Rz. 58
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Unter Beförderung versteht das Umsatzsteuerrecht jede Fortbewegung eines Gegenstandes (§ 3 Abs. 6 S. 2 UStG). Eine Beförderung liegt daher vor, wenn entweder der liefernde Unternehmer oder der Abnehmer oder ein unselbstständiger Erfüllungsgehilfe den Gegenstand der Lieferung befördert (vgl. Abschn. 3.12. Abs. 2 S. 1 UStAE). Eine Versendung (§ 3 Abs. 6 S. 3 UStG) liegt demgegenüber vor, wenn der Gegenstand der Lieferung durch einen selbstständigen Beauftragten befördert oder die Beförderung durch ihn besorgt wird (vgl. Abschn. 3.12. Abs. 3 S. 1 UStAE; vgl. Abschn. 6a.1. Abs. 6 UStAE). Für die i. g. Lieferung spielt es grundsätzlich keine Rolle (vgl. aber Reihengeschäfte – ggf. Auswirkung auf den Ort der Lieferung), wem die Beförderung oder Versendung zugerechnet wird, da im Unterschied zur Ausfuhrlieferung nach § 6 UStG ein unversteuerter Endverbrauch im Gemeinschaftsgebiet bei § 6a UStG nicht durch die Eigenschaft des "ausländischen Abnehmers" (vgl. § 6 Abs. 2 UStG), sondern durch das Teilnahmeerfordernis am i. g. Erwerb (§ 6a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG) verhindert wird.
Rz. 59
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach Auffassung des Sächsischen FG (Urteil vom 24.05.2011, Az: 6 K 2176/09, EFG 2011, 2112, rkr.) gilt in Fällen des gebrochenen Transports (Beteiligung sowohl des Lieferers als auch des Abnehmers am Transport auf jeweils Teilstrecken; vgl. Robisch, UR 2008, 918): "Der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung steht nicht entgegen, dass der Warentransport in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch eine kombinierte Versendungs- und Abhollieferung erfolgt. Auf die Modalitäten des Transports kommt es nicht an." Ähnlich äußerte sich das Hessische FG (Urteil vom 04.05.2021, 1 K 195/14, rkr.): "Eine nur kurzzeitige Lagerung nach dem Beginn der Versendung reicht nicht zur Unterbrechung der Versendung und damit dem Ausschluss der Anwendung von § 3 Abs. 6 S. 1 UStG aus." Nach einer LG-Entscheidung aus 2022 (LG Stuttgart vom 23.03.2022, 27 O 75/21, rkr.) ist ein gebrochener Transport für eine steuerfreie Ausfuhrlieferung unschädlich, wenn der Abnehmer zu Beginn des Transports feststeht und der Transport ohne nennenswerte Unterbrechung erfolgt. Daher sei es in Zwei-Personen-Verhältnissen nicht erforderlich, dass der Lieferer die Transportverantwortung über die Grenze habe. Bei einer Lieferung in einem Drei-Personen-Verhältnis, bei dem der Absender die Transportverantwortung nur bis zur Grenze übernehme, sei jedoch dessen Lieferung im Inland umsatzsteuerpflichtig.
Rz. 60
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit Schreiben vom 07.12.2015 (Az: III C 2 – S 7116-a/13/10001 und III C 3 – S 7134/13/10001, BStBl I 2015, 1014) hat sich das BMF zur gebrochenen Beförderung oder Versendung geäußert und den UStAE entsprechend angepasst. Nach Abschn. 6a.1. Abs. 8 S. 3 und 4 UStAE ist eine gebrochene Beförderung/Versendung demnach unter weiteren Voraussetzungen grundsätzlich unschädlich. Wegen weiterer Einzelheiten vgl. die Kommentierung zu § 6 Rz. 37 ff. Zu rechtsdogmatischen Überlegungen in diesem Zusammenhang vgl. Schwarz in UR 2018, 270 ff.
Rz. 61
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Das FG Berlin-Brandenburg hat bekräftigt, dass bei einem Reihengeschäft der Transport in ein Zwischenlager eines anderen Mitgliedstaats zur (bloßen) Umverpackung und zum anschließenden Weitertransport, verbunden mit einer gebrochenen Lieferung, d. h. der Aufteilung der Transportdurchführung zwischen den Beteiligten, der Annahme einer umsatzsteuerlich einheitlichen Warenbewegung bis zum endgültigen Bestimmungsort nicht entgegensteht. Dies gelte auch dann, wenn die Lieferer keine Kenntnis von der Umverpackung hatten und annahmen, der endgültige Bestimmungsort liege daher in einem anderen Staat. Das FG stellt sich damit gegen das BMF-Schreiben vom 07.12.2015 (vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 17.06.2020, 7 K 7214/17, rkr., MwStR 2020, 985).