2.1 Verwendungsabsicht im Zeitpunkt des Leistungsbezugs
Rz. 50
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Bis zum Inkrafttreten des StÄndG 2001 war die Gewährung des Vorsteuerabzugs dem Grunde und der Höhe nach allein von der tatsächlichen Verwendung des Wirtschaftsgutes abhängig. Der Vorsteuerabzug war nur insoweit zulässig, als der Unternehmer das Wirtschaftsgut tatsächlich für Umsätze verwendete, die den Vorsteuerabschluss nicht ausschlossen. Der Unternehmer hatte zwar bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs einen Anspruch auf den Vorsteuerabzug; dieser wurde jedoch nur vorläufig gewährt, falls das Wirtschaftsgut nicht unmittelbar nach seinem Erwerb oder seiner Fertigstellung, sondern erst später verwendet wurde. Stimmte die tatsächliche Verwendung des Wirtschaftsgutes nicht mit der Verwendungsabsicht überein, die für den Vorsteuerabzug im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zugrunde gelegt worden war, wurde der Vorsteuerabzug rückwirkend nach den Vorschriften der AO berichtigt und nur entsprechend der tatsächlichen Verhältnisse gewährt. Sowohl der EuGH als auch der BFH sahen in der rückwirkenden Korrektur des Vorsteuerabzugs einen Verstoß gegen die 6. EG-RL (vgl. EuGH vom 08.06.2000, Rs. C-396/98 und C-400/98, BB 2000, 2454; BFH vom 25.04.2002, V R 58/00, BStBl II 2003, 435; vom 22.03.2001, V R 46/00, DB 2001, 1396; vom 17.05.2001, V R 38/00, BB 2001, 2039; vom 08.03.2001, V R 24/98, BB 2001, 870; vom 22.02.2001, V R 77/96, BB 2001, 785).
Rz. 51
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach der neuen Rechtsprechung kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug schon im Zeitpunkt des Leistungsbezugs beanspruchen, soweit er die Absicht hat, die erhaltene Lieferung oder sonstige Leistung für Umsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen und diese Verwendungsabsicht glaubhaft und objektiv nachprüfbar ist. Weicht die tatsächliche Verwendung von der Verwendungsabsicht ab, erfolgt keine rückwirkende Korrektur des Vorsteuerabzugs nach der AO, sondern eine Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG ab dem Zeitpunkt der Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse. Durch die Gesetzesänderung ändert sich die Höhe des Vorsteuerabzugs im Ergebnis nicht, da es nach der neuen ebenso wie nach der alten Rechtslage auf die tatsächliche Verwendung des Leistungsbezugs ankommt. Die Gesetzesänderung beinhaltet jedoch je nach Verwendungsabsicht einen positiven oder negativen Zinseffekt für den Unternehmer, wenn sich die Verhältnisse innerhalb des Berichtigungszeitraums ändern. Die Verwendungsabsicht im Zeitpunkt des Leistungsbezugs bestimmt zunächst die Höhe des Vorsteuerabzugs. Die Änderung der Verhältnisse zu Lasten des Unternehmers gewährt ihm einen Zinsgewinn; im Fall der Änderung der Verhältnisse zugunsten des Unternehmers, entsteht für ihn ein Zinsverlust.
2.2 Beginn und Ende des Berichtigungszeitraums
Rz. 52
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Für alle Leistungsbezüge, die nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen dienen, muss ein Berichtigungszeitraum bestimmt werden. Der maßgebende Berichtigungszeitraum richtet sich zunächst nach der tatsächlichen Verwendungsdauer des Leistungsbezugs (§ 15a Abs. 1 UStG). Sie orientiert sich an der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer, kann im Einzelfall jedoch auch davon abweichen. Für Grundstücke einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile, für grundstücksgleiche Rechte und für Gebäude auf fremdem Grund und Boden gilt jedoch ein Berichtigungszeitraum von höchstens zehn Jahren (§ 15a Abs. 1 S. 2 UStG), für andere Leistungsbezüge ein Zeitraum von höchstens fünf Jahren (§ 15a Abs. 1 S. 1 UStG). Für Betriebsvorrichtungen, die als wesentliche Bestandteile auf Dauer in ein Gebäude eingebaut wurden, gilt sowohl nach nationalem Recht wie nach Unionsrecht grundsätzlich der für Grundstücke geltende Vorsteuerberichtigungszeitraum von zehn Jahren (BFH vom 14.07.2010, XI R 9/09, BStBl II 2010, 1086). Der BFH hat diese Entscheidung wie folgt begründet: Der Gesetzgeber hat in § 15a Abs. 1 UStG die Betriebsvorrichtungen nicht eigenständig erwähnt, sondern unterscheidet nur zwischen Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile und sonstigen Wirtschaftsgütern. Demzufolge fallen Betriebsvorrichtungen, die Bestandteile von Grundstücken geworden sind, unter den 10-jährigen Berichtigungszeitraum.
Rz. 53
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Dieses BFH-Urteil hat Folgen für Fotovoltaikanlagen. Sie stellen selbstständige Wirtschaftsgüter dar, die vom Grundstück unabhängige Zuordnungsobjekte sind. Tritt im Zusammenhang mit einer Fotovoltaikanlagen eine Änderung der Verhältnisse ein, bestimmt sich der Berichtigungszeitraum nach der Verfügungen der OFD Frankfurt vom 17.10.2011 bzw. vom 07.03.2012 (S 7316 A – 2 – St 128, UR 2012, 654) wie folgt: Auf-Dach-Fotovoltaikanlagen unterliegen grundsätzlich dem 5-jährigen Berichtigungszeitraum, denn sie gehören regelmäßig nicht zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes. Dachintegrierte Fotovoltaikanlagen dienen zugleich als Dachdeckungsersatz und sind somit wesentlicher Gebäudebestandteil, sodass für sie der 10-jährige Berichtigungszeitraums in Betracht kommt.
Rz. 54
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