2.2.1 Allgemeines
Rz. 75
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit dem Jahressteuergesetz 2009 wurden die bislang in § 4 Nr. 16 Buchst. a–c UStG enthaltenen Steuerbefreiungsvorschriften für Krankenhäuser und andere Einrichtungen gleicher Art in § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG unter Übernahme der Terminologie des Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL, wonach Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen von der Steuer zu befreien sind, aufgenommen. Zur Klarstellung werden in Anlehnung an die im SGB definierten Leistungen auch diejenigen der Geburtshilfe, Diagnostik, Vorsorge, Befunderhebung, Rehabilitation, Hospizleistungen und nichtärztliche Dialyseleistungen ausdrücklich erwähnt (vgl. Huschens, NWB 2009, 36).
Rz. 76
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Diese Leistungen – einschließlich der damit eng verbundenen Umsätze – sind steuerfrei, wenn sie nach § 4 Nr. 14 Buchst. b S. 1 UStG von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder den in Satz 2 besonders bezeichneten Privateinrichtungen erbracht werden. Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH umfasst der Begriff "Einrichtungen" auch natürliche Personen sowie Personenvereinigungen (EuGH vom 07.09.1999, Rs. C-216/97, Gregg, UR 1999, 419). Die Steuerbefreiung kann ein Unternehmer aber nur beanspruchen, soweit die von ihm betriebene und in § 4 Nr. 14 Buchst. b S. 2 UStG bezeichnete Einrichtung selbst begünstigte Behandlungen erbringt. Andere Umsätze desselben Unternehmers, die nicht unmittelbar durch die bezeichnete Einrichtung selbst ausgeführt werden, sind von der Steuerbefreiung nicht erfasst (vgl. BFH vom 22.05.2003, Az: V R 94/01, BStBl II 2003, 954).
Rz. 77
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Die in § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG bezeichneten Leistungen sind ohne weitere Voraussetzungen und entsprechend den Vorgaben des Art. 132 Abs. 1 Buchst b MwStSystRL steuerfrei, wenn sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Dies ist der Fall, wenn sie von juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Betrieb gewerblicher Art betrieben werden. Neben Körperschaften des öffentlichen Rechts kommen auch öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften, Ordensgemeinschaften mit öffentlich-rechtlicher Rechtspersönlichkeit, rechtsfähige Stiftungen des öffentlichen Rechts, die Landesversicherungsanstalten und Fürsorgeverbände als Betreiber in Betracht.
Rz. 78
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Die Steuerbefreiung für Einrichtungen privater Träger ist davon abhängig, dass die jeweiligen Einrichtungen bestimmte Voraussetzungen nach dem Sozialrecht bzw. des Strafvollzugsgesetzes erfüllen, auf die § 4 Nr. 14 Buchst. b S. 2 UStG jeweils verweist. Dies führt einerseits zur Vereinfachung; andererseits ist die Vorschrift so aus sich heraus nicht verständlich (vgl. Widmann, DStR 2009, 1061; Staschewski/Drüen, UR 2009, 361).
2.2.2 Begünstigte Einrichtungen des Privatrechts
2.2.2.1 Krankenhäuser
Rz. 79
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Krankenhäuser sind (vgl. Abschn. 4.14.5. Abs. 2 UStAE mit Verweis auf § 107 Abs. 1 SGB V) Einrichtungen, die
- der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen,
- fachlich- medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen,
- über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten,
- mithilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichen, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten,
- und in denen die Patienten untergebracht und verpflegt werden können.
Rz. 80
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Krankenhäuser, die von Einrichtungen des privaten Rechts betrieben werden, unterliegen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. b S. 2 Doppelbuchst. aa UStG, wenn sie nach § 108 SGB V zugelassen sind.
Dies sind somit
- Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind,
- Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser), sowie
- Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.
Rz. 81
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Inwieweit private Krankenhäuser steuerbefreit sind, ist seit Jahren Gegenstand von Auseinandersetzungen. Der BFH hatte zunächst mehrfach entschieden, dass der Ausschluss von Privatkrankenhäusern, die nicht die Voraussetzungen des § 108 SGB V erfüllen, nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist (vgl. BFH vom 23.10.2014, Az: V R 20/14, BStBl II 2016, 785 und BFH vom 18.03.2015, Az: XI R 38/13, BStBl II 2016, 793). Als Folge konnten sich betroffene Krankenhäuser auf die unmittelbare Anwendung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL berufen. Dabei kam es nach Auffassung des BFH auf die Zulassungsfähigkeit nach § 108 SGB V an (vgl. BFH vom 23.01.2019, Az: XI R 15/16, MwStR 2019, 498 mit Anm. Huschens).
Rz. 82
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Finanzverwaltung reagierte zunächst mit BMF-Schreiben...