Rz. 76
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Veräußerung eines landwirtschaftlichen Betriebs kann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gem. § 1 Abs. 1a UStG sein. Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer (nicht steuerbar). Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wird und der Erwerber die unternehmerische Tätigkeit des Veräußerers tatsächlich fortführt. Der Übertragung wird die entgeltliche oder unentgeltliche Einbringung eines Unternehmens oder eines in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführten Betriebs in eine Gesellschaft gleichgestellt, z. B. i. R. d. Hofübergabe eines Landwirts an seine Kinder (Abschn. 24.1. Abs. 5 UStAE; vgl. die Kommentierung zu § 1 Steuerbare Umsätze, Rz. 153 ff.).
Mögliche Fallgestaltungen zur Abgrenzung:
Geschäftsveräußerung im Ganzen |
Keine Geschäftsveräußerung im Ganzen |
Veräußerung eines gesamten Betriebs bzw. Teilbetriebs |
Verkauf einzelner Wirtschaftsgüter (z. B. bei Betriebsaufgabe) |
Gesellschaftsgründung mit Einbringung eines gesamten Betriebs bzw. Teilbetriebs |
Gesellschaftsgründung mit Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter aus einem bestehenden Betrieb |
Hofübergabe gesamter Betrieb (Nachfolgeregelung) |
Verpachtung eines gesamten Betriebs bzw. Teilbetriebs |
Grundstück mit Ferienhaus (Teilbetrieb) wird entgeltlich oder unentgeltlich auf Erwerber/Übernehmer übertragen |
Übertragung eines verpachteten Betriebs, wenn der Erwerber/Übernehmer die Verpachtung nicht fortführt |
Übertragung Betrieb an Hofübernehmer unter Zurückbehaltung von einzelnen unwesentlichen Wirtschaftsgütern |
Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter (z. B. an weichende Erben) |
Rz. 77
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Eine von der Meinung des FA abweichende Annahme einer GiG kann v. a. für den Veräußerer negative Auswirkungen haben, wenn Grundstücke mit übertragen wurden. Eine Option zur Steuerpflicht ist für Grundstückslieferungen nur im notariellen Kaufvertrag möglich (vgl. die Kommentierung zu § 9). Wird von einer GiG ausgegangen und diese später vom FA versagt, ist eine nachträgliche Option nicht mehr möglich, sodass Grundstücke zwingend steuerfrei übertragen werden, soweit nicht durch präventive Vertragsklauseln für diesen Fall vorgesorgt wurde. Beim Veräußerer kann es zu umfangreichen und teuren Berichtigungspflichten gem. § 15a UStG zu seinen Ungunsten kommen.
In unsicheren Fällen und falls zeitlich vorab noch möglich, kann es auch ratsam sein, beim FA eine verbindliche Auskunft zum Vorliegen einer GiG einzuholen.
Rz. 78
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Wird der Betrieb oder Teilbetrieb an den bisherigen Pächter veräußert, der den Betrieb fortan für sich selbst bewirtschaftet, liegt keine Geschäftsveräußerung i. S. v. § 1 Abs. 1a UStG vor (OFD Karlsruhe vom 25.08.2011, USt-Kartei S 7416 Karte 1 Nr. 3). In Verpachtungsfällen veräußert der Verpächter keine landwirtschaftliche Tätigkeit, sondern ein Verpachtungsunternehmen. Übt der bisherige Pächter nach der Übernahme eine landwirtschaftliche Tätigkeit aus (Eigenbewirtschaftung), führt er somit die unternehmerische Tätigkeit des Verpächters nicht fort; dies wäre nur der Fall, wenn der Erwerber den Betrieb seinerseits wieder verpachten würde.