Rz. 15
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen liegen vor, wenn sie an hilfsbedürftige Personen zur Überwindung von deren Hilfsbedürftigkeit erbracht werden. Angesichts der Subsidiarität der Vorschrift und des weiten Umfangs des § 4 Nr. 16 UStG im Hinblick auf die Betreuung und Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen umfasst § 4 Nr. 18 UStG vor allem Leistungen an wirtschaftlich hilfsbedürftige Personen zur Überwindung von deren wirtschaftlicher Hilfsbedürftigkeit. Hierunter fallen (vgl. BT-Drucks. 19/13436, 147 sowie Abschn. 4.18.1. Abs. 1 bis 3 UStAE)
- die Schuldnerberatung,
- Leistungen der "Tafeln",
- Frauenhäuser nach § 36a SGB II,
- die Beratung und Hilfe für Obdach- und Wohnungslose,
- Beratungsleistungen für Angehörige drogen- und alkoholanhängiger Menschen,
- Leistungen im Zusammenhang mit Migration,
- Leistungen der Beratungsstellen für Ehe- und Lebensfragen,
- Beratung und Hilfe für Strafentlassene
- Beratung und Hilfe für Prostituierte,
- Leistungen im Zusammenhang mit der Migration von Menschen, z. B. die Beratung und Hilfe für Migranten, Asylbewerber, Aussiedler oder Flüchtlinge,
- Leistungen, die aufgrund von Verträgen über die Übertragung von Aufgaben nach § 16 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes (BFDG) erbracht werden, sofern die Freiwilligen Aufgaben im sozialen Bereich erfüllen. Dies ist insbesondere für die unter § 4 Nr. 15, 15a, 15b, 15c, 16 und in Nr. 18 UStG genannten Leistungen zu bejahen, nicht hingegen bei einem Einsatz der Freiwilligen, z. B. im Bereich Umwelt- oder Naturschutz, Landschaftspflege, Kultur und Denkmalpflege, Sport sowie Zivil- und Katastrophenschutz.
Rz. 16
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen sind nach der Rechtsprechung u. a. zudem:
- Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung körperlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftiger Personen (EuGH vom 10.09.2002, Rs. C-141/00, Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH, UR 2002, 513),
- die Kinderbetreuung durch Tageseltern sowie die Vermittlung von Tageseltern, wenn sie sich nicht auf eine bloße Nachweistätigkeit beschränkt, sondern mit weiteren Prüfungen hinsichtlich Geeignetheit und Qualifikation einhergeht (EuGH vom 09.02.2006, Rs. C-415/04, Kinderopvang Enschede, UR 2006, 470),
- Leistungen eines nach § 158 FamFG gerichtlich bestellten Verfahrensbeistands in Kindschaftssachen (BFH vom 17.07.2019, Az: V R 27/17, UR 2019, 820), insofern greift seit dem 01.01.2021 aber die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 25 S. 3 Buchst. d UStG,
- die durch einen unabhängigen Gutachter im Auftrag des Medizinischen Dienstes einer Pflegekasse erfolgende Erstellung von Gutachten zur Pflegebedürftigkeit (EuGH vom 08.10.2020, Rs. C-657/19, Finanzamt D, UR 2020, 871 mit Anm. Wüst, Nachfolgeentscheidung des BFH vom 24.02.2021, Az: XI R 30/20, DStR 2021, 1534),
- der Betrieb von Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünften durch eine GmbH für Länder und Kommunen (BFH vom 24.03.2021, Az: V R 1/19, UR 2021, 715).
Rz. 17
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nicht begünstigt sind dagegen Leistungen die i. d. R. nicht speziell hilfsbedürftigen Personen angeboten werden, wie etwa die Gestellung von Personal, Umzugsleistungen, Rechtsberatungsleistungen oder allgemeine Geschäftsführungs- und Verwaltungsleistungen oder Leistungen eines Mahlzeitendienstes (z. B. "Essen auf Rädern"; vgl. BT-Drucks. 19/13436, 147 mit Verweis auf BFH vom 01.12.2010, Az: XI R 46/08, DStR 2011, 362; vgl. auch BFH vom 21.04.2021, Az: XI R 31/20, UR 2021, 723 sowie Abschn. 4.18.1. Abs. 6 UStAE; a. A. Kirchhain/Pötters, UR 2023, 319).
Rz. 18
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Leistungen sind dann eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden, wenn sie tatsächlich gegenüber der hilfsbedürftigen Person erfolgen. Einer unmittelbaren Vertragsbeziehung zu dem Hilfsbedürftigen bedarf es hierfür nicht (vgl. BT-Drucks. 19/13436, 147 mit Verweis auf BFH vom 01.12.2010, Az: XI R 46/08, BFHE 232, 232 und vom 08.06.2011, Az: XI R 22/09, BFHE 234, 448). Es ist auch unschädlich, wenn die Leistungen im Rahmen eines Dreiecksverhältnisses unmittelbar nur gegenüber einer Gebietskörperschaft erfolgen, die dann die Leistungen an die Hilfsbedürftigen weiterreicht (vgl. BFH vom 24.03.2021, Az: V R 1/19, UR 2021, 715). Auch die Leistungserbringung durch Subunternehmern kann begünstigt sein (vgl. EuGH vom 08.10.2020, Rs. C-657/19, Finanzamt D, UR 2020, 871 mit Anm. Wüst, Nachfolgeentscheidung des BFH vom 24.02.2021, Az: XI R 30/20, DStR 2021, 1534).