2.1.1.1 Grundstück
Rz. 8
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach Art 13b Buchst. a MwStVO gilt als Grundstück ein bestimmter über- oder unterirdischer Teil der Erdoberfläche, an dem Eigentum und Besitz begründet werden kann. Dies entspricht im Wesentlichen dem Grundstücksbegriff des deutschen Zivilrechts (Lippross, Umsatzsteuer, 25. Aufl. 2022, 710 f.).
Auch Wasserflächen werden erfasst, z. B. die Überlassung von Wasser- und Landliegeplätzen für Sportboote (BFH vom 08.12.1991, Az: V R 46/88, BStBl II 1992, 368); die Vermietung von Liegeplätzen für das Festmachen von Booten im Wasser sowie von Stellplätzen an Land (EuGH vom 03.03.2005, Rs. C-428/02, Fonden Marselisborg Lystbådehavn, UR 2005, 458 und vom 15.11.2012, Rs. C-532/11, Leichenich, BStBl II 2013, 891) oder die ausschließliche Nutzungsüberlassung von Bereichen eines öffentlichen Seegebiets, (EuGH vom 25.10.2007, Rs. C-174/06, CO.GE.P, UR 2007, 892).
2.1.1.2 Wesentliche Bestandteile des Grundstücks
Rz. 9
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Als Grundstück gilt nach Art 13b Buchst. b MwStVO auch "jedes mit oder in den Boden über oder unter dem Meeresspiegel befestigte Gebäude oder jedes derartige Bauwerk, das nicht leicht abgebaut oder bewegt werden kann". Zivilrechtlich entspricht dies den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks nach § 94 Abs. 1 S. 1 BGB, die rechtlich unselbstständig sind und mit dem Grundstück eine einheitliche Sache bilden. Erfasst werden insbesondere befestigte Gebäude und Bauwerke, die nicht leicht abgebaut oder bewegt werden können. Auch ein einschließlich der dazugehörenden Liegefläche und Steganlage verpachtetes Hausboot, das mit nicht leicht zu lösenden Befestigungen, an einem Liegeplatz im Fluss liegt und nach den Bestimmungen des Pachtvertrags ausschließlich zur auf Dauer angelegten Nutzung als Restaurant bzw. Diskothek an diesem Liegeplatz bestimmt ist, ist demnach vom Grundstücksbegriff erfasst (vgl. EuGH vom 15.11.2012, Rs. C-532/11, Leichenich, BStBl II 2013, 891).
Bei Baulichkeiten, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit Grund und Boden verbunden sind, wie etwa Büro- und Wohncontainer, Wohnanhänger, Baubuden, Kiosken, Tribünen und ähnlichen Einrichtungen scheidet mangels Grundstücksüberlassung eine Steuerbefreiung aus (vgl. Abschn. 4.12.1. Abs. 4 UStAE). Hierbei handelt es sich auch zivilrechtlich um keine wesentlichen Bestandteile, sondern gem. § 95 BGB um Scheinbestandteile.
Allerdings hat der EuGH die Vermietung eines Gebäudes, das aus Fertigteilen (Containerbau) errichtet wird, die so in das Erdreich eingelassen werden, dass sie weder leicht demontiert noch leicht versetzt werden können, als eine steuerfreie Vermietung eines Grundstücks angesehen, auch wenn dieses Gebäude nach Beendigung des Mietvertrags entfernt und auf einem anderen Grundstück wieder verwendet werden sollte (vgl. EuGH vom 16.01.2003, Rs. C-315/00, Mayerhofer, UR 2003, 86). Obwohl auch hier der Containerbau zivilrechtlich Scheinbestandteil war, bejahte der EuGH aufgrund der Intensität der Verbindung mit dem Grund und Boden die Steuerfreiheit.
Die Vermietung nicht ortsfester Wohncontainer an Arbeitnehmer ist dagegen steuerpflichtig, unterliegt aber dem ermäßigten Steuersatz (vgl. BFH vom 29.11.2022, Az: XI R 13/20, MwStR 2023, 394 mit Anm. Schumann).
Zur Frage, ob die Vermietung von Lagerflächen in Container umsatzsteuerfrei erfolgen kann, vgl. Schlegel, NWB 2022, 1246.
2.1.1.3 Wesentliche Bestandteile eines Gebäudes oder Bauwerks
Rz. 10
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Nach Art 13b Buchst. c MwStVO gilt als Grundstück auch "jede Sache, die einen wesentlichen Bestandteil eines Gebäudes oder eines Bauwerks bildet, ohne die das Gebäude oder das Bauwerk unvollständig ist, wie zum Beispiel Türen, Fenster, Dächer, Treppenhäuser und Aufzüge". Dies entspricht dem Regelungsgehalt des § 94 Abs. 2 BGB.
Sachen, Ausstattungsgegenstände oder Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder einem Bauwerk installiert sind, und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu verändern, gelten nach Art. 13b Buchst. d MwStVO als Grundstücke. Hierbei handelt es sich i. d. R. um Betriebsvorrichtungen. Allerdings ist bei der eigenständigen Verpachtung von Betriebsvorrichtungen zu beachten, dass diese nach § 4 Nr. 12 S. 2 UStG selbst dann steuerpflichtig sind, wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind (vgl. Rz. 57 f.).
2.1.1.4 Rechte als Grundstücksbestandteile
Rz. 11
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Nach § 96 BGB gelten zivilrechtlich auch die mit einem Grundstück zusammenhängenden Rechte als wesentliche Bestandteile des Grundstücks. Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Würdigung ist zu differenzieren:
Soweit dingliche Nutzungsrechte bestellt, übertragen oder überlassen werden, die dem Nutzungsberechtigten auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht einräumen, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, um jede andere Person von diesem Recht auszuschließen sind diese nach Maßgabe des § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. c UStG steuerfrei (vgl. EuGH vom 04.10.2001, Rs. C-326/99, Stichting Goed Wonen, UR 2001, 484 sowie vgl. Rz. 43 ff.).
Die Verpachtung von Jagd- oder Fischereirechten ist dagegen mangels...