Dipl.-Finanzwirt (FH) Carsten Timm
Rz. 37
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Während in § 1a Abs. 1 Nr. 2 UStG die durch den Erwerber zu erfüllenden Voraussetzungen benannt werden, regelt § 1a Abs. 1 Nr. 3 UStG die auf der Seite des Lieferers zu erfüllenden Voraussetzungen. Nach § 1a Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a UStG muss es sich bei dem Lieferer um einen Unternehmer handeln, der die Lieferung gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens erbringt. Bei der Beurteilung des Vorliegens dieser Tatbestandsmerkmale stellt sich die weitergehende Frage, nach welchem Recht die Unternehmereigenschaft und die Voraussetzung der Lieferung i. R. d. Unternehmens geprüft werden soll. Aus deutscher Sicht bietet sich zunächst die Beurteilung der Unternehmereigenschaft nach § 2 UStG an. Allerdings handelt es sich regelmäßig um einen liefernden Unternehmer, der gerade nicht im Inland ansässig ist und somit nicht unmittelbar den Regelungen des § 2 UStG unterliegt. Daneben könnte die Prüfung nach dem Recht des Staates erfolgen, der für die Besteuerung des Lieferers zuständig ist (vgl. z. B. Schwarz in V/S, § 1a Rn. 108). Als weitere Alternative böte es sich an, diese Frage in Streitfällen richtlinienkonform auszulegen (vgl. z. B. Robisch in Bunjes, § 1a Rn. 13). In der Praxis wird man davon ausgehen können, dass § 2 UStG zumindest einen Anhaltspunkt bietet und insofern auch grundlegend mit dem Recht der anderen Mitgliedstaaten übereinstimmt. In der Masse der Fälle werden sich deshalb m. E. auch keine großen Probleme ergeben. Es stellt sich natürlich auch die Frage nach einer eventuellen Prüfpflicht des Unternehmers und insoweit nach der Verhältnismäßigkeit von Anforderungen, die an einen Unternehmer gestellt werden können. Letztlich kann der Unternehmer nur ausgehend von den Signalen handeln, die sich ihm bieten. Gibt der liefernde Unternehmer in der Rechnung seine ausländische USt-IdNr. an, weist er zudem keine ausländische Umsatzsteuer aus und verweist er auf die Steuerbefreiung für die i. g. Lieferung des anderen Mitgliedstaates, kann der Unternehmer grundsätzlich davon ausgehen, dass die Voraussetzungen nach § 1a Abs. 1 Nr. 3 UStG erfüllt sind und daher auf seiner Seite ein steuerbarer und regelmäßig steuerpflichtiger i. g. Erwerb vorliegt (vgl. BT-Drucks. 12/2463 vom 27.04.1992, 24). Allerdings muss auch bei einem i. g. Erwerb ebenso wie bei einer i. g. Lieferung berücksichtigt werden, dass hier für den Unternehmer ein gewisses Risiko besteht. Er selbst verwirklicht den Tatbestand des i. g. Erwerbs, es geht somit um seine ureigenen steuerlichen Belange. Unterlässt er die Besteuerung eines i. g. Erwerbs, obgleich ein solcher nach den objektiven Gegebenheiten vorliegt, hat er Steuern nicht abgeführt, insoweit gegen seine eigenen steuerlichen Verpflichtungen verstoßen und sieht sich im Zweifel mit dem entsprechenden Vorwurf konfrontiert. In einer solchen Situation stellt sich die Frage nach einem Vertrauensschutztatbestand. § 1a UStG beinhaltet keine ausdrückliche Vertrauensschutzregelung vergleichbar § 6a Abs. 4 UStG. Dennoch ist es denkbar, dass auch im Bereich des § 1a UStG nach dem übergeordneten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein solcher besteht. Nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH dürfte es dann aber wohl auf die Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ankommen und insofern auch auf die Frage, welche Prüfungsschritte noch als angemessene Anforderung zu betrachten sind.
Rz. 38
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Eine weitere Anforderung an den liefernden Unternehmer stellt § 1a Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b UStG. Der liefernde Unternehmer darf nicht nach dem Recht des Mitgliedstaates, der für seine Besteuerung zuständig ist, als Kleinunternehmer steuerfrei sein. Gegenüber der Regelung in § 1a Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a UStG ist für den Anwendungsbereich des § 1a Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b UStG im Gesetz festgelegt, dass bei der Prüfung der Kleinunternehmereigenschaft auf das Recht desjenigen Staates abzuheben ist, welcher für die Besteuerung des Lieferers zuständig ist. Hierbei ist zu beachten, dass nach dem geltenden Recht die Regelungen sehr unterschiedlich sein können, insbesondere können auch die Kleinunternehmergrenzen voneinander abweichen.