2.16.1 Grundsätzliches
Rz. 161
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 25a Abs. 8 UStG räumt dem Wiederverkäufer die Möglichkeit ein, auf die Anwendung der Differenzbesteuerung zu verzichten und stattdessen zur Anwendung der allgemeinen Vorschriften zu optieren. Dies ist für jede einzelne Lieferung eines Gebrauchtgegenstands, von Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten – sofern er sich in den Fällen des § 25a Abs. 2 UStG für die Anwendung der Differenzbesteuerung entschieden hat – möglich (es sei denn, er wendet die Gesamtdifferenzbesteuerung an, vgl. Rz. 67 ff., da dann der Verzicht gem. § 25a Abs. 8 S. 1 UStG ausgeschlossen ist). Dabei ist es unerheblich, an wen die Lieferung ausgeführt werden soll, also ob es sich dabei um eine Privatperson oder aber um einen Unternehmer handelt.
Rz. 162
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Diese Optionsmöglichkeit besteht auch für unentgeltliche Wertabgaben i. S. d. § 3 Abs. 1b UStG (v. a. Entnahmen, unentgeltliche Sachzuwendungen an Arbeitnehmer etc.).
2.16.2 Fallbeispiele
Rz. 163
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Regel- und Differenzbesteuerung unterscheiden sich – grob betrachtet – dadurch, dass die Bemessungsgrundlage bei
- der Regelbesteuerung das Gesamtentgelt,
- der Differenzbesteuerung nur ein Teil des Entgelts
ist.
Rz. 164
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Absolut betrachtet führt die Regelbesteuerung immer zu einem höheren Bruttokaufpreis (Zahlbetrag). Damit ist die Regelbesteuerung nur dann von Vorteil, wenn ein Teil des Kaufpreises dem Kunden, weil dieser Unternehmer ist, über den Vorsteuerabzug vom FA wieder erstattet wird.
Rz. 165
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Sinn ergibt die Option damit nur im Firmenkundengeschäft. Im Privatkundengeschäft sollte – wo immer möglich – differenzbesteuert werden.
Beispiel 1: Verkauf an Firmenkunden im Inland
Autohaus A kauft ein Fahrzeug für 10.000 EUR von Privat an. Das Fahrzeug soll einem Unternehmenskunden mit einem Rohgewinnaufschlag i. H. v. 1.000 EUR verkauft werden und in Deutschland verbleiben.
Lösung:
A müsste den Verkaufspreis (VKP) wie folgt kalkulieren:
Vergleichende Kalkulation: Inlandsgeschäft
|
Differenzbesteuerung |
Regelbesteuerung |
Einkaufspreis |
10.000 EUR |
10.000 EUR |
+ Rohgewinnaufschlag |
1.000 EUR |
1.000 EUR |
= Nettoverkaufspreis |
11.000 EUR |
11.000 EUR |
+ USt: 19 % auf |
|
|
. . .die Marge |
190 EUR |
– |
. . .den Netto-VKP |
– |
2.090 EUR |
= VKP |
11.190 EUR |
13.090 EUR |
Bei Anwendung der Differenzbesteuerung muss der Firmenkunde 11.190 EUR bezahlen und ist mit diesem Betrag mangels Vorsteuerabzugs endgültig belastet. Bei der Regelbesteuerung muss der Firmenkunde zunächst 13.090 EUR bezahlen, bekäme aber 2090 EUR erstattet und wäre endgültig nur mit 11.000 EUR belastet. Bei Anwendung der Regelbesteuerung spart der Firmenkunde damit – im Vergleich zur Differenzbesteuerung – die Umsatzsteuer auf die Marge: 1000 EUR × 19 % = 190 EUR.
HINWEISE
Da der Privatkunde immer mit dem VKP auch endgültig belastet ist, verdeutlicht das Beispiel zugleich, dass hier die Differenzbesteuerung immer die günstigere Alternative ist.
Selbiges gilt für Firmenkunden, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, wie Humanmediziner, Versicherungsvertreter oder Kleinunternehmer.
Für die Anwendung der Differenzbesteuerung darf das Fahrzeug aber nie ein Neufahrzeug sein, § 25b Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a UStG.
Beispiel 2: Verkauf zwischen Händlern im Inland
Wie Beispiel 1. Das Fahrzeug wurde jedoch (zulässigerweise) differenzbesteuert von einem Händler-Kollegen erworben.
Das Autohaus hat das Wahlrecht "Differenz- oder Regelbesteuerung" auch dann, wenn es einen Gebrauchtwagen von einem Händler-Kollegen ankauft, den Letzterer an das Autohaus unter Anwendung der Differenzbesteuerung verkauft.
In diesem Fall sollte dann aber auch der Einkauf optimiert werden (vgl. Beispiel 5)!
Beispiel 3: Verkauf an Firmenkunden innerhalb der EU
Wie Beispiel 1. Der Kunde ist Italiener; die Lieferung erfüllt die Voraussetzungen der §§ 4 Nr. 1 Buchst. b, 6a UStG an eine steuerfreie i. g. Lieferung.
Für differenzbesteuerte Umsätze gelten die üblichen Steuerbefreiungen – mit Ausnahme der Steuerbefreiung für i. g. Lieferungen (§ 25a Abs. 5 Satz 2 UStG, Abschn. 25a.1 Abs. 15 S. 3 f. UStG). A müsste daher den Verkaufspreis (VKP) wie folgt kalkulieren:
Vergleichende Kalkulation: EU-Geschäft
Wieder spart der Firmenkunde bei Anwendung der Regelbesteuerung die Umsatzsteuer auf die Marge – dieses Mal aber nicht wie beim Inlandsgeschäft indirekt über den Umweg des Vorsteuerabzugs, sondern direkt über einen umsatzsteuerfreien Warenbezug.
Auch diesem Fall sollte das Autohaus bei einem Händler-Händler-Geschäft den Einkauf optimieren (vgl. Beispiel 5)
Beispiel 4: Verkauf an Firmenkunden im Nicht-EU-Gebiet
Wie Beispiel 3. Der Kunde ist Russe; die Lieferung erfüllt die Voraussetzungen der §§ 4 Nr. 1 Buchst. a, 6 UStG an eine steuerfreie Ausfuhrlieferung.
Für differenzbesteuerte Umsätze gelten die üblichen Steuerbefreiungen; die einzige Ausnahme bildet das EU-Geschäft (s. o.). A müsste daher den Verkaufspreis (VKP) wie folgt kalkulieren:
Vergleichende Kalkulation: Nicht-EU-Geschäft