Rz. 21
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Umsätze für die Seeschifffahrt sind zunächst Lieferungen (auch gebrauchter Schiffe), Umbauten (z. B. Veränderungen an der Substanz eines Schiffes wie Verlängerung oder Verbreiterung des Rumpfes), Instandsetzungen (z. B. Schadensbeseitigung), Wartungen (z. B. Arbeiten zur Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit von Anlagen), Vercharterungen und Vermietungen von Wasserfahrzeugen, die dem Erwerb durch die Seeschifffahrt oder der Rettung Schiffbrüchiger zu dienen bestimmt sind. Anders als bei der Steuerbefreiung für die Luftfahrt (Rz. 37 ff.) kommt es darauf an, dass das konkrete Wasserfahrzeug eine entsprechende Zweckbestimmung hat (vgl. Abschn. 8.1. Abs. 2 S. 5 ff. UStAE).
Rz. 22
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Die Wasserfahrzeuge müssen ihrer Bauart nach dem Erwerb durch die Seeschifffahrt oder der Rettung Schiffbrüchiger zu dienen bestimmt sein, maßgebend ist die zolltarifliche Einordnung (zur Bedeutung der Verweisung auf das Zolltarifrecht vgl. BFH vom 20.02.1990, Az: VII R 172/84, BStBl II 1990, 760). Dazu zählen insbesondere Seeschiffe der Handelsschifffahrt (einschließlich Tank- und Kühlschiffe), seegehende Fahrgast- und Fährschiffe (einschließlich Kreuzfahrtschiffe), Fischereifahrzeuge (einschließlich Fabrikschiffe und andere Schiffe für das Verarbeiten und Konservieren von Fischereierzeugnisse) und Schiffe des Seeschifffahrtshilfsgewerbes, z. B. Seeschlepper und Bugsierschiffe (vgl. OFD Niedersachsen vom 20.10.2010, Az: S 7155–45 – St 183, UR 2011, 395 – auch zur Voraussetzung der Seetüchtigkeit [Rumpflänge mindestens zwölf Meter] und Abschn. 8.1. Abs. 2 S. 3 UStAE).
Rz. 23
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Nicht zu den begünstigten Schiffen zählen Wassersportfahrzeuge (vgl. BFH vom 13.02.1992, Az: V R 141/90, BStBl II 1992, 576 – ergangen zu einer Hochseejacht, auch dann nicht, wenn die Hochseejacht an Freizeitsegler verchartert und damit unternehmerisch genutzt wird) und Behördenfahrzeuge (Abschn. 8.1. Abs. 2 S. 4 UStAE).
Rz. 24
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Ebenfalls nicht dem Erwerb durch die Seeschifffahrt dienen Forschungsschiffe (vgl. FinMin Schleswig-Holstein, Erlass vom 12.10.2015, Az: VI 358-S 7155-055, DStR 2015, 2669; OFD Niedersachsen, Vfg. vom 26.11.2015, Az: S 7155 – 78 – St 187, UR 2016, 329, neu gefasst durch Vfg. vom 16.01.2018, S 7155 – 78 – St 184, UR 2018, 336 und ergänzt um einen Abschnitt zur Bereederung von Forschungsschiffen). Vorumsätze i. Z. m. Forschungsschiffen fallen daher grundsätzlich nicht unter § 4 Nr. 2 i. V. m. § 8 Abs. 1 UStG.
Rz. 25
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Die Wasserfahrzeuge müssen, neben der Eigenschaft eines Wasserfahrzeuges i. S. d. Zolltarifrechts, tatsächlich ausschließlich oder überwiegend in der Erwerbsschifffahrt oder zur Rettung Schiffbrüchiger eingesetzt werden (vgl. BFH vom 13.02.1992, Az: V R 140/90, BStBl II 1992, 573 – ebenfalls ergangen zur Vercharterung einer Hochseejacht; vgl. Abschn. 8.1. Abs. 2 S. 5 UStAE). Hochseeangelfahrten fallen nicht unter die Steuerbefreiung, da sie Sport- und Vergnügungszwecken dienen (vgl. FG Schleswig-Holstein vom 23.06.2009, Az: 4 K 41/05, DStRE 2010, 119 unter Verweisung auf BFH in BStBl II 1993, 573 [Rev. XI R 25/09, Urteil vom 02.03.2011, BStBl II 2011, 737 – Aufhebung und Rückverweisung, einheitliche Beförderungsleistung, Ortsvorschriften zu beachten]). Zur Vermietung mit Personal an natürliche Personen für Hochseevergnügungsreisen vgl. EuGH vom 22.12.2010, Rs. C-116/10, "Bacino/Feltgen", BFH/NV 2012, 399 (vgl. Rz. 13).
Rz. 26
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Der Begriff der Seeschifffahrt ist nach den Vorschriften des Seerechts zu beurteilen, wonach als Seeschifffahrt die Schifffahrt seewärts der in § 1 der Flaggenrechtsverordnung festgelegten Grenzen der Seeschifffahrt anzusehen ist (vgl. BFH vom 02.09.1971, Az: V R 8/67, BStBl II 1972, 45 – Abgrenzung zur sog. Binnenschifffahrt; Abschn. 8.1. Abs. 2 S. 7 UStAE).
Rz. 27
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Unter die Steuerbefreiung fällt auch die Vermietung (Nutzungsüberlassung ohne Mannschaft) und die Vercharterung (Nutzungsüberlassung inkl. Mannschaft) eines Schiffes bzw. von Schiffsraum (zu Arten von Charterverträgen vgl. BFH vom 19.09.1996, Az: V R 129/93, BStBl II 1997, 164). Die Steuerbefreiung soll dabei auch die auf die Personalgestellung entfallenden Entgeltsanteile umfassen (Heidner in Bunjes, § 8 Rz. 6; Raudszus in S/W/R, § 8 Rz. 80; zur Personalgestellung i. R.d. sog. Crew-Managements vgl. Rz. 33). In den Fällen der Reise-, Zeit-, Slot- und Bareboat-Vercharterung handelt es sich jeweils um eine steuerfreie Vercharterung eines Wasserfahrzeugs für die Seeschifffahrt nach § 4 Nr. 2 UStG i. V. m. § 8 Abs. 1 UStG. Wesentliches Merkmal dieser Verträge ist das Zurverfügungstellen eines Schiffes bzw. von Schiffsraum. Lediglich die Beförderung i. R. v. Stückgutverträgen wird als Güterbeförderung angesehen (vgl. Abschn. 8.1. Abs. 2 S. 8–10 UStAE).