Fabian Hammler, Nicole Stumm
2.2.2.1 Ort des Einfuhrfernverkaufs mit Einfuhr im Nicht-Bestimmungsmitgliedstaat
Rz. 27
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Als Ort der Lieferung eines Einfuhrfernverkaufs mit Einfuhr im Nicht-Bestimmungsmitgliedstaat gilt der Ort, an dem sich der Gegenstand bei Beendigung der Beförderung oder Versendung an den Erwerber befindet (§ 3c Abs. 2 S. 1 UStG).
2.2.2.2 Voraussetzungen im Einzelnen
Rz. 28
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Ein Einfuhrfernverkauf i. S. d. § 3c Abs. 2 UStG erfordert zunächst die Lieferung eines Gegenstandes durch einen Unternehmer i. S. d. § 2 UStG im Rahmen seines Unternehmens. Die Ansässigkeit des Unternehmers spielt für die Anwendbarkeit des § 3c Abs. 2 UStG keine Rolle. So können auch im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer einen Einfuhrfernverkauf ausführen, z. B. wenn sie im Drittland ein Warenlager unterhalten und von dort Waren an entsprechend qualifizierende Erwerber (vgl. Rz. 15 f.) im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet liefern, die Einfuhr aber in einem anderen Staat als dem Bestimmungsmitgliedstaat erfolgt.
Die Lieferschwelle des § 3c Abs. 4 UStG findet auf § 3c Abs. 2 UStG keine Anwendung.
2.2.2.2.1 Transport aus dem Drittlandsgebiet ins Inland oder übrige Gemeinschaftsgebiet
Rz. 29
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Ware muss i. R. d. Lieferung aus dem Drittlandsgebiet ins Inland oder das übrige Gemeinschaftsgebiet transportiert werden. Wie auch bei § 3c Abs. 1 UStG sind deshalb nur bewegte, nicht aber ruhende Lieferungen erfasst (vgl. Rz. 9 ff.).
2.2.2.2.2 Versendung oder Beförderung durch den Lieferer
Rz. 30
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Darüber hinaus muss der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet an einen Erwerber im Gemeinschaftsgebiet versendet oder befördert werden (vgl. Rz. 9 ff.). Über den Verweis in § 3c Abs. 2 S. 2 UStG auf § 3 Abs. 3a S. 4 UStG genügt es wie beim i. g. Fernverkauf, wenn der Lieferer an der Beförderung oder Versendung der Ware indirekt beteiligt ist (vgl. nähere Erläuterungen hierzu in Rz. 12).
2.2.2.2.3 Empfängerkreis
Rz. 31
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Hinsichtlich des Empfängerkreises verweist § 3c Abs. 2 S. 2 UStG auf § 3 Abs. 3a S. 5 UStG, der dem Wortlaut nach mit § 3c Abs. 1 S. 3 UStG identisch ist. Zu den Einzelheiten des Empfängerkreises sei deshalb auf die Kommentierung in Rz. 15 ff. verwiesen.
2.2.2.2.4 Einfuhr im Nicht-Bestimmungsmitgliedstaat
Rz. 32
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
Die Einfuhr der Ware darf nicht im Bestimmungsmitgliedstaat, sondern muss in einem davon abweichenden EU-Mitgliedstaat erfolgen.
Einfuhr im Nicht-Bestimmungsmitgliedstaat
Der norwegische Unternehmer N verkauft Waren an deutsche und französische Privatkunden über einen eigenen Webshop. Die Waren lagern bei Eingang der Bestellung in einem norwegischen Lager. Der Wert der für die einzelnen Kunden zum Versand vorbereiteten Warensendungen beträgt a) nicht mehr als 150 EUR, b) mehr als 150 EUR. N meldet die Einfuhr der Waren in den Niederlanden an und lässt sie direkt zu den Kunden in Deutschland bzw. Frankreich transportieren.
Lösung:
N führt die für die deutschen/französischen Kunden bestimmten Waren aus dem Drittlandsgebiet (Norwegen) in den Niederlanden, einem vom Bestimmungsmitgliedstaat (Deutschland bzw. Frankreich) abweichenden EU-Bestimmungsmitgliedstaat, ein. Der Ort der Lieferungen ist gem. § 3c Abs. 2 UStG in Deutschland bzw. Frankreich. N kann für die Warensendungen bis 150 EUR das IOSS-Verfahren gem. § 18k UStG nutzen. Da dieses aber für die Warensendungen in einem Wert von über 150 EUR nicht anwendbar ist und sich N aufgrund dieser Warenlieferungen in Deutschland und Frankreich umsatzsteuerlich für das allgemeine Besteuerungsverfahren registrieren lassen muss, dürfte die (zusätzliche) Registrierung im IOSS-Verfahren im vorliegenden und vergleichbaren Fällen ein theoretischer Anwendungsfall bleiben.
Zu beachten ist allerdings, dass N die Einfuhr der Warensendungen im Wert von bis zu 150 EUR in einem vom Bestimmungsmitgliedstaat abweichenden EU-Mitgliedstaat zollrechtlich nur erlaubt ist, wenn er die Lieferungen dieser Waren im IOSS-Verfahren erklärt. Dies liegt an den Regelungen zur zollrechtlichen Wertgrenze für Einfuhren in einem vom Bestimmungsmitgliedstaat abweichenden EU-Mitgliedstaat (vgl. nachfolgend Rz. 33).
2.2.2.2.5 Zollrechtliche Wertgrenze
Rz. 33
Stand: 6. A. – ET: 07/2024
§ 3c Abs. 2 UStG enthält keine Wertgrenze für die eingeführten Waren, ist also ohne Rücksicht auf den Sendungswert anwendbar. Mittelbar ergibt sich diese jedoch aus einer Änderung des Zollrechts zum 01.07.2021. Nach Art. 221 Abs. 4 UZK-IA sind kommerzielle Sendungen bis 150 EUR grundsätzlich im Bestimmungsland der Waren anzumelden (Kombert/Kratz/Stumm, E-Commerce und Umsatzsteuer, Rn. 36), sodass die Erfüllung des Tatbestandes des § 3c Abs. 2 UStG, der eine Einfuhr der Waren in einem vom Bestimmungsmitgliedstaat abweichenden EU-Mitgliedstaat vorsieht, ohne einen Verstoß gegen zollrechtliche Vorschriften nicht möglich ist. Eine Ausnahme gilt allerdings zollrechtlich, wenn der Lieferer das IOSS-Verfahren nach § 18k UStG nutzt, dessen Anwendbarkeit ebenfalls voraussetzt, dass der Wert der Warensendung 150 EUR nicht überschreitet (vgl. zur umsatzsteuerlichen Sendungswertgrenze von 150 EUR Abschn. 3.18. Abs. 6 und 7 UStAE sowie Rz. 41 ff. und § 18k Rz. 10 ff.).
Im Ergebnis lassen sich unter Berücksi...