Rz. 15
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Der Unternehmer kann die Auszahlung möglicher Vorsteuerüberhänge durch das Angebot einer Sicherheitsleistung nicht erzwingen; vielmehr steht der FinBeh ein Ermessen (§ 5 AO) zu, ob sie diese gegen Sicherheitsleistung erstatten will oder nicht (Leonard/Heidner, in Bunjes, 19. Aufl. 2020, § 18f Rn. 16).
Rz. 16
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Zur Ermessensentscheidung liefert die amtliche Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/6883) wertvolle Anhaltspunkte: "Das Finanzamt kann von der Sicherheitsleistung Gebrauch machen, wenn unklar ist, ob die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen. Nach bisherigem Recht konnte die Erstattung in diesen Fällen zunächst nicht erfolgen. Das bedeutet, die notwendige Prüfung muss nunmehr nicht mehr zu Lasten der Liquidität des zutreffenden Unternehmens gehen. Der Erstattungsbetrag wird ausgezahlt. Der Unternehmer ist lediglich mit den Kosten z. B. einer Bürgschaft belastet."
2.1.1 Dauer der Sicherheit
Rz. 17
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Die Sicherheitsleistung kann nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel längstens für die Dauer der notwendigen Prüfung verlangt werden; damit kann das Vorsteuerabzugsrecht sachgerecht geprüft werden, ohne dass – wie bislang – zusätzlich personelle Ressourcen für die Bearbeitung der Einwendungen des Unternehmers gegen die Vorenthaltung des Vorsteuerabzugs gebunden werden. Ferner ist erforderlich, dass die Finanzverwaltung die Zweifel an der Richtigkeit der eingereichten Steueranmeldung nicht kurzfristig (= innerhalb von sechs Wochen) ausräumen kann (Abschn. 18f.1. Abs. 3 S. 3 UStAE; vgl. auch Weimann, UStB 2003, 154, m. w. N.).
Autozulieferer A hat erhebliche Vorsteuerüberhänge aus der Anschaffung neuer Maschinen. Wegen der Höhe der Erstattungsbeträge möchte das FA die Maschinen sehen und die Eingangsrechnungen prüfen.
Lösung:
Die bestehenden Zweifel könnte das FA durch eine USt-Nachschau oder USt-Sonderprüfung kurzfristig ausräumen. Eine Sicherheitsleistung ist damit nicht angezeigt.
2.1.2 Objektiv schwieriger Fall
Rz. 18
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Vorschrift ist damit regelmäßig nur auf Fälle anzuwenden, die auf einem besonders schwierig zu beurteilenden Sachverhalts beruhen (Abschn. 18f.1. Abs. 3 S. 3 UStAE). Dabei muss sich die Schwierigkeit m. E. auch objektiv messbar aus dem Sachverhalt ergeben und darf sich nicht lediglich aus der besonderen Situation des prüfenden FA ergeben.
Wie Beispiel oben (vgl. Rz. 12). Im FA sind alle USt-Sonderprüfer einer Grippewelle zum Opfer gefallen. Das FA hat daher Schwierigkeiten, das Tagesgeschäft zu bewältigen.
Lösung:
Für eine Sicherheitsleistung nach § 18f UStG ist kein Raum.
2.1.3 Kosten der Sicherheit
Rz. 19
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Soweit für den Unternehmer durch die Sicherheit Kosten entstehen (z. B. Bereitstellungsprovisionen für eine Bankbürgschaft), führen diese zu keiner unverhältnismäßigen Belastung des Unternehmers, weil dieser gleichzeitig den finanziellen Vorteil der Liquidität hat, also keinen Bankkredit in Anspruch nehmen muss.
Rz. 20
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Für Existenzgründer mit wenig Liquidität dürfte eine Bankbürgschaft in der Praxis zwar schwierig zu erhalten sein; hier stellt sich aber die Frage, warum der Fiskus bei der Herausgabe von Geld unbekümmerter sein sollte als eine Bank, die mit der Bestellung von Sicherheiten gar Geschäfte machen will.
Rz. 21
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Kosten für die Bankbürgschaft begründen nach all dem kein "finanzielles Risiko" i. S. d. EuGH-Rspr. (EuGH vom 25.10.2001, Rs. C78/00, BFH/NV Beilage 2002, 25; vgl. auch Leonard/Heidner, in Bunjes, 19. Aufl. 2020, § 18f Rn. 26).