Rz. 20
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Aus der Sicht des § 4 Nr. 3 UStG ist die Vorschrift des § 3 Abs. 11 UStG (Dienstleistungskommission) v.a. für die Spediteure von Bedeutung. Nach § 453 Abs. 1 HGB besorgt der Spediteur die Versendung eines Gutes, seine Leistung fällt daher grundsätzlich über § 3 Abs. 11 UStG in den Anwendungsbereich des § 4 Nr. 3 UStG. Besorgt der Spediteur eine Beförderungsleistung, gilt diese durch den Frachtführer an ihn erbracht, er ist daher ggf. Empfänger einer grenzüberschreitenden Beförderungsleistung und erbringt diese anschließend an seinen Auftraggeber. Dies gilt jedoch nur für die sachbezogenen Merkmale der besorgten Leistung, nicht für personenbezogene Merkmale. Als sachbezogene Merkmale gelten insbesondere der Inhalt der Leistung und der Zeitpunkt der Erbringung (vgl. Abschn. 3.15. Abs. 2 und Abs. 3 UStAE).
Rz. 21
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nicht als Dienstleistungskommission, sondern als Beförderungsleistung wird die Leistung eines Spediteurs behandelt (vgl. Abschn. 4.3.2. Abs. 5 UStAE), wenn es sich handelt um
- einen Fall des Selbsteintrittes nach § 458 HGB (der Spediteur führt die Beförderung selbst aus) oder
- einen Fall der Spedition zu festen Kosten nach § 459 HGB (der Spediteur hat sich mit dem Auftraggeber über einen bestimmten Satz der Beförderungskosten geeinigt) oder
- einen Fall des Sammelladungsverkehrs nach § 460 HGB (der Spediteur bewirkt die Versendung des Gegenstandes zusammen mit Gegenständen anderer Auftraggeber aufgrund eines auf seine Rechnung abgeschlossenen Frachtvertrages).
Rz. 22
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
In diesen Fällen weist das Handelsrecht dem Spediteur die Rechte und Pflichten eines Frachtführers oder Verfrachters zu, umsatzsteuerlich liegt eine Beförderungsleistung vor. Die durch den Spediteur erbrachte Beförderungsleistung unterliegt direkt der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 3 UStG.
Rz. 23
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Übernimmt ein Frachtführer zwar die Beförderung eines Gegenstandes, bedient er sich dann aber anderer Frachtführer (= Unterfrachtführer) zur Ausführung, erbringt er dennoch eine Beförderungsleistung, da er nach § 407 Abs. 1 HGB die Beförderung des Gegenstandes zum Bestimmungsort schuldet. Diese Verpflichtung erfüllt er durch Einschalten eigener Beauftragter; er selbst hat die Stellung eines Hauptfrachtführers. Die durch ihn eingeschalteten Unterfrachtführer erbringen ihrerseits ebenfalls Beförderungsleistungen, deren Leistungsempfänger der Hauptfrachtführer ist. Da sich die Verpflichtung des Hauptfrachtführers auf die gesamte Beförderung erstreckt, muss diese aus seiner Sicht insgesamt die Voraussetzungen des § 4 Nr. 3 Buchst. a UStG erfüllen. Die Beförderungsleistungen der Unterfrachtführer betreffen aber u. U. nur einen Teilabschnitt der gesamten Beförderung, aus ihrer Sicht sind die Voraussetzungen des § 4 Nr. 3 Buchst. a UStG daher nur dann erfüllt, wenn ihre eigene Beförderung grenzüberschreitend erfolgt. Andere eingeschaltete Unterfrachtführer erbringen ggf. nur inländische Beförderungen, die nicht unter die Steuerbefreiung fallen. Ihre Leistungen können jedoch als andere sonstige Leistungen, die sich auf einen Gegenstand der Ausfuhr, Durchfuhr oder Einfuhr beziehen, unter die Steuerbefreiung fallen (vgl. Abschn. 4.3.2. Abs. 4 UStAE). Seit dem 01.01.2022 sind Leistungen der Unterfrachtführer in Bezug auf Gegenstände der Ausfuhr oder Durchfuhr nicht mehr steuerbefreit (vgl. Rz. 24).
Rz. 24
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit Urteil vom 29.06.2017 (Az: C-288/16, UR 2017, 599) hat der EuGH in Auslegung des Art. 146 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL entschieden, dass die Steuerbefreiung eine unmittelbare Leistungserbringung an den Versender oder Empfänger der Gegenstände voraussetzt (Beförderung von Gegenständen in einen Drittstaat). Das BMF hat auf diese Rechtsprechung hin zunächst mit Schreiben vom 06.02.2020 (BStBl I 2020, 235) hin seine Auffassung geändert und sowohl für Leistungen in Bezug auf Gegenstände der Ausfuhr oder Durchfuhr als auch für solche der Einfuhr die Steuerbefreiung auf unmittelbar an den Kunden erbrachte Leistungen beschränkt. Zugleich wurde eine Nichtbeanstandungsregelung für vor dem 01.07.2020 erbrachte Umsätze eingeführt. Diese Nichtbeanstandung wurde mehrfach verlängert, letztmalig für bis einschließlich 31.12.2021 ausgeführte Leistungen.
Mit Schreiben vom 27.09.2021 (BStBl I 2021, 1810) änderte das BMF den UStAE abermals. Nunmehr gilt das Unmittelbarkeitserfordernis nur für Leistungen in Bezug auf Gegenstände der Ausfuhr oder Durchfuhr, nicht aber solche der Einfuhr. Vermutlich ist diese Umsetzung angesichts der EuGH-Rechtsprechung zu eng ausgefallen, da der EuGH explizit auch die Einfuhrsachverhalte benennt.