Rz. 91
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Ausfuhrlieferung nach § 6 Abs. 1, 3 und 3a UStG sowie einer Bearbeitung nach § 6 Abs. 1 S. 2 UStG sind durch den Unternehmer nachzuweisen (§ 6 Abs. 4 S. 1 UStG). Einzelheiten regelt die UStDV (§ 6 Abs. 4 S. 2 UStG/Ermächtigungsvorschrift). Nach den Vorschriften der UStDV (§§ 8–11, 13, 17) besteht der Nachweis grundsätzlich aus zwei Bestandteilen, dem Buchnachweis und dem Ausfuhrnachweis (Ausfuhrnachweis ist Bestandteil des Buchnachweises). Die Nachweispflichten sind grundsätzlich mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar (vgl. BFH vom 28.05.2009, Az: V R 23/08, BStBl II 2010, 517).
Rz. 92
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Auch wenn der erforderliche Buch- und Belegnachweis erbracht wird, schließt dies nicht die Überprüfung der sachlichen Richtigkeit der Angaben aus. Die Nachweise des Unternehmers bilden daher lediglich die Grundlage für eine ggf. durch die Finanzverwaltung vorzunehmende Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit. Es gelten die allgemeinen Beweisregeln und Grundsätze. Gelingt dem Unternehmer der Nachweis nicht, tritt Steuerpflicht ein (vgl. BFH vom 14.12.1994, Az: XI R 70/93, BStBl II 1995, 515 – im Fall eines missglückten Nachweises der Eigenschaft "außengebietlicher Abnehmer" [heute ausländischer Abnehmer]; BFH vom 23.05.1995, Az: V B 21/95, BFH/NV 1995, 1104 – formell ordnungsgemäße, aber inhaltlich falsche Belege führen nicht zur Steuerbefreiung – der Belegnachweis kann nicht durch Zeugenaussagen ersetzt werden; BFH vom 04.06.1987, Az: V R 143/79, BFH/NV 1988, 125; BFH vom 07.04.2000, Az: V B 176/99, BFH/NV 2000, 1370 – auch zur Beweislast; BFH vom 26.11.2001, Az: V B 88/00, BFH/NV 2002, 551 – auch zur Beweislast; BFH vom 23.04.2009, Az: V R 84/07, BStBl II 2010, 509).
Rz. 93
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Wer die Steuerbefreiung für sich in Anspruch nimmt, ohne den Buchnachweis zeitgerecht zu führen und ohne im Besitz der Ausfuhrbelege zu sein, machte sich bisher bei Vorliegen auch der übrigen Tatbestandsmerkmale (subjektive Voraussetzungen) der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO) oder leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 Abs. 1 AO) schuldig (BFH vom 28.02.1980, Az: V R 118/76, BStBl II 1980, 415). Diesbezüglich hat sich die Rechtsprechung geändert. Nach dem Beschluss des BGH vom 19.08.2009 (Az: 1 StR 206/09, PStR 2009, 223) kann aufgrund des fehlenden materiell-rechtlichen Charakters der Nachweispflichten (vgl. Rz. 95 ff.) eine Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer nicht allein darauf gestützt werden, dass der Unternehmer den ihm obliegenden Nachweispflichten nach §§ 8ff. UStDV bzw. §§ 17a ff. UStDV nicht entsprochen hat. Der BGH verweist ausdrücklich auf die Rechtsprechung des BFH zur i. g. Lieferung (vgl. BFH vom 08.11.2007, Az: V R 72/05, BStBl II 2009, 55) und auf die geänderte Rechtsprechung zur Ausfuhrlieferung (vgl. BFH vom 28.05.2009, Az: V R 23/08, BStBl II 2010, 517; vgl. Rz. 83 ff.) und den Umstand, dass auch bei Verstoß gegen die Nachweisverpflichtungen Steuerfreiheit aufgrund der objektiven Beweislage eintreten kann. Der EuGH hat entschieden, dass ein Mitgliedstaat die Steuerbefreiung nicht von der Voraussetzung abhängig machen darf, dass Gegenstände in das Zollverfahren der Ausfuhr überführt worden sind, wenn feststeht, dass die materiellen Anforderungen für die Steuerbefreiung, darunter insbesondere die, dass die betreffenden Gegenstände tatsächlich aus dem Gebiet der Union verbracht worden sind, erfüllt sind (vgl. EuGH vom 28.03.2019, C-275/18, Vinš, UR 2019, 550).