Rz. 37

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Die umsatzsteuerliche Beurteilung der Auszahlung der Versicherungssumme ist strittig:

  • Nach der derzeit wohl (noch) herrschenden Meinung führt die Zahlung zu einem echten (nichtsteuerbaren) Schadensersatz (so Husmann in R/D, § 1 Rn. 431).
  • Nach einer im Vordringen befindlichen Auffassung ist die Schadensersatzleistung steuerbar, aber nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG oder § 4 Nr. 8 Buchst. b oder c UStG steuerfrei (so Klenk in R/D, § 4 Nr. 10 Rn. 59; Leipold in S/R, § 4 Nr. 10 Rn. 35).
 

TIPP

Im Regelfall dürfte der Streit eher theoretischer Natur sein, da beide Auffassungen auf der Ausgangsseite der Versicherungen unterm Strich zum Ergebnis "keine USt" kommen. Praktische Auswirkungen hat die Diskussion m. E. nur für eine evtl. Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG; mit der h. M. gehe ich dabei von nichtsteuerbarem Schadensersatz aus.

 

Rz. 38

Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Schuldet der Versicherer nach dem Versicherungsvertrag eine Geldleistung, entschädigt aber stattdessen nach vorheriger Vereinbarung mit dem aus der Versicherung Begünstigten durch eine Sachleistung, könnte man annehmen, dass die Sachleistungsvereinbarung den Versicherungsvertrag als neue Vereinbarung "überlappt" und die Leistung damit umsatzsteuerpflichtig erfolgt. Mit Klenk (in R/D, § 4 Nr. 10 Rn. 46) ist jedoch eine Sachleistung an Erfüllung statt anzunehmen, bei der der Versicherungsvertrag die Causa für die Sachleistung bildet, sodass auch die Sachleistung nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei ist. Im Übrigen besteht für die Anwendung der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG kein Unterschied, ob der Versicherer Geldleistungen oder Sachleistungen bewirkt. Diese Auslegung wird bestätigt durch den EuGH, der in ständiger Rechtsprechung vertritt, dass die Leistung, zu deren Erbringung sich der Versicherer im Versicherungsfall verpflichtet, nicht in der Zahlung eines Geldbetrages, sondern auch in Beistandsleistungen – sei es durch Geldzahlung oder durch Sachleistungen – bestehen kann (EuGH vom 07.12.2006, Rs. C-13/06, Kommission/Griechenland, UR 2007, 182).

 
Praxis-Beispiel
  1. Ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gewährleistet den Mitgliedern die Ausführung einer Feuerbestattung. Anders als bei einem Bestattungsinstitut, das seine Preise nach den Kosten zuzüglich Unternehmergewinn bemisst, ist der Versicherungsverein von den Besonderheiten des Versicherungsgeschäfts abhängig, dem das Gefahrenmoment eigen ist. Man kann darum nicht sagen, dass Bestattungsinstitute und solche Versicherungsvereine umsatzsteuerlich gleichbehandelt werden müssten (Klenk in R/D, § 4 Nr. 10 Rn. 47).
  2. Eine Auslandskranken- und Rückholversicherung sagt auf Reisen Beistandsleistungen zu.
  3. Eine Versicherung verspricht für den Fall einer Autopanne oder einem Unfall im Straßenverkehr Beistandsleistungen in Form einer Pannenhilfe vor Ort oder die Überführung des Fahrzeugs an einen anderen Ort, an dem die Reparatur vorgenommen werden kann (EuGH vom 07.12.2006, Rs. C-13/06, Kommission/Griechenland, UR 2007, 182).
  4. Mitgliedsbeiträge an einen Verein für Haus-, Grund- und Wohnungseigentümer sind anteilig steuerfrei, soweit diese Beiträge anteilig auf die Gewährung von Rechtsschutz durch den Verein entfallen, da diese Rechtsberatungsleistungen Gegenstand einer Rechtschutzversicherung sein können (LFS Sachsen, Vfg. vom 03.02.2016 – 213 – S 7163/1/1-2016/487, UR 2016, 935).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Weimann, Umsatzsteuer - national und international (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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