ist er mindestens fünf Kj. daran gebunden (§ 19 Abs. 2 S. 2 UStG, § 24 Abs. 4 S. 2 UStG).
2.4 Ein anderer Unternehmer als Leistungsempfänger
Rz. 15
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Leistungsempfänger der steuerbefreiten Leistung muss ein anderer Unternehmer sein. Dazu zählen auch Kleinunternehmer sowie pauschalierende Land- und Forstwirte. Damit scheidet § 9 UStG in den Fällen einer unentgeltlichen Wertabgabe aus (vgl. Abschn. 9.1. Abs. 2 S. 3 UStAE).
Rz. 16
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Die Unternehmereigenschaft muss bereits im Zeitpunkt der Ausführung der Leistung gegeben sein. Die Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers i. S. d. § 2 Abs. 1 UStG liegt bereits vor, wenn sich dieser noch in den Vorbereitungen seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit befindet. Voraussetzung in diesen Fällen ist entweder das Bestehen der ernsthaften Absicht, eine wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von steuerbaren Umsätzen durchzuführen, oder dass es später zu einer nachhaltigen Ausführung von entgeltlichen Leistungen kommt (vgl. EuGH vom 29.02.1996, Rs. C-110/94, INZO, BStBl II, 655, und vom 08.06.2000, Rs. C-400/98, Breitsohl, BStBl 2003 II, 452, und BFH vom 22.02.2001, Az: VR 77/96, BStBl II 2003, 426, und vom 08.03.2001, Az: V R 24/98, BStBl II 2003, 430 sowie Abschn. 2.6. Abs. 1 und 2 UStAE).
Rz. 17
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Die Verzichtsmöglichkeit für den leistenden Unternehmer beginnt oder endet mit dem Eintritt oder Wegfall der Unternehmereigenschaft. Die Unternehmereigenschaft endet mit dem letzten Tätigwerden. Der Zeitpunkt der Einstellung oder Abmeldung des Gewerbebetriebes ist dabei unerheblich. Erst wenn der Unternehmer alle Rechtsbeziehungen abgewickelt hat, die mit dem (aufgegebenen) Unternehmen im Zusammenhang stehen, erlischt die Unternehmereigenschaft (vgl. Abschn. 2.6. Abs. 6 UStAE, BFH vom 21.04.1993, Az: XI R 50/90, BStBl II 1993, 696).
Endet die Unternehmereigenschaft durch den Tod des Unternehmers, so geht die Unternehmereigenschaft nicht automatisch auf die Erben über. In seinem Urteil vom 13.01.2010 hat der BFH jedoch entschieden, dass die Erben, die den Betrieb nicht fortführen, bei der Abwicklung wie Unternehmer zu behandeln sind. Somit spricht nichts dagegen, dass bei Erben, die das ererbte Unternehmen fortführen, der leistende Unternehmer gegenüber den als Unternehmer auftretenden Erben, wie vorher gegenüber dem Erblasser, von § 9 UStG Gebrauch machen kann.
2.5 Für das Unternehmen des Leistungsempfängers
Rz. 18
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Der Verzicht auf die Steuerfreiheit nach § 9 UStG kann nur für Umsätze erfolgen, die für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden. Durch die Verwendung der Worte: "… für das Unternehmen …" wird die Verbindung zum Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 UStG geschaffen, vgl. Ausführungen zu § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG.
Rz. 19
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§ 9 Abs. 1 UStG fordert nicht, das...