2.1 Einfuhrumsatzsteuer ist Verbrauchsteuer (§ 21 Abs. 1 UStG)
Rz. 11
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die EUSt ist eine Verbrauchsteuer, und zwar eine allgemeine Verbrauchsteuer im Gegensatz zu den besonderen Verbrauchsteuern für einzelne Gruppen von Erzeugnissen (z. B. Energiesteuer, Alkoholsteuer, Tabaksteuer). Gleichwohl kann die EUSt als Vorsteuer abgezogen werden (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG).
Rz. 12
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Hauptzollämter folgt aus §§ 16, 23 AO i. V. m. § 12 Abs. 2 FVG. Diese Zuständigkeiten wiederum ergeben sich aus der Erhebungszuständigkeit der Bundesfinanzverwaltung für Verbrauchsteuern "einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer" (Art. 108 Abs. 1 GG). Lediglich hinsichtlich der Ertragshoheit ist die EUSt nicht wie eine Verbrauchsteuer zu behandeln, denn diese steht Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam zu (Art. 106 Abs. 3 GG).
Rz. 13
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 21 Abs. 1 UStG ist keine Verweisungsnorm, sondern eine Legaldefinition (vgl. BFH vom 03.09.1990, Az: VII R 71/88, BFHE 161, 260), die aber bewirkt, dass die jeweiligen Vorschriften der AO zur Anwendung gelangen, soweit diese spezielle Regelungen für Verbrauchsteuern enthält.
Rz. 14
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Diese Regelungen der AO treten aber wiederum hinter die Spezialregelungen der einzelnen Verbrauchsteuergesetze zurück, mithin auch hinter die speziellen Regelungen der gem. Abs. 2 für anwendbar erklärten Vorschriften für Zölle. Die Rechtsprechung hat hieraus folgende Rangordnung der Vorschriften entwickelt:
- in erster Linie sind die einschlägigen Vorschriften des UStG anwendbar. Hierzu gehören § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG (Steuergegenstand), § 5 UStG (Steuerbefreiungen), § 11 UStG (Bemessungsgrundlage), die Vorschriften über den Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 UStG, § 16 Abs. 2 S. 3 und 4 UStG, § 25a Abs. 5 S. 3 UStG), § 16 Abs. 7 i. V. m. § 11 Abs. 5 UStG (Bemessungsgrundlage), § 17 Abs. 3 UStG (Berichtigung der Bemessungsgrundlage) sowie die speziellen Bestimmungen in § 21 Abs. 2a bis 5 UStG;
- gleichrangig dazu die unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Zollrechts, d. h. diejenigen, auf die im nationalen Recht direkt verwiesen wird, z. B. die Zollwertvorschriften (Art. 69-74 UZK, Art. 127-146 UZK; Verweis in § 11 Abs. 1 UStG) und die Umrechnungsvorschriften (Art. 146 UZK-IA; Verweis in §§ 11 Abs. 5, 16 Abs. 7 UStG);
- nachrangig die sinngemäß anwendbaren Vorschriften für Zölle, also insbesondere UZK, UZK-DA und UZK-IA (Verweis in § 21 Abs. 2 UStG, bzw. mittelbar über § 13 Abs. 2, § 13a Abs. 2 UStG);
- sodann die Vorschriften der AO über Verbrauchsteuern und schließlich
- die allgemeinen Vorschriften der AO.
Rz. 15
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Von den Vorschriften der AO über Verbrauchsteuern wird z. B. die Festsetzungsverjährung des § 169 Abs. 2 S. 1 AO (ein Jahr) von Art. 103 Abs. 1 UZK (drei Jahre ab Entstehung der EUSt-Schuld) überlagert, ferner werden die Billigkeitsregelungen der §§ 163 und 227 AO von den abschließenden Regelungen in Art. 119 Abs. 1 UZK (Irrtum der zuständigen Behörden) und Art. 116 Abs. 1 lit d) i. V. m. 120 UZK (Billigkeit) verdrängt. Zu den weiteren Einzelheiten vgl. die AO-DV Zoll, abgedruckt in VSF S 03 00, ferner (noch zum ZK) Gellert sowie Schulmeister in Witte, Anhang 3.
Rz. 16
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Anwendbar sind dagegen die Sachhaftung (§ 76 AO), die Berichtigung von Erklärungen (§ 153 AO) sowie die Zahlungsverjährung (§§ 228ff. AO).
Rz. 17
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Obwohl die EUSt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG eine Form der in § 233a AO mit aufgeführten Umsatzsteuer ist, passt die Vorschrift des § 233a AO über die Verzinsung vor Fälligkeit für die EUSt als Einfuhrabgabe nicht, zumal Art. 116 Abs. 6 UZK die Verzinsung bei zu erstattenden Einfuhrabgaben explizit ausschließt (vgl. BFH vom 23.09.2009, Az: VII R 44/08, BFH/NV 2010, 88 ff. zu Art. 241 S. 1 ZK). Zu § 236 AO (Prozesszinsen vgl. Rz. 70).
2.2 Sinngemäße Anwendung der Vorschriften über Zölle (§ 21 Abs. 2 UStG)
2.2.1 Allgemeines
Rz. 18
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§ 21 Abs. 2 UStG enthält eine "dynamische Verweisung" (vgl. BFH vom 03.05.1990, Az: VII R 71/88, BFHE 161, 260) auf die jeweils geltenden Vorschriften für Zölle, soweit nicht das UStG selbst Sonderregelungen (z. B. zum Steuersatz und zum Vorsteuerabzug) oder konkrete Verweisungen enthält (z. B. in § 11 Abs. 1 UStG). Zum Rangverhältnis der Normen vgl. Rz. 14. Durch die sinngemäße Anwendung der Zollvorschriften soll insbesondere sichergestellt werden, dass die bei der Einfuhr zu erhebenden Abgaben von ein und derselben Behörde in einem Bescheid nach dem gleichen Verfahren aufgrund einheitlich getroffener Feststellungen einfach und zweckmäßig erhoben werden (BFH vom 26.04.1988, Az: VII R 124/85, BFHE 153, 463).
2.2.2 Sinngemäße Anwendung
Rz. 19
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die sinngemäße Anwendung der Zollvorschriften für die EUSt bedeutet noch nicht ohne weiteres die Anwendbarkeit aller Zollvorschriften. Die Frage, ob und inwieweit eine Vorschrift des Zollrechts im Einklang mit Sinn und Zweck der EUSt als Teil der Mehrwertsteuer steht, bedarf für jede Bestimmung einer eigenen Prüfung (vgl. BFH vom 03.09.1990, BFHE 161, 260). Dies wir...