2.1 Begriff des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts (§ 25b Abs. 1 UStG)
Rz. 13
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ein i. g. Dreiecksgeschäft setzt voraus, dass
- drei Unternehmer (erster Lieferer, erster Abnehmer und letzter Abnehmer) Umsatzgeschäfte abschließen. Dies gilt entsprechend, wenn der letzte Abnehmer eine juristische Person ist, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt und die in dem Mitgliedstaat für Zwecke der USt erfasst ist, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet (§ 25b Abs. 1 S. 2 UStG);
- die Geschäfte über denselben Gegenstand abgeschlossen werden;
- der Gegenstand unmittelbar vom (Ort des) ersten Lieferer(s) an den letzten Abnehmer (§ 25b Abs. 1 Nr. 1 UStG) gelangt;
- die drei Unternehmer in jeweils (drei) verschiedenen Mitgliedstaaten für Zwecke der USt erfasst sind (§ 25b Abs. 1 Nr. 2 UStG), d. h. eine USt-IdNr. haben;
- der Gegenstand bei der Beförderung/Versendung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt (§ 25b Abs. 1 Nr. 3 UStG);
- der Gegenstand durch den ersten Lieferer oder Abnehmer befördert oder versendet (§ 25b Abs. 1 Nr. 4 UStG) wird.
TIPP
Kein i. g. Dreiecksgeschäft liegt dann vor, wenn der letzte Abnehmer in der Reihe (= der, der die Ware letztendlich haben will) befördert oder versendet ("Abholfall", Abschn. 25b.1 Abs. 5 S. 4 UStAE)!
Rz. 14
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Die Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 UStG müssen sämtlich (kumulativ) erfüllt sein (vgl. Abschn. 25b.1 Abs. 1 UStAE); ist dies nicht der Fall, gelten auch im i. g. Dreiecksgeschäft die allgemeinen Vorschriften.
2.1.1 Beteiligung von drei Unternehmern (§ 25b Abs. 1 Nr. 1 UStG)
2.1.1.1 Allgemeines
Rz. 15
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Der erste Abnehmer in dem Dreiecksgeschäft ist als mittlerer Unternehmer in der Reihe zugleich Abnehmer und Lieferer.
Rz. 16
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Letzte Abnehmer können auch Unternehmer sein, die nur steuerfreie – nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte – Umsätze ausführen, sowie Kleinunternehmer und pauschalierende Land- und Forstwirte. Voraussetzung ist, dass sie umsatzsteuerlich in dem Mitgliedstaat erfasst sind, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes endet.
Rz. 17
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Letzter Abnehmer kann ferner eine juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts sein, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt, wenn sie in dem Mitgliedstaat, in dem die Warenbewegung endet, für Zwecke der USt registriert ist; erforderlich ist die Erteilung einer USt-IdNr. (§ 25b Abs. 1 S. 2 UStG, Abschn. 25b.1 Abs. 2 UStAE).
Rz. 18
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Ist der letzte Abnehmer dagegen eine "normale" Privatperson, liegen die Voraussetzungen des § 25b UStG nicht vor. Gleiches gilt, wenn an den Umsatzgeschäften mehr als drei Unternehmer beteiligt sind.
2.1.1.2 Das Wahlrecht in Abschn. 25b.1 Abs. 2 UStAE
Rz. 19
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zunächst verneinte die deutsche Finanzverwaltung das Vorliegen eines i. g. Dreiecksgeschäfts i. S. v. § 25b UStG, wenn an einem Reihengeschäft mehr als drei Unternehmer beteiligt waren (so noch Abschn. 276b Abs. 2 S. 2 UStR 2000). Hieran hat die Finanzverwaltung nicht weiter festgehalten und sprach erstmals in Abschn. 276b Abs. 2 S. 2 UStR 2005 auch dann von einem i. g. Dreiecksgeschäft, wenn
- an einem Reihengeschäft mehr als drei Unternehmer beteiligt sind und
- die drei unmittelbar nacheinander liefernden Unternehmer am Ende der Lieferkette stehen.
Rz. 20
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Die Regelung wurde durch Abschn. 276b Abs. 2 UStR 2008 und ab 01.11.2011 durch Abschn. 25b.1 Abs. 2 UStAE unverändert fortgeführt. Die meisten EU-Mitgliedstaaten teilten diese nunmehr aufgegebene "enge" Auffassung der deutschen Finanzverwaltung nicht. Der Binnenmarkt war insoweit alles andere als harmonisiert; mit der Neuregelung wurde ein erfreulicher Schritt in Richtung einheitliche Interpretation von EU-Recht getan (Weimann, UidP, Kap. 17.12). Die deutsche Wirtschaft begrüßt die Regelung insbesondere deshalb, weil sie die bisherigen Risiken des mittleren Unternehmers vermindert. Wenn in der Vergangenheit der Vorlieferant des mittleren Unternehmers ohne dessen Wissen die Ware von einem weiteren Vorlieferanten bezog, lagen nach deutscher Verwaltungsauffassung die Voraussetzungen des § 25b UStG nicht vor. Damit wurde der mittlere Unternehmer im Bestimmungsland steuer- und registrierungspflichtig – eine Konsequenz, die der Unternehmer durch die Wahl eines i. g. Dreiecksgeschäftes gerade hatte vermeiden wollen. Die unerwarteten Pflichten wiederum führten beim mittleren Unternehmer in der Regel zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand durch Umstellung der Buchführung, Einrichtung der EDV, Bestellung eines Steuerberaters etc., der eigentlich bereits bei der Kalkulation eines Auftrages hätte berücksichtigt werden müssen. Dem mittleren Unternehmer blieb dann allenfalls der Weg, sich durch geschickte Gestaltung seines Einkaufsvertrages zivilrechtlich gegenüber seinem Vorlieferanten schadlos zu halten; den Fiskus freilich interessierten solche Überlegungen nicht. Die Finanzverwaltung verdeutlicht die Neuregelung: