Dipl.-Finanzwirt Frank Henseler
2.1 Sinn und Zweck der Regelung
Rz. 24
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Vorrangig dient die Regelung der einfachen und möglichst vollständigen Erfassung bestimmter steuerpflichtiger Umsätze, die im Ausland ansässige Unternehmer im Inland erbringen. Neben der Durchsetzung der deutschen Besteuerungshoheit für diese Umsätze soll durch die Verlagerung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger der Aufwand für den ausländischen Leistungserbringer und die deutsche Finanzverwaltung möglichst gering gehalten werden.
Rz. 25
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Die Regelung verhindert die Registrierungspflicht des Leistenden im Staat des umsatzsteuerlichen Leistungsortes. Für im Inland ausgeführte Leistungen ist das Verfahren vom (deutschen) Leistungsempfänger des ausländischen Leistenden durchzuführen. Während bei dem ausländischen Leistenden und der Verwaltung durch diese Regelung Vereinfachungseffekte eintreten, bedeutet sie für den Leistungsempfänger einen gewissen Mehraufwand.
2.2 Betroffene Eingangsumsätze (§ 13b Abs. 1 und 2 UStG)
2.2.1 Umsätze nach § 3a Abs. 2 UStG (§ 13b Abs. 1 UStG)
Rz. 26
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§ 13b Abs. 1 UStG definierte bis 30.06.2010 die Umsätze, bei denen der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist. Nach der in den Jahren 2002 und 2003 gültigen Gesetzesfassung kam es zu einem Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger in den Fällen der
- Werklieferungen und sonstigen Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers;
- Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens;
- Lieferungen von Grundstücken im Zwangsversteigerungsverfahren durch den Vollstrecker an den Ersteher,
soweit diese steuerbar und steuerpflichtig erbracht werden.
TIPP
Vor der Prüfung des § 13b UStG hat mithin die der Steuerbarkeit zu stehen; nur wenn man bei der Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass der Leistungsort in Deutschland liegt, stellt sich die Frage der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers!
Rz. 27
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Durch das Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 08.04.2010 (BGBl I 2010, 386, BStBl I 2010, 334) ist § 13b UStG m. W. z. 01.07.2010 geändert und neu gefasst worden. Um das Ziel einer effektiveren Kontrolle des i. g. Waren- und Dienstleistungsverkehrs zu erreichen, bedarf es bei Umsätzen, die der leistende Unternehmer in einer Zusammenfassenden Meldung (§ 18a Abs. 2 UStG) in dem jeweiligen Meldezeitraum anmelden muss, eines einheitlichen Entstehungszeitpunkts der USt der Umsätze i. S. d. § 3a Abs. 2 UStG. Dieser Zeitpunkt ist EU-einheitlich ab 01.01.2010 der Zeitpunkt, in dem die jeweiligen Leistungen ausgeführt worden sind (§ 13b Abs. 1 UStG). Bei den bisherigen Umsätzen des § 13b Abs. 1 UStG bleibt es bei dem bisherigen Entstehungszeitpunkt (§ 13b Abs. 2 UStG).
Rz. 28
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Der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers unterliegen die ab dem 01.01.2010 im Inland steuerpflichtigen sonstigen Leistungen i. S. d. § 3a Abs. 2 UStG eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers. Hierbei handelt es sich um die im Inland steuerpflichtigen sonstigen Leistungen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers, der diese in seiner Zusammenfassenden Meldung anzugeben hat. Die Steuer entsteht in diesen Fällen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die sonstige Leistung tatsächlich erbracht wird (§ 13b Abs. 1 UStG).
2.2.2 Werklieferungen und Werkleistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers (§ 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG)
Rz. 29
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In § 13b Abs. 2 UStG werden die Umsätze definiert, bei denen der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist. Hauptanwendungsfall sind Werklieferungen und alle sonstigen Leistungen ausländischer Unternehmer – mit Ausnahme der sonstigen Leistungen, die unter § 13b Abs. 1 UStG fallen (§ 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG).
Rz. 30
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Der Steuerschuldnerschaft unterliegen Werklieferungen (§ 3 Abs. 4 UStG, Abschn. 3.8. UStAE) der im Ausland ansässigen Unternehmer, die entgeltlich im Inland erbracht werden. Dazu gehören in der Praxis insbesondere Bau- und Montageleistungen (Abschn. 13b.1. Abs. 2 Nr. 2 UStAE).
Der ausschließlich in Frankreich ansässige Bauunternehmer F soll das Dach der in Hamburg ansässigen Spedition des H neu decken. F liefert die Dachziegel und deckt das Dach neu.
Lösung:
F erbringt in Deutschland eine steuerbare und steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 7 S. 1 UStG). Da F keinen Nachweis erbringt, im Inland ansässig zu sein, schuldet H die USt (§ 13b Abs. 5 UStG).
Rz. 31
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Werkleistungen sind sonstige Leistungen. Zur Abgrenzung von Werklieferungen und Werkleistungen vgl. Abschn. 3.8. Abs. 6 UStAE. Die Unterscheidung hat u. a. Bedeutung für die Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung nach § 3a UStG. Der Ort der Werkleistung an einem Grundstück bestimmt sich stets nach dem Belegenheitsort des Grundstücks (§ 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG).
Sachverhalt wie im Beispiel oben (vgl. Rn. 30), allerdings besorgt H die Dachziegel selbst.
Lösung:
F erbringt in Deutschland eine steuerbare und steuerpflichtige Werkleistung, deren Ort gem. § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG am Bel...