Rz. 47
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Nach § 14c Abs. 2 S. 1 UStG schuldet derjenige, der in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, den ausgewiesenen Betrag. Gleiches gilt nach § 14c Abs. 2 S. 2 UStG, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er kein Unternehmer ist oder eine Leistung nicht ausführt. Durch die Gleichstellung der Rechnung und der Gutschrift (vgl. § 14 Abs. 2 S. 2 und 3 UStG) greift die Vorschrift auch in Fällen der unwidersprochenen Gutschrift (vgl. FG München vom 28.06.2016, Az: 2 K 3248/13, EFG 2016, 1484). Zu beachten ist jedoch, dass eine Gutschrift über die Leistung eines Nichtunternehmers einer Rechnung nicht gleichsteht und somit keine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG begründen kann (vgl. BFH vom 27.11.2019, Az: V R 23/19, BStBl II 2021, 542).Die Rechtsfolgen treten nach Verwaltungsauffassung auch dann ein, wenn die ausgestellte Rechnung nicht sämtliche in §§ 14 Abs. 4 und 14a UStG genannten Angaben enthält, die abstrakte Gefahr einer Vorsteuerinanspruchnahme ist ausreichend (vgl. BFH vom 17.02.2011, Az: V R 39/09, BStBl II 2011, 734 und vom 14.02.2019, Az: V R 68/17, BStBl II 2020, 65; Abschn. 14c.2. Abs. 1 S. 3 UStAE). Unverzichtbar ist jedoch die Angabe des Rechnungsausstellers und des Entgelts als Grundlage der gesondert ausgewiesenen Steuer (vgl. BFH vom 27.07.2000, Az: V R 55/99, BStBl II 2001, 426). Mit Urteil vom 23.07.2009 hat das Thüringer FG (Az: 2 K 184/07, EFG 2009, 1684 [Rev. V R 39/09, vgl. nachstehend]) entschieden, dass der Rechnungsbegriff des § 14c Abs. 2 UStG mangels eigenständiger Definition in § 14c UStG demjenigen des § 14 UStG entspricht. Um die Rechtsfolgen des § 14c Abs. 2 UStG auszulösen, muss eine Rechnung sämtliche in § 14 Abs. 4 UStG genannten Merkmale enthalten, da sie ansonsten nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt und daher auch nicht in der Lage ist, das Steueraufkommen zu gefährden (a. A. Niedersächsisches FG vom 30.07.2010, Az: 16 K 55/10, EFG 2010, 2127, nicht rkr. – Gefährdungstatbestand tritt unabhängig von der Vollständigkeit der Rechnungsangaben ein; auch "unvollständige" Rechnungen lösen die Rechtsfolgen des § 14c Abs. 2 UStG aus; das Recht auf Vorsteuerabzug und die Gefährdungstatbestände des § 14c UStG unterliegen unterschiedlichen Anforderungen und rechtfertigen unterschiedliche Begriffsbestimmungen des Rechnungsbegriffs; für den Fall einer Rechnung über einen nicht ausgeführten Umsatz kommt es auf den Rechnungsbegriff ohnehin nicht an, da § 14c Abs. 2 S. 2 UStG lediglich auf die Rechtsfolgen des § 14c Abs. 2 S. 1 UStG verweist, ohne auf den Rechnungsbegriff abzuheben). Mit Urteil vom 17.02.2011 (Az: V R 39/09, BStBl II 2011, 734) stellt der BFH fest: "1. Ein unberechtigter Steuerausweis i. S. d. § 14c Abs. 2 UStG setzt nicht voraus, dass die Rechnung alle in § 14 Abs. 4 UStG aufgezählten Pflichtangaben aufweist. 2. Die an den Rechnungsbegriff des § 15 Abs. 1 UStG und den des § 14c UStG zu stellenden Anforderungen sind nicht identisch." Änderung der Rechtsprechung: Für die Anwendung des § 14c Abs. 2 UStG reicht ein Dokument aus, das abstrakt die Gefahr begründet, dass der Empfänger daraus unberechtigt Vorsteuern beansprucht. Dies ist bereits gegeben, wenn das Dokument den Rechnungsaussteller, den vermeintlichen Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung, sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene USt ausweist (weiterführend vgl. Frye, UR 2011, 1 ff.; Zaumseil, UStB 2011, 256 ff.; Eckert, BBK 2011, 1103 ff.; von Harenne, UR 2015, 169 ff.; Bezug nehmend im Hinblick auf § 14 Abs. 3 UStG a. F. vgl. FG Baden-Württemberg vom 25.01.2013, Az: 9 K 1138/11, EFG 2013, 815). Zur Leistungsbeschreibung vgl. BFH vom 19.11.2014 (Az: V R 29/14, BFH/NV 2015, 706). Diese kann sich auch aus Unterlagen ergeben, auf die in der Rechnung verwiesen wird, die der Rechnung aber nicht beigefügt sein müssen. Offen geblieben ist letztlich, ob die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung denen einer Rechnung i. S. d. § 15 Abs. 1 UStG entsprechen.
Rz. 47a
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Mit Schreiben des BMF vom 11.01.2021, Az: III C 2 – S 7283/19/10001 :001, BStBl I 2021, 120 und vom 20.12.2022, Az: III C 3-S 7015/22/10001 :001, BStBl I 2022, 1694 hat die Finanzverwaltung auf die BFH-Rechtsprechung reagiert und sich wie folgt positioniert (vgl. Abschn. 14c.2. Abs. 1 S. 4–8 UStAE): "Die Anforderungen an einen unberechtigten Steuerausweis erfüllt eine Rechnung vielmehr schon dann, wenn sie den Rechnungsaussteller, den (vermeintlichen) Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer enthält. Als Angabe zum Entgelt genügt es bereits, wenn durch die Angabe des Bruttorechnungsbetrags und des gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrags das Entgelt ohne Weiteres errechnet werden kann. Die Umsatzsteuer ist bereits dann gesondert ausgewiesen, wenn die Steuer als Geldbetrag genann...