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Stand: 6. A. – ET: 07/2024

Die Nutzungsüberlassung von Sportanlagen an Endverbraucher wird seit dem BFH-Urteil vom 31.05.2001 (Az: V R 97/98, BStBl II 2001, 658; vgl. zuletzt Urteil vom 28.06.2017, Az: XI R 12/15, DStR 2017, 1873) als eine einheitliche Leistung beurteilt, die nicht nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei ist. Auf die Art der Sportanlagen oder die Besonderheiten ihrer Nutzung kommt es nicht mehr an. Die bisherige Aufteilung zwischen steuerfreier Grundstücksüberlassung und steuerpflichtiger Vermietung von Betriebsvorrichtungen (vgl. hierzu kritisch Dziadkowski, UR 2001, 242) wurde aufgegeben. Das BFH-Urteil beruht seinerseits auf der Rechtsprechung des EUGH, wonach die Steuerbefreiungsvorschriften eng auszulegen sind und Dienstleistungen, die mit Sport und Körperertüchtigung zusammenhängen, als Gesamtheit zu würdigen sind (vgl. EuGH 18.01.2001, Rs. C-150/99, Stockholm Lindöpark, UR 2001, 153). In seiner Entscheidung vom 22.01.2015 (Rs. C-55/14, Regis, UR 2015, 347) bestätigte der EuGH diese Rechtsprechung, in dem er die entgeltliche Überlassung eines Fußballstadions an einen Fußballverein, bei der 80 % des Entgelts auf Unterhalt, Reinigung, Wartung und regelgerechte Bereitstellung der Anlage entfielen, als eine komplexe und damit steuerpflichtige Dienstleistung beurteilte.

Die Finanzverwaltung ist der geänderten Rechtsprechung des BFH mit BMF-Schreiben vom 17.04.2003 (Az: IV B 7-S 7100-77/03, BStBl I 2003, 279) sowie in A 4.12.11. Abs. 1 UStAE gefolgt.

Durch Gesetz vom 01.09.2002 (BGBl I 2002, 3441) wurde allerdings eine Übergangsregelung in § 27 Abs. 6 UStG aufgenommen, wonach zunächst bis zum 31.12.2003 an der alten Aufteilung festgehalten werden konnte. Mit Gesetz vom 23.04.2004 (BGBl I 2004, 601) wurde diese Übergangsregelung bis zum 31.12.2004 verlängert.

Mit Urteil vom 21.06.2018 (Az: V R 63/17, HFR 2019, 205) bestätigte der BFH, dass das Betreiben einer Sportanlage im Allgemeinen nicht nur die passive Zurverfügungstellung des Grundstücks umfasst und die entgeltliche Überlassung einer Sporthalle regelmäßig keine bloße Raumüberlassung und deshalb nicht gem. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei ist. Gleichzeitig führte er aber aus, dass besondere Umstände vorliegen könnten, die bei der Überlassung einer Sporthalle ausnahmsweise die Annahme einer bloßen Raumüberlassung rechtfertigen könnten, was aber im Wesentlichen eine tatsächliche Feststellung sei, die vom Finanzgericht anhand der konkreten Umstände des Einzelfall zu treffen sei. Mit Beschluss vom 31.08.2023 (Az: XI B 89/22, MwStR 2024, 21 mit Anm. Pogodda-Grünwald) entschied der BFH, dass die Überlassung einer funktionsfähigen Golfanlage an einen Golfklub nicht nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei ist, da es sich nicht nur um eine reine Grundstücks­überlassung handle. Gerade im Zusammenhang mit der Überlassung von Sportanlagen an Endverbraucher ist zudem zu beachten, dass nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m) MwStSystRL "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigungen stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben" steuerfrei sind. Diese Befreiungsvorschrift wird vom EuGH durchaus großzügig gehandhabt (vgl. EuGH vom 21.02.2013, Rs. C-18/12, Mesto Zamberk, UR 2013, 338 im Zusammenhang mit einem städtischen Aquapark und vom 19.12.2013, Rs. C-495/12, Bridport and West Dorset Golf Club, UR 2014, 192 mit Anm. Widmann). Vor dem Hintergrund der unzureichenden nationalen Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben in § 4 Nr. 22 UStG hat der BFH im Urteil vom 03.04.2008 (Az: V R 74/07, UR 2008, 698; vgl. hierzu auch Walkenhorst, UStB 2008, 247) ein unmittelbares Berufen auf die unionsrechtliche Befreiungsvorschrift bereits explizit bejaht. Wenn also die Nutzungsüberlassung von Sportanlagen an Endverbraucher nicht nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei ist, kann sich möglicherwiese unmittelbar aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. m) MwStSystRL die Steuerfreiheit ergeben, allerdings nur, wenn der Betreiber eine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist.

 

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Im Fall der Nutzungsüberlassung der Sportanlagen an andere Unternehmer als Betreiber zur Überlassung an Dritte (sog. Zwischenvermietung), war die Nutzungsüberlassung nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung in eine steuerfreie Grundstücksüberlassung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen (vgl. Abschn. 4.12.11. Abs. 2 S. 1 UStAE). Sie berief sich insofern auf das BFH-Urteil vom 11.03.2009 (Az: XI R 71/07, BStBl II 2010, 209). In diesem Urteil führte der BFH unter Berufung auf das Urteil des BFH vom 17.12.2008 (Az: XI R 23/08, BStBl II 2010, 208) explizit aus, dass die Umsätze in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen sind. Indes lies der BFH diese Frage in seiner Entscheidung vom 17.12.2008 gerade offen; vielmehr deutete er unter Verweis auf sein Urteil vom 24.01.2008 (Az: V R 12/05, BStBl II 20...

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