Rz. 30
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Von besonderer praktischer Bedeutung ist die Frage, ob die Vermietung von Fahrzeugstellplätzen eine selbstständige Leistung oder eine unselbstständige Nebenleistung zur Grundstücksvermietung ist.
Ist die Vermietung eines Stellplatzes eine selbstständige Leistung, so ist sie nach § 4 Nr. 12 S. 2 UStG unabhängig von der Dauer der Nutzungsüberlassung zwingend steuerpflichtig (vgl. Rz. 53 ff.).
Ist die Stellplatzvermietung dagegen unselbstständige Nebenleistung, teilt sie umsatzsteuerlich deren Schicksal. Ist die Hauptvermietung steuerfrei, wäre die Stellplatzvermietung als Nebenleistung unabhängig von § 4 Abs. 12 S. 2 UStG ebenfalls steuerfrei. Ist die Hauptvermietung dagegen steuerpflichtig, etwa bei kurzfristigen Beherbergungsumsätzen oder aufgrund zulässiger Option nach § 9 UStG, wäre die unselbstständige Stellplatzvermietung bereits aus diesem Grunde steuerpflichtig.
Seitens der Finanzverwaltung wird sich der Problematik in Abschn. 4.12.2. Abs. 3 UStAE umfassend und mit Beispielen angenommen.
Demnach ist es für die Annahme einer Nebenleistung unschädlich, wenn die steuerfreie Grundstücksvermietung und die Stellplatzvermietung zivilrechtlich in separaten Verträgen vereinbart werden (Abschn. 4.12.2. Abs. 3 S. 5 UStAE) oder die Verträge zu unterschiedlichen Zeiten geschlossen wurden (Abschn. 4.12.2. Abs. 3 S. 7 UStAE).
Maßgeblich für die Annahme einer unselbstständigen Nebenleistung ist vielmehr, dass
die maßgeblichen Verträge von denselben Vertragspartnern geschlossen werden, vgl. Abschn. 4.12.2. Abs. 3 S. 6 i. V. m. Bsp. 1–4 UStAE
und
- zwischen dem Grundstück und dem Stellplatz ein räumlicher Zusammenhang gegeben ist, vgl. Abschn. 4.12.2. Abs. 3 S. 8 und 9 i. V. m. Bsp. 5–7 UStAE. Dies ist der Fall, wenn der Stellplatz Teil eines einheitlichen Gebäudekomplexes ist oder sich in unmittelbarer Nähe des Grundstücks befindet.
Der EuGH hat mit Urteil vom 13.07.1989 (Rs. 173/88, Henriksen, UR 1991, 42) die Annahme einer steuerfreien Vermietung von Fahrzeugstellplätzen, wenn sie mit der steuerfreien Vermietung von Grundstücken, die für einen anderen Gebrauch bestimmt sind, eng verbunden ist, dem Grunde nach bestätigt. Der BFH folgte dem in seiner Entscheidung vom 21.06.2017 (Az: V R 3/17, UR 2018, 27 ff.).
Auch in seiner Entscheidung vom 10.12.2020 (Az: V R 41/19, BFH/NV 2021, 949) bestätigte der BFH die bisherige Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung. Vgl. zur Problematik auch Drasdo, NJW-Spezial 2023, 289.