2.1 Umsatzgrenze
Rz. 13
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Möglichkeit der Umsatzsteuer- und Vorsteuerpauschalierung gem. § 24 UStG soll landwirtschaftlichen Betrieben Aufzeichnungspflichten erleichtern und Verwaltungsaufwand abnehmen. Bei der Vereinfachung wurde v. a. an kleine Betriebe gedacht. Bis zum 31.12.2021 konnte die Pauschalierung jedoch grundsätzlich von jedem Agrarunternehmen, unabhängig von seiner Größe, für seine landwirtschaftlichen Betriebe angewendet werden. Dies hatte die EU-Kommission kritisiert, da große Agrarunternehmen ohnehin Aufzeichnungen führen und ihnen daher die Anwendung der Regelbesteuerung zumutbar ist.
Daher hat der deutsche Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 01.01.2022 eine Umsatzgrenze in § 24 Abs. 1 S. 1 UStG eingeführt. Danach ist die Durchschnittsbesteuerung nur noch für die Land- und Forstwirte anwendbar, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kj. nicht mehr als 600.000 EUR betragen hat. Maßgeblich ist der gesamte Umsatz des Unternehmers – nicht nur aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, sondern auch anderen Unternehmensteilen – unter Zugrundelegung der im maßgeblichen Kj. angewandten Besteuerungsart (Soll- oder Istbesteuerung). Insoweit der Unternehmer die Durchschnittssatzbesteuerung angewendet hat, sind nach Auffassung der Finanzverwaltung in Abschn. 24.1a. Abs. 1 S. 5 UStAE grundsätzlich die vereinbarten Entgelte zugrunde zu legen.
Rz. 14
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Überschreitet der Unternehmer die Umsatzgrenze des § 24 Abs. 1 S. 1 UStG, muss er seine Umsätze zwingend nach den allgemeinen Regelungen des UStG versteuern. Große Agrarunternehmen wurden zum 01.01.2022 automatisch aus dem Anwendungsbereich der Pauschalierung ausgeschlossen und zwingend zu Regelbesteuerern.
Der gesetzliche Wechsel zur Regelbesteuerung stellt keine Option i. S. d. § 24 Abs. 4 UStG dar, sodass auch keine fünfjährige Bindungsfrist ausgelöst wird (Abschn. 24.1a. Abs. 1 S. 13 UStAE). Zu den Besonderheiten beim Wechsel der Besteuerungsform vgl. Rz. 87 ff.
Rz. 15
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der Gesamtumsatz des Unternehmers zur Prüfung der 600.000-EUR-Grenze ist gem. § 19 Abs. 3 UStG zu ermitteln.
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Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbare Umsätze (ohne Umsatzsteuer) |
Abschn. 19.1 Abs. 2 S. 2 UStAE |
./. |
steuerfreie Umsätze nach den §§ 4 Nr. 8i, 9b, 11–29 UStG |
Abschn. 19.3 Abs. 2 S. 1 UStAE |
./. |
steuerfreie Umsätze nach den §§ 4 Nr. 8a–h, 9a, 10 UStG, wenn es sich um Hilfsumsätze handelt |
Abschn. 19.3 Abs. 2 S. 1 UStAE |
= |
Gesamtumsatz |
§ 19 Abs. 3 UStG |
Zum Gesamtumsatz gehören: |
Umsätze, die gem. § 1 Abs. 3 UStG wie Umsätze im Inland anzusehen sind, |
Abschn. 19.3 Abs. 1 S. 1 UStAE |
Umsätze, für die ein anderer als der Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b Abs. 5 UStG ist. |
Abschn. 19.3 Abs. 1 S. 1 UStAE |
Zum Gesamtumsatz gehören nicht: |
Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der nicht nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG steuerbar ist, |
Abschn. 19.3 Abs. 1 S. 2 UStAE |
Umsätze, für die der Unternehmer als Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b Abs. 5 UStG ist, |
Abschn. 19.3 Abs. 1 S. 2 UStAE |
beim letzten Abnehmer in einem i. g. Dreiecksgeschäft (§ 25b Abs. 2 UStG) ankommende Lieferungen, für die er die Steuer schuldet. |
Abschn. 19.3 Abs. 1 S. 3 UStAE |
Anders als bei der Kleinunternehmerregelung gehören bei der Prüfung der Umsatzgrenze des § 24 Abs. 1 S. 1 UStG die Umsätze mit Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zum Gesamtumsatz. Hat der Land- oder Forstwirt seine Tätigkeit nur in einem Teil des Kj. ausgeübt, ist der tatsächliche Umsatz in einem Jahresgesamtumsatz hochzurechnen (§ 19 Abs. 3 S. 3 und S. 4 UStG).
Rz. 16
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Da pauschalierende Land- und Forstwirte gem. § 22 Abs. 6 Nr. 1 UStG i. V. m. § 67 UStDV von vielen Aufzeichnungspflichten befreit sind, können für die Ermittlung des Gesamtumsatzes in Ergänzung zu den Angaben, die nach § 18 Abs. 3 UStG erforderlich sind, hilfsweise auch ertragsteuerliche Aufzeichnungen und Gewinnermittlungen herangezogen werden. Soweit sich daraus keine ausreichenden Daten ergeben, müssen die Umsätze sachgerecht geschätzt werden (Abschn. 24.1a. Abs. 2 UStAE).
2.2 Landwirtschaftlicher Betrieb
Rz. 17
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ein Betrieb der Landwirtschaft liegt vor, soweit der Zweck des Betriebs in der planmäßigen Bewirtschaftung des Bodens zur Gewinnung von pflanzlichen und tierischen Erzeugnissen besteht. Als landwirtschaftliche Betätigung gilt auch die unmittelbare Verwertung der damit selbst gewonnenen Erzeugnisse.
Als landwirtschaftliche Erzeugertätigkeiten sind gem. § 24 Abs. 2 S. 1 UStG anzusehen:
- die Landwirtschaft, der Wein-, Garten-, Obst- und Gemüsebau, alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mithilfe der Naturkräfte gewinnen, die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft, die Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft, die Imkerei, die Wanderschäferei sowie die Saatzucht;
- Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach §§ 51 und 51a BewG zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören. Es müssen somit in ausreichendem Umfang selbst bewirtschaftete Grundstücks...